Namibia Focus

NamibiaFocus blickt zurück auf das Jahr 2022

Geschrieben von Namibia Focus | Dec 31, 2022 9:51:18 PM

Letzter Tag vor dem Jahreswechsel. Anlass für NamibiaFocus, auf das zuende gehende Jahr 2022 zurückzublicken. Entscheidende Entwicklungen, große Momente...

Endlich wieder normal reisen. Nur bewusster und vielleicht auch länger. Highlights der Natur: Neue Touren in einem jungen Nationalpark, Geparden erobern ein "verlorenes" Habitat zurück. Jubiläen der Geschichte: Ein Stausee wird 50, die Fleischveredelung in Namibia feiert dreimal 75. Premieren der Kultur: Namibias erste Oper, Steinmännchen in Venedig. Zum schmunzelnden Schluss zwei Anekdoten: Ein irrwitziger Plan für das Sossusvlei und eine haltlose Hypothese zur Erklärung der Feenkreise...


An der Wasserstelle nahe der Namib Desert Lodge kündigt ein Schabracken-Schakal das zweitgrößte Raubtier der südwestlichen Namibwüste an.  Screenshot NamibiaCam

Zum letzten Jahreswechsel gab es vor allem in Europa noch strenge Reiserestriktionen. Sie waren Ende November 2021 wegen der damals neu entdeckten Corona-Virusvariante Omikron verhängt worden. Viele, die gerne wieder reisen wollten, linderten ihr Fernweh im Internet. Die Namibia Cam an einer Wasserstelle nahe der Namib Desert Lodge erlebt einen unglaublichen Zustrom an Zuschauern. Raubtier-Besuche sorgen für Spitzen-"Quoten".

Endlich wieder normal reisen

Nach und nach werden die Restriktionen gelockert und schließlich ganz abgeschafft. Im Juni von Deutschland. Im September von Namibia. Zwei Jahre Reisestopp entladen sich in einem Buchungs-Boom.

Fluggesellschaften erhöhen die Zahl ihrer Flüge ins Land der endlosen Horizonte. Allen voran Eurowings Discover, die ab März wieder siebenmal die Woche direkt von Frankfurt nach Windhoek fliegt. Darunter dreimal mit Weiterflug nach VicFalls in Simbabwe, ab November statt VicFalls zum Krüger Nationalpark in Südafrika.

Eine Maschine von Eurowings Discover nach der Landung im August 2021 auf dem ersten Flug nach Namibia.  Foto: Eurowings Discover

Von Juli bis November bietet die Lufthansa-Tochter sogar zehn Direktflüge nach Namibia. Auch in ihrem kommenden Sommerflugplan ist Windhoek wieder ihr Fernreiseziel Nummer 1.

Neustart des Reisebetriebs birgt Herausforderungen

Doch noch im Juni steckt die Corona-Krise der Reisebranche Namibias spürbar in den Knochen. Das zeigt eine Diskussionsrunde des Forums Deutschsprachiger Namibier in Windhoek. Der Neustart des Reisebetriebs stellt die Branche vor Herausforderungen.

Hauptproblem, wie überall auf der Welt: Es gibt zuwenig Mietwagen. Gondwana Collection Namibia hat das kommen sehen. Im Juni startet ihre Mietwagen-Tochter Namibia2Go einen fahrplanmäßigen Transfer-Service zwischen Windhoek und den Hauptattraktionen Namibias wie Etosha, Swakopmund und Sossusvlei.

Von Attraktion zu Attraktion per Bus-Transfer.  Foto: Namibia2Go

Der Reisebetrieb erholt sich und erreicht bis zum Ausklingen der Hauptsaison Ende November 70 Prozent des Niveaus im Vor-Corona-Jahr 2019.

Neue Trends: Nachhaltigkeit und Langzeit-Aufenthalt

Dabei zeigt sich: Das Bewusstsein vieler Reisender hat sich geändert. Das Thema Nachhaltigkeit rückt spürbar mehr in den Vordergrund. Nicht nur, was die Umwelt angeht. Auch für Einkommen und Zukunftsperspektiven der Namibier möchten viele mit und während ihrem Urlaub einen Beitrag leisten. Im März stellt Namibia2Go den ersten Mietwagen in Namibia mit hybridem Antrieb vor. Im Juli verschreiben sich alle Unterkünfte der Gondwana Collection dem neu eingeführten Umweltsiegel der UNESCO.

Bereits lange vor dem Start der UNESCO-Initiative nachhaltig geführt: Das Canyon Village (hinten) mit seiner Solaranlage.  Foto: Gondwana Collection Namibia

Ein weiterer Impuls geht von Namibia aus. Im Oktober stellen die Behörden ein neues Sechs-Monats-Visum vor. Im Dezember macht es in Deutschland Schlagzeilen. Eigentlich für "digitale Nomaden" mit Büro im Laptop gedacht, eignet es sich auch ideal für Langzeit-Urlauber.

NamibiaFocus rät übrigens schon im August dazu, den Sommerurlaub in den Winter zu verlegen. Heizkosten sparen. Von günstigen Nebensaison-Preisen profitieren. Mit dem Gesparten den Urlaub verlängern.

Highlights der Natur

Im Spotlight steht dieses Jahr ohne Zweifel die Natur der Küste. Im Februar werden neue Touren in den Tsau ǁKhaeb Nationalpark im Südwesten Namibias vorgestellt. Das ehemalige Diamanten-Sperrgebiet ist erst wenige Jahre zuvor zum Nationalpark proklamiert worden. Im Mai geht es per Reportage in den Skelettküsten-Park und per Zeitreise zur Robbenkolonie am Kreuzkap.

