Bei den nächsten Wahlen in Namibia sind elektronische Geräte für die Stimmabgabe weiterhin zulässig, allerdings muss für jeden Wähler ein Papierbeweis vorhanden sein. In einem Urteil des Obersten Gerichtshofes wurde das Fehlen der Papierstreifen beanstandet.
Vier Präsidentschaftskandidaten von Oppositionsparteien und der unabhängige Kandidat Panduleni Itula hatten in dritter Instanz den Obersten Gerichtshof im Januar ersucht, die Präsidentschaftswahlen vom November zu annullieren und Neuwahlen anzuordnen.
Als Gründe wurden genannt, dass die elektronischen Wahlgeräte keinen Papierbeweis ausdruckten, obwohl das Wahlgesetz von 2014 dies vorsieht. Des Weiteren habe die damals zuständige Ministerin nur einen Teil des Paragraphen im Wahlgesetz umgesetzt und den Abschnitt, der Papierbeweise beim Urnengang vorschreibt, nicht.
Am 17. Januar hörten fünf Richter des obersten Gerichtshofes die Plädoyers betreffs der Klage gegen die Präsidentschaftswahlen. Da Namibia kein Verfassungsgericht hat, ist der Oberste Gerichtshof (Supreme Court) für solche Klagen zuständig.
In seinem neunzig Minuten langen Urteilsspruch erklärte Chief Justice Peter Shivute am 5. Februar 2020, dass die Nutzung elektronischer Wahlgeräte ohne Papierausdruck nach der Stimmabgabe bei den Wahlen im November 2019 gesetzes- und verfassungswidrig war, jedoch keine Neuwahlen anberaumt werden müssen. „Somit bleiben die Ende 2014 gewählten Abgeordneten im Amt, ebenso der Staatspräsident und das bis 20. März“, urteilte Shivute. Ab dem 21. März beginnt in Namibia eine neue Legislaturperiode. Das Urteil ermöglicht dem jetzigen Präsidenten Hage Geingob seine zweite Amtszeit anzutreten.
Shivute betonte, dass Gerichte laut Wahlgesetz und der namibischen Verfassung Wahlen nur annullieren und Neuwahlen angeordnet werden können, wenn bewiesene Unregelmäßigkeiten das Wahlergebnis erheblich in Frage stellen. Die Kläger hätten keine schwerwiegenden Beweise vorgelegt.
Die Kläger hatten auch geklagt, dass die Anwendung der elektronischen Wahlgeräte ohne Papierausdruck gegen das Wahlgesetz von 2014 und gegen die Verfassung verstieß. Diese beiden Anklagepunkte ließ Shivute gelten. „Die damals zuständige Ministerin hat zwei Abschnitte von Paragraph 97 des Wahlgesetzes per Ankündigung im Amtsblatt in Kraft treten lassen, die beiden Sub-Paragraphen, dass die elektronischen Wahlgeräte jedem Wähler einen Papierbeweis ausdrucken müssen, wurden nicht umgesetzt, das ist verfassungswidrig“, verkündete Chief Justice Shivute.
Die Anwälte der Kläger hatten in ihren Plädoyers im Januar betont, dass Gesetzesparagraphen komplett umgesetzt werden müssten und nicht nur einzelne Abschnitte.
Der unabhängige Kandidat Panduleni Itula, der im November rund 29 Prozent der Wählerstimmen erhielt – Geingob erhielt knapp 56 Prozent – zeigte sich zufrieden mit dem Urteil. „Die Demokratie hat gewonnen und es wird nie mehr Wahlen ohne Papierbeweis in Namibia geben“, teilte er Journalisten nach dem Urteilsspruch mit.
Brigitte Weidlich
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