Wenn ich durch Namibia fahre, bin ich immer wieder von Farmnamen fasziniert. Die Bedeutung einiger sind klar, wie „Rustenvrede“ (Ruhe und Frieden) und „Vergenoeg“ (Bis hierhin und nicht weiter), die Erleichterung und Freude der Besitzer ausdrückend, sich endlich niederlassen zu können. Andere Namen wiederum wie „Brakwater“ (Brackwasser) oder „Lekkerwater“ (gutes Wasser) machen deutlich, welche Herausforderung es war, eine zuverlässige Wasserquelle in diesem semi-ariden Land zu finden. Über manchen Namen musste ich jedoch rätseln, wie beispielsweise „Nuremberg“ (Nürnberg) und „Aspro“ in der Nähe von Outjo, bis ich einen alten Zeitungsartikel vom 1. November 2003 im Windhoek Observer fand, von Wim Botha verfasst.
Nachdem ich diesen gelesen hatte, machten die eigenwilligen Farmnamen mehr Sinn – wenn überhaupt Sinn dahintersteckte. Es ging bei der Namensgebung mehr um eine Formalität und eher darum, in der Kürze der Zeit ohne lange sentimentale Überlegung unzähligen Farmen Namen zu geben. Zudem gingen dem Sachverständigen die Ideen aus und seine Fantasie ließ ihn im Stich.
In der Umgebung von Outjo stieß man auf ungewöhnliche Namen aus dem Zweiten Weltkrieg, wie „Jannie“ (Smuts – ein südafrikanischer Staatsmann), Stalingrad oder „Nuremberg“ (in Anlehnung an die Nürnberger Prozesse nach dem Zweiten Weltkrieg). Über die Jahre gewöhnte man sich an die Namen, wie an so vieles im Leben, sie verloren ihren politischen Beigeschmack und wurden zu dem, was sie sind – nur ein Name. Die meisten der Namen wurden im Laufe der Zeit geändert, einige blieben bestehen. Andere Farmen erhielten wieder ihre ursprünglichen Herero- oder Namabezeichnung.
Die Serie außergewöhnlicher Farmnamen in den nördlichen Landesteilen begann, als Imperial Cold Storage, eine der größten Fleischverarbeitungsbetriebe Südafrikas, eine Sendung Qualitätsfleisch aus dem Raum nordöstlich von Outjo erhielt. Das Unternehmen erwarb etwa 100 000 Hektar Farmland in der Gegend. Während des Krieges reduzierte es seinen Besitz und verkaufte einen Teil an den Karakul-Millionär Ernst Luchtenstein. Die 40 000 bis 50 000 Hektar sollten in 34 Farmen unterteilt werden und Professor G.A. Watermeyer, emeritierter Professor der Universität Witwatersrand, wurde mit der Vermessung des Gebiets beauftragt.
Zu dieser Zeit war es eine gesetzliche Auflage, bei Registrierung unbewohnten Landes nicht nur genaue Größenangaben zu machen, sondern auch einen Farmnamen und eine -nummer anzugeben. Vermutlich gingen Watermeyer irgendwann die Ideen für Namen aus – die Arbeit in der sengenden Sonne trug sicher ihren Teil dazu bei. Zudem gab es wenige topographische Unterschiede zwischen den Farmen, die als Namensgeber hätten dienen können. Demnach benannte Watermeyer die Farmen einfach nach seiner derzeitigen körperlichen Verfassung, wie sich bei drei Farmen entlang des Ugab auf amüsante Art mit den Namen „Aspro“, „Okay“ und „Haastig“ (eilig) zeigt. Man erzählt sich – der verstorbene Professor möge mir verzeihen, sollte es sich dabei um eine Legende handeln –, dass Watermeyer auf der Farm „Aspro“ eine Asprotablette (Aspirin) gegen seine Kopfschmerzen einnahm. Am nächsten Tag, als er die benachbarte Farm vermass, fühlte er sich „Okay“ (besser) und am dritten Tag hatte er es eilig (Haastig), seine Arbeit abzuschließen. Die Farmnamen „Aspro“ und „Okay“ gibt es heute noch, „Haastig“ wurde jedoch umbenannt.
Was die Farmnamen in Anlehnung an den Zweiten Weltkrieg betrifft, nun, da gab es anscheinend für die begrenzte Anzahl an Generälen, Regierungschefs und Politikern zu viele Farmen, so dass Watermeyer deren Spitznamen und die Namen ihrer Frauen zur Namensgebung benutzte, wie „Jannie“ und „Oubaas“ (alter Herr) für Jan Smuts und „Issie“ und „Ouma“ (Oma) für dessen Frau.
Im anfangs erwähnten Artikel fragt sich Wim Botha, warum beispielsweise Churchill nicht in die engere Namenswahl kam. Vermutlich steckten persönliche Gründe dahinter.
Padlangs: Manni Goldbeck
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