Die Oper "Chief Hijangua" des namibischen Komponisten Eslon Vakomboka Hindundu ist mit großem Erfolg in Windhoek aufgeführt worden. "Beide Abende waren ausverkauft", sagt Projektmanagerin Anja Panitz. "Am meisten freuen wir uns darüber, dass das Publikum sehr gemischt war, was Volksgruppen und Alter betrifft."
Die Kommentare der Besucher:innen in der Pause und nach der Vorstellung waren positiv bis begeistert. Bedenken, die europäische Kunstform der Oper spreche das afrikanischstämmige Publikum nicht an, erwiesen sich als unbegründet.
Mit "Chief Hijangua" haben Komponist Eslon Hindundu und Librettist Nikolaus Frei eine Geschichte vertont und vertextet, die auf namibischen Narrativen beruht (siehe auch die offizielle Website Opera-namibia.com).
Es geht um den jüngeren Sohn eines Herero-Chiefs, der in seiner Gemeinschaft für sich keine Zukunft sieht. Er verlässt das Dorf, durchquert die Wüste und gerät an der Küste in einen Ort deutscher Siedler:innen.
Von Kirche und Armee der Deutschen manipuliert, kehrt er nach einiger Zeit in sein Dorf zurück. Um sich zu nehmen, was ihm seiner Meinung nach zusteht. Mit tragischen Konsequenzen für sich und seine Gemeinschaft.
Verarbeitung der Vergangenheit ohne Schuldzuweisung
Damit ist "Chief Hijangua" auch eine Allegorie des deutschen Kolonialismus in Namibia. Ein Beitrag zur gemeinsamen Verarbeitung der spaltenden Vergangenheit, wohltuend ohne Schuldzuweisung.
Hindundu lässt in seine Komposition afrikanische Melodien und Rhythmen einfließen. Ungewöhnlich für eine Oper ist auch die Hochzeits-Szene im Dorf, bei der sich einige der Orchester-Musiker:innen (des Namibian National Symphony Orchestra) erheben und am Platz mittanzen.
Die Solist:innen stammen aus Namibia, Südafrika und Deutschland. Wie Musik und Schauspiel die Grenzen von Kulturen und Nationen spielend überwinden, zeigt sich auch in der Besetzung der beiden Sopran-Rollen. Bewusst entgegen der Erwartung: Henrike Henoch als junge Herero-Frau Matijua, Natasha Ndjiharine als Missionars-Tochter Marie. Beide haben sich dafür in der jeweils fremden Sprache geübt.
Denn gesungen wird in Otjiherero und Deutsch. Damit jede:r Opern-Besucher:in die Texte versteht, werden sie ins Englische übertragen und auf eine Fläche oberhalb der Bühne projiziert. Auch dieser Beitrag zur Völkerverständigung kam beim Publikum gut an.
Mehr Informationen und einen Eindruck für Auge und Ohr von der Generalprobe vermittelt diese Webseite mit Video des Sponsoren Siemens Art Program.
Aufführung in München noch nicht gesichert
Einziger Wehrmutstropfen: Trotz der beiden ausverkauften Abende und großzügiger Unterstützung von Sponsoren wie Siemens, Bank Windhoek, dem privaten Radiosender Energy100 FM, dem Auswärtigen Amt und der Deutschen Botschaft in Windhoek bleibt wohl ein Verlust.
Komponist und Dirigent Hindundu, Librettist Frei, Regisseurin Kim Mira Meyer und Projektmanagerin Panitz haben bereits im Vorwege auf Gage oder Honorar verzichtet, um den Traum von der ersten namibischen Oper zu verwirklichen. Ob "Chief Hijangua" wie geplant im September kommenden Jahres in München aufgeführt wird, hängt erneut von Sponsor:innen ab.
Autor dieses Beitrags ist Sven-Eric Stender. Er stammt aus Hamburg und arbeitet seit 1986 als Journalist. Seit 1998 lebt er in Windhoek und hat sich auf die Themen Reise, Natur, Menschen und Geschichte Namibias spezialisiert. Für Fragen oder Anregungen ist er zu erreichen unter editorial@namibiafocus.com.
SUBMIT YOUR COMMENT