Unsere bunten Edelsteine sind vor Millionen von Jahren entstanden, als die Erde noch jung war. Bevor sie ihren Platz in einem Lieblingsschmuckstück oder als Sammlerobjekt auf einem Regal finden, haben sie eine lange und faszinierende Reise hinter sich. Ein Tram von Gondwana Collection Namibia hat am letzten Abschnitt der Edelsteinreise teilgenommen und Prospektoren, Bergleute, Edelsteinschleifer, Sammler, Geologen und Händler aufgesucht. Ihre spannenden Geschichten sind so facettenreich wie der am feinsten geschliffene Stein.
Um das Dasein der Kleinbergleute zu dokumentieren und für eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu werben, reisten wir gemeinsam mit der deutschen Entwicklungsgesellschaft GIZ in der sengenden Sommerhitze durch die ausgedörrten Ebenen und die hügelige Landschaft des Hinterlandes. In der Erongo-Region im Westen Zentral-Namibias trafen wir einige der Kleinbergleute. Nur wenig ist über den Kleinbergbau bekannt, den Gruppen von Männern und Frauen in den edelsteinreichen Gegenden betreiben. Alle arbeiten hart und bemühen sich, genügend Edelsteine zutage zu fördern, um sich und ihre Familien zu ernähren.
Schürfen in der Wüste
Nach Schätzungen gibt es in Namibia zwischen fünf- und zehntausend Kleinbergleute. Sie sind in den Regionen Erongo, Kunene und Karas aktiv, wo sie meist fernab von öffentlichen Dienstleistungen, Bildungseinrichtungen und regulärer Wasserversorgung ihr Auskommen suchen. Getrieben von Hoffnungen und Träumen kämpfen sie unter rauen Bedingungen ums Überleben. Manchmal haben sie Glück, finden einen wertvollen Stein und können sich eine Zeitlang ein bisschen was leisten. Ist das Geld aufgebraucht, kehren sie in die Abbaugebiete zurück, um auf der Suche nach Edelsteinschätzen erneut bei der Spitzkoppe im Sand zu graben oder im Erongo in den Felsen zu hämmern. Teilweise ist die Arbeit gefährlich, denn sie führt die Bergleute auch in unterirdische Schächte und Tunnel. Und immer Staub, Sand und Geröll. Der Kleinbergbau ist geprägt von Entschlossenheit, harter Arbeit und zerbrochenen Träumen.
Uralte Erdgeschichte
Die Edelsteinreise begann lange bevor Menschen in dem rauen Land zu schürfen anfingen: vor Jahrmillionen, als brodelndes flüssiges Magma an die Erdoberfläche drängte. Bei der Abkühlung der geschmolzenen Gesteinsmasse kristallisierten die Mineralien. Aufgrund der unterschiedlichen Mineralien, Temperaturen und Bedingungen entstand eine Vielfalt an Edelsteinen in den unterschiedlichsten Farben und Formen. Namibia ist für seinen Reichtum an kostbaren Halbedelsteinen bekannt.
Kleinbergbau wird in Namibia seit mehreren Jahrhunderten betrieben. Nach alten Aufzeichnungen bauten im Norden des Landes schon die San Kupfererz ab. Seither hat sich der Kleinbergbau in einen Wirtschaftszweig entwickelt, der Menschen in abgelegenen Gegenden, in denen es kaum andere Beschäftigungsmöglichkeiten gibt, ein Einkommen verschafft.
Dem Brandberg trotzen…
Unser erstes Ziel war Gobogobos am westlichen Brandberg, wo Bergleute in den Felswänden nach Quarzkristallen, Amethyst, Fluorit und Calcit suchen. Einige von uns kletterten die felsigen Hänge hinauf, vor Anstrengung schnaufend, und wagten sich dann in die kleinen, beängstigend engen Schächte, die die Bergleute in den Berg gehauen haben. Immer wieder folgen sie den Mineraladern durch den Fels, für sie eine tägliche Routine.
Der große Fund
Als nächstes machten wir auf der Farm Neu-Schwaben in der Nähe von Karibib Halt, wo das Land mit tiefen Löchern übersät ist und vor lauter Glimmer funkelt. Dort begegneten wir Bergleuten, die mit Spitzhacken auf Granit schlugen oder mit Presslufthämmern und Schaufeln arbeiteten. Alle suchten nach Turmalin. Einfache provisorische Häuschen liegen in der Gegend verstreut und bieten einen Platz zum Schlafen und Essen – ein Zuhause. Pekakarua Metirapi, „Lucky“ genannt, führte uns über seine Parzelle und erzählte vom Traum der Kleinbergleute, auf einen Einschluss zu stoßen, also auf einen Hohlraum oder eine Geode, mit Kristallen gefüllt. Zweimal hatte er schon Glück, daher sein Spitzname. Mit dem Geld für die Kristalle aus dem ersten Einschluss kaufte er Rinder und heiratete. Drei Jahre später fand er seinen zweiten Einschluss und legte den Erlös für seine sechs Kinder auf die hohe Kante. „Da drinnen liegt mein Traum“, sagte er und zeigte auf den Boden. Er hofft auf den nächsten glücklichen Fund, um sich ein neues Auto zu kaufen.
Hallo Topas!