Der längste Tag des Jahres (auf der nördlichen Hemisphäre), der 21. Juni, ist auch bei NamibiaFocus der Tag der Giraffe. Ein ausführlicher Beitrag mahnt zum Erhalt der "gentle giants".

Giraffe im Etosha Nationalpark im Norden Namibias.  Foto: Gondwana

Im September hilft Namibia, den Gepard in Indien wieder anzusiedeln. 70 Jahre, nachdem er dort für ausgestorben erklärt wurde. Die acht Tiere haben sich dort mittlerweile gut eingelebt und jagen erfolgreich dort heimisches Wild. Im Oktober feiert Namibia den Manketti-Baum als Baum des Jahres.

Mehr Respekt vor der Natur...

... sollte mancher Selbstfahrer in Etosha haben. Immer wieder teilen Tourguides und andere Park-Besucher auf sozialen Medien Fotos von Leichtsinnigen, die sich aus dem Fenster lehnen, aussteigen oder gar aufs Dach ihres Wagens klettern. Auch wenn Elefanten, Nashörner oder Löwen keine 20 m weit entfernt sind.

... fordern Schilder, die im Dezember beim Sossusvlei in der Dünen-Namib aufgestellt worden sind. Sie bitten Besucher, nicht auf die abgestorbenen Bäume im Dead Vlei zu klettern.

Einstieg zum Wanderweg durch den Fischfluss Canyon im Süden Namibias.
Foto (2006): Sven-Eric Stender

... ist auch Wanderern anzuraten, die den Fischfluss Canyon auf einer rund 80 km langen Route erkunden. Erweist sich die Meldung von vier Vermissten im Mai noch als falscher Alarm, so stirbt im September ein Wanderer kurz vor dem Ziel, dem Rastlager ǀAi-ǀAis.

Jubiläen der Geschichte, Premieren der Kultur

Im August feiert der Küstenort Swakopmund sein 130-jähriges Bestehen. Einen Monat später, allerdings ohne offizielle Feier, wird der Naute-Stausee bei Keetmanshoop im Süden Namibias 50 Jahre alt. Für die Fleischveredelung in Namibia markiert das Jahr 2022 ein dreifaches rundes Jubiläum. Das Unternehmen Hartlief und seine beiden langjährigen Eigentümer, Wolfgang und Renate Raith, sind oder werden 75 Jahre alt.

Namibische Geschichte will nicht immer gefeiert, sondern oft auch nur verarbeitet werden. Dazu regt das Buch "Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte" an, das im Februar in Windhoek vorgestellt wurde. Museen gelten als Orte, die sich einer Verarbeitung von Geschichte verschrieben haben. Dorthin wird im November die Statue des Schutztruppen-Kommandeurs Curt von Francois geschafft, nachdem der Stadtrat das beschlossen hat. Von Francois gilt wegen des Massakers an Witbooi-Oorlam (Nama) bei Hornkranz als umstrittene historische Persönlichkeit.

Morgendliches Erwachen im Dorf von Hijangua, dem jüngeren Sohn des Chiefs Hangane.
Foto: Sven-Eric Stender

Einen historischen Moment, an dem Geschichte geschrieben und verarbeitet wird, erleben die Besucher des Nationaltheaters Anfang September. Sie würdigen "Chief Hijangua", Namibias erste Oper, mit stehendem Applaus. Die rätselhaften Skulpturen aus Steinen und starkem Draht im Nordwesten Namibias tauchen in Venedig auf: Einige der "Stein-Männchen" sind von April bis November auf der 59. Biennale zu sehen.

Irrwitziger Plan, haltlose Hypothese

Besucher des Sossusvlei fahren mit einem Shuttle-Zug auf Zementsäulen die letzten fünf Kilometer in die berühmte Lehmpfanne. Dieses Vorhaben sorgt im April für einen Aufschrei in der Reisebranche. Im Dezember schließlich die offizielle Rücknahme. Erst durch Mitteilung der Firma, die das Prüfverfahren zur Umweltverträglichkeit durchführt. Dann durch Tourismusminister Pohamba Shifeta, der sich einem Gerichtsurteil beugt und die entsprechende Konzession für den Transport von Personen ins Sossusvlei annulliert.

Eine der vielen nachhaltigen Wüstenfarmen von Termiten in der Graslandschaft des Gondwana Namib Parks südlich von Solitaire am Ostrand der Namib-Wüste.  Foto: Sven-Eric Stender

Das Rätsel der Feenkreise ist endlich und endgültig gelöst. Nicht Termiten, sondern Gräser erzeugen die kahlen Kreise in der Graslandschaft am Ostrand der Namib. Das behauptet eine Studie, die im Oktober erscheint. Hauptargument von Hauptautor Stephan Getzin: Er habe weder Termiten noch Spuren ihrer Aktivität gefunden.

Im Dezember erscheint ein Buch zu den Feenkreisen. Vom Vertreter der Termiten-Theorie, Norbert Jürgens. Der auf 376 Seiten erklärt und nachweist, dass Termiten die kahlen Kreise erschaffen und erhalten. Er gibt auch Tipps, wie man die unscheinbaren Tierchen aufspüren kann. Für manchen kommen die Tipps allerdings wohl zu spät...

Und damit wünscht NamibiaFocus allen Namibia-Fans ein frohes, gesundes und vor allem reisefreundliches Jahr 2023!

 

Autor dieses Beitrags ist Sven-Eric Stender. Er stammt aus Hamburg und arbeitet seit 1986 als Journalist. Seit 1998 lebt er in Windhoek und hat sich auf die Themen Reise, Natur, Menschen und Geschichte Namibias spezialisiert. Für Fragen oder Anregungen ist er zu erreichen unter editorial@namibiafocus.com