Als Gondwana Collection Namibia Ende der 90er Jahre erstmals Grund und Boden in der Umgebung des Fischfluss Canyons kaufte, war das Gebiet nach einer schweren Dürre knochentrocken. Es war nicht die erste große Trockenheit, die das Land hier durchmachte; auch in den 70er Jahren hatte eine brutale Dürre das Land verwüstet und den Lebensmut der Menschen auf eine harte Probe gestellt. Ich kam zufällig an der Farm Altdoring vorbei, eine der letzten Farmen in der Gegend, wo die Familie Fourie trotz aller Widrigkeiten durchgehalten hatte und noch farmte. Ein Ort, der – ungeachtet aller Entbehrungen – einen festen Platz in ihren Herzen hatte, denn die Farm war ihr Zuhause.
Die Fouries trafen in den 50er Jahren in einer kleinen Eselskarre auf ihrer Farm ein und lebten zunächst in einem Unterschlupf zwischen den Felsen. Als ihre Karakul-Herde groß genug war und sie sich damit einen Lebensunterhalt verdienen konnten, bauten sie sich ein Haus. Drei oder vier Mal im Jahr fuhren sie in die Stadt, um Einkäufe zu tätigen und Karakul-Felle zu verkaufen. Sie waren größtenteils Selbstversorger. Johanna machte ihre eigene „Boerseep“ (Seife) aus Karakulfett, backte ihr eigenes Brot und stellte eigene „konfyt“ (Marmelade) her. Gelegentlich gingen sie auf Jagd. Wenn die Dürre besonders schlimm war, zogen sie in andere Gebiete und wohnten auf Dauer in Zelten. Es war ein einfaches, aber ausgefülltes und glückliches Leben. Sie liebten ihr Land und hätten es gegen nichts auf der Welt eingetauscht.
Als ich sie besuchte, hatte das Ehepaar Fourie mit ihren sonnengegerbten Gesichtern und dem breiten Lächeln die Farm bereits ihren Kindern vererbt und lebten nicht mehr dort. In der einfachen Scheune blätterten wir in den alten, abgenutzten Fotos und erinnerten uns an ihr Leben auf Altdoring („Altdorn“). Später erhielt ich aus einem Artikel von August Sycholt, der 1973 in der Zeitschrift Ster erschien, weitere Einzelheiten. Zu diesem Zeitpunkt hatten Christiaan und Johanna Fourie seit neun Jahren keine Nachbarn mehr. Sie lebten von der Karakulzucht und ihren Ziegen. Manchmal war das Weideland so knapp, dass den Tieren nur Staub zu fressen blieb. Obwohl Christiaan auf dem 15.000 Hektar großen Grundstück über 60 Bohrlöcher geschlagen hatte, gaben nur wenige Wasser. Die extreme Hitze, die sich im Fischfluss Canyon staut und die Wolken nach Osten und Westen wegbläst, ließ wenig Hoffnung auf Niederschläge.
Die Farm lag nicht weit entfernt vom Grab des Thilo von Trotha (Neffe des berüchtigten Lothar von Trotha) im südlichen Teil des Fischfluss Canyons. Thilo wurde dort 1905 bei einem Scharmützel zwischen deutschen Schutztrupplern und Nama-Gruppen getötet, während er Friedensgespräche mit Nama-Chief Cornelius Frederiks führte. Christiaan Fourie war einer der wenigen, die wussten, wo sich das Grab befand. Gelegentlich zeigte er es Verwandten von Trothas aus Übersee, wobei er im Laufe der Jahre einige Freundschaften knüpfte.
Die beiden Fourie-Söhne fuhren mich eines Nachmittags auf der Farm herum und unterhielten mich mit Geschichten aus ihrer Kindheit. Sie erzählten mir, wie sie im Schulwohnheim in Karasburg gewohnt hatten und dass ihre Ferien zu Hause mit viel Arbeit auf der Farm verbunden waren. Es wurden nur selten Arbeiter angestellt und die Kinder mussten unter anderem Zäune reparieren und auch bei anderen Tätigkeiten anpacken. Nach Abschluss ihrer Schulausbildung zogen sie in die Stadt und nahmen andere Berufe an. Als die Eltern letzendlich die Farm verließen und eine weitere Dürre das Land am Fischfluss Canyon heimsuchte, entschieden sie sich Ende der 1990er Jahre, die Farm zu verkaufen.
Sie gehörten zu den Farmern, die nach der Dürre und dem Zusammenbruch des Karakul-Marktes um ihr Überleben kämpften. Zu dieser Zeit hatte eine Handvoll Geschäftsmänner die Idee, in der Umgebung des Canyons ein privates Naturschutzgebiet einzurichten. Das Land war nach Jahren der Dürre und der extensiven Schafzucht überweidet und ausgelaugt, es gab kaum noch Wildtiere. Sie erkannten, dass der Tourismus die einzige nachhaltige Möglichkeit sein würde, einen solchen Naturpark zu finanzieren. Hier liegt der Ursprung von Gondwana Collection Namibia, einen Tourismusunternehmen, das in den darauffolgenden 25 Jahren zu einer landesweit agierenden Lodge-Gruppe heranwuchs. Altdoring wurde Teil des 116.000 Hektar großen Gondwana Canyon Parks, eines der größten in Privatbesitz befindlichen Naturschutzgebiete im südlichen Afrika. Das natürliche Gleichgewicht des Gebietes wurde mithilfe wissenschaftlich fundierter Programme wieder hergestellt. Tierarten, die einst in diesem Gebiet gelebt hatten, wurden nach und nach wieder angesiedelt. Die Infrastruktur der ehemaligen Farmen sowie Zäune wurden abgebaut, damit sich die Wildtiere frei bewegen können. Alles, was heute von Altdoring übrig geblieben ist, ist ein altes rostiges Fahrzeug, das am Straßenrand zwischen der Canyon Lodge und Ai-Ais steht. Der Kleinlastwagen, der einst zum Transport von Steinen für Abgrenzungen verwendet wurde, hatte eine Panne und wurde einfach stehengelassen, weil eine Reparatur zu kostspielig war. Malerisch und von Revolverkugeln durchlöchert ist das Autowrack heute zu einer Sehenswürdigkeit geworden, an der Reisende für ein Foto anhalten.
Auch ich stoppe oft hier und laufe zum alten Kleinlaster, meistens bin ich allein. Dann erinnere ich mich an die Fouries und ihre tiefe Liebe zu diesem Land. Rundherum erstrecken sich die flachen Gipfel des Canyon-Plateaus, unterbrochen von schroffem Gebüsch und einem Köcherbaum, der sich aus dem steinigen Boden erhebt. Es ist unheimlich still, bis auf den Ventilator des alten Autos, der sich unaufhörlich im Wind dreht und sich für immer an die Familie Fourie erinnert, die in dieser unwirtlichen Gegend am Rande des zweitgrößten Canyons der Welt ein hartes, aber glückliches Leben führte.
Padlangs: Manni Goldbeck
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