An der Kleinen Spitzkoppe, nicht weit von der Hauptroute zwischen Swakopmund und Windhoek, besteht die Mehrheit der Kleinbergleute aus Frauen. Sie bleiben zu Hause bei den Kindern, während die Männer nordwärts fahren, um in der Umgebung des Brandbergs die härtere Arbeit zu leisten. An der Spitzkoppe umgeben sandige Ebenen die Granit-Aufschlüsse. Dort graben die Frauen nach Topas. Und genau hier wurde unser Interesse am Topas geweckt. Über die Bergleute entwickelten sich Kontakte zu Händlern, Edelsteinschleifern und Edelsteingeschäften. Einer der Kleinbergarbeiter, Sam Meletsky, fand während unseres Aufenthalts eine Handvoll Topas und Rauchquarz. Er wog den Fund in der Hand, um die schwereren Topasstücke ausfindig zu machen. „Oh, das hier ist ein guter“, sagte er und reichte uns ein unscheinbares kleines Stück Topas.
Der Topas kam in unsere Sammlung bunter Edelsteine, die wir unterwegs zusammengetragen hatten. Grobe Topas-Stücke haben nur geringen Wert und werden in dieser Gegend häufig an Ständen am Straßenrand verkauft und natürlich auf dem Kristallmarkt Ûiba-Ôas an der Abzweigung von der B2 zur Spitzkoppe und weiter nach Henties Bay. Auch Händlern werden sie angeboten und den Edelsteingeschäften in Windhoek, Karibib und Swakopmund. Viele der Steine werden exportiert und im Ausland geschnitten, geschliffen und zu Schmuckstücken verarbeitet.
Der perfekte Schliff
Wir besuchten Desert Gems, das Geschäft von Mike Thygesen in Swakopmund, und erfuhren, dass er es war, der speziell für Silbertopas den Windmühlenschliff entwickelt hat, um die hässlichen Entlein in die Prinzessinnen zu verwandeln, die sie in Wirklichkeit sind. Mike fing an sich für Topas zu interessieren, als er 1984 eine neue Stelle in Usakos antrat und in seiner Freizeit bei der Erkundung der Kleinen Spitzkoppe Topase fand. Später begann er, Edelsteine zu schneiden, und allmählich wurde das Hobby zum Beruf. 1991 übernahm er das Geschäft in Swakopmund.
Die Edelstein- und Schmuckmesse, die 2017 in Windhoek stattfand, sollte die Wertschöpfungskette in dieser Branche darstellen. Mike beschloss, zu seinen Wurzeln als Sammler zurückzukehren und etwas für die Kleinbergleute an der Kleinen Spitzkoppe zu tun: Er rückte den Topas in den Mittelpunkt der Ausstellung. Sein Windmühlenschnitt mit 33 Facetten wurde von den Windmotoren inspiriert, die im semi-ariden Namibia ein allseits bekanntes Symbol sind. Im Gespräch mit uns erzählte Mike von einer Farm bei der Kleinen Spitzkoppe, wo er vor vielen Jahren den Schatten des Windmotors aufgesucht hatte. „Die Zäune waren entfernt worden“, sagte er, „die Gebäude waren weg, aber der Windmotor stand noch da. Als sich die Rotorblätter zu drehen begannen, zeichnete das Wechselspiel von Licht und Schatten immer neue Muster auf den Boden.“ Ein unvergesslicher Eindruck.
Den Windmühlenschnitt entwickelte er Mitte der neunziger Jahre. Anschließend verbrachte er sechs Monate damit, Topase entsprechend zu schneiden. Bis heute ist er bei seinem Design geblieben. Der einzigartige Schnitt verleiht dem Stein einen besonderen Charakter und hat weltweit das Interesse an Topasen erhöht und den Umsatz gesteigert.
Sehr gerne überreichten wir Mike unser Stück Topas und schauten ehrfürchtig zu, wie er und Edelsteinschleifer Elekan Shigweda den Halbedelstein vor unseren Augen in einen echten namibischen „Diamanten“ verwandelten – einen von der erschwinglichen Sorte.
Unser „Wüstendiamant“ war somit für den nächsten und letzten Teil seiner Reise bereit, der ihn zur Ausbildungsstätte für Schmuckherstellung bei der COSDEF-Stiftung (Namibia Community Skills Development Foundation) am Stadtrand führte. Wir übergaben ihn in die fähigen Hände von Jacob Shingenge, einem vielversprechenden Schüler, der ihn in ein Schmuckstück einsetzen und damit seinen Wert abermals steigern wird.
Das kleine Stück Topas, das uns allen ans Herz gewachsen war, hatte seit seinen Anfängen tief in der Erde eine lange Reise hinter sich gebracht: 135 Millionen Jahre hatte sie gedauert, bis der Stein bei der Kleinen Spitzkoppe aus dem Sand gegraben und im Juwelierstudio in Swakopmund mit Facetten versehen wurde.
Die Geschichte eines Topases. Eine Reise von Jahrmillionen, und ein Stein mit einer authentisch namibischen Seele.
Ron Swilling
Die GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) ist beauftragt worden, gemeinsam mit dem Ministerium für Industrialisierung, Handel und KMU-Entwicklung Wachstumsstrategien für die Industrie zu entwickeln, Unterstützung zu leisten, zur Entwicklung zu ermutigen und die Wertschöpfung im Kleinbergbausektor in Namibia zu fördern.
Schauen Sie sich die Videoclips von der faszinierenden Reise zu den Bergarbeitern in Namibia an – in einer neuen Serie auf der Facebook-Seite von Gondwana Collection Namibia.
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