Diamanten und Wüste. Schiffswracks an unzugänglicher Küste. Verlassene Häuser, in denen Sand und Wind wohnen. Das ehemalige Diamanten-Sperrgebiet im Südwesten Namibias ist reich an Geschichte und Geschichten.
Aber auch an Wundern der Natur. Trotz rauen Klimas gibt es hier eine unglaubliche Vielfalt an Pflanzen. Braune Hyänen leben in verfallenen Bergbauanlagen. Wilde Pferde ziehen in kleinen Gruppen zur Wasserstelle inmitten karger Ebenen...
Der Fund von Diamanten bei Kolmanskop, 10 km vom Hafenort Lüderitz entfernt, im Jahr 1908 erwies sich als Segen für die Natur. Denn das daraufhin geschaffene rund 100 km breite Sperrgebiet zwischen der Straße Lüderitz - Aus und dem Grenzfluss Gariep (Oranje) gilt heute als eines der letzten kaum berührten Gebiete der Erde. Nur knapp fünf Prozent der Fläche wurden für den Bergbau genutzt. Der Rest diente als Pufferzone, um den Diamantenschmuggel zu unterbinden.
100 Jahre nach seiner Proklamation wurde das 26.000 km² große Sperrgebiet im Jahr 2008 zum Nationalpark umdeklariert. Mittlerweile heißt der Park "Tsau ǁKhaeb", was auf Khoekhoegowab, der Sprache der Nama, soviel bedeutet wie "weicher Sand".
Ein Highlight ist die außergewöhnliche Vielfalt der Flora - bei nur 20 mm Regen, aber immerhin 120 Tagen Nebel im Jahr: Mehr als 1.000 verschiedene Pflanzenarten, mehr als ein Viertel aller Arten Namibias, auf nicht einmal fünf Prozent der Gesamtfläche des Landes (mehr zur artenreichsten Wüste der Welt). Den größten Teil stellen Sukkulenten. Nach gutem Winterregen verwandelt sich die Wüste in ein Blütenmeer (wie im August 2018).
Weitere natürliche Attraktionen sind der "Rote Kamm" (ein Meteoriten-Krater mit 2,5 km Durchmesser) und der "Bogenfels", eine mächtige Felsformation an der rauen Atlantikküste südlich von Lüderitz. An der Mündung des Gariep bei Oranjemund steht ein 500 ha großes Areal unter dem besonderen Schutz der Ramsar Konvention zu Feuchtgebieten von weltweiter Bedeutung - ein Paradies für Vogelfreunde.
Größtes Raubtier an der Küste ist die Braune Hyäne, auch Strandwolf genannt. Ihre Hauptnahrungsquelle sind Robben. In Lüderitz läuft seit 1995 ein einzigartiges Projekt zur Erforschung und zum Schutz des scheuen Tieres. Im Jasper House Heritage Centre in Oranjemund kann man mehr über die Braune Hyäne erfahren.
Die Wilden Pferde der Namib leben im Nordosten des Tsau ǁKhaeb Nationalparks und im angrenzenden Namib Naukluft Park. An der Wasserstelle bei Garub nahe Aus lassen sie sich gut beobachten. Die Wild Horses Foundation, die die Tiere in Kooperation mit dem Umweltministerium schützt, wird von Gondwana unterstützt.
Ein absolutes Muss für Besucher des Parks sind seine geschichtlichen Sehenswürdigkeiten. An erster Stelle natürlich die verlassene Diamantsiedlung Kolmanskop am Rande der B 4 etwa 10 km außerhalb von Lüderitz, die man mit oder ohne Führung erkunden kann.
Auf einer geführten Tagestour zu den ehemaligen Schürforten Elizabeth Bay und Pomona lässt sich der damalige Diamantenrausch in der kargen Landschaft intensiver nachempfinden. Auch ist dies die einzige Möglichkeit, den Bogenfels zu erleben.
Vom einstigen Reichtum durch Diamanten zeugen die renovierten Jugendstilbauten aus der deutschen Kolonialzeit vor mehr als 100 Jahren in Lüderitz. Nur wenige Kilometer entfernt, am so genannten Diaz-Point an der Felsküste, zieht das Steinkreuz des portugiesischen Seefahrers Bartolomeu Dias von 1488 viele Besucher an. Dias war der erste, der die Südspitze Afrikas, das Kap der Guten Hoffnung, umsegelte.
Nicht zu besichtigen sind die Überreste des portugiesischen Segelschiffs Bom Jesus von 1533. Das im Sand begrabene Wrack wurde 2008 nördlich von Oranjemund von der Diamantgesellschaft Namdeb entdeckt und sorgte auch mit dem Fund von Goldmünzen weltweit für Aufsehen.
Spuren unserer Ur-Ur-Ahnen wurden nahe der Mündung des Gariep entdeckt: Rund 800.000 Jahre alte Steinwerkzeuge aus einer Zeit lange vor Erscheinen des Homo sapiens. Auf Felsen nahe Oranjemund haben unsere Ahnen Gravuren hinterlassen. Im Tourist Info Centre der Projektgesellschaft OMD 2030 erfährt man, wo sie zu finden sind.
Mehr Infos zum Tsau ǁKhaeb Nationalpark hier und auf Wikipedia. Wie man den Park erleben kann? Ganz einfach:
Erlebnisangebote, darunter die Wilden Pferde (hier ein Video), und Unterkünfte bei Klein-Aus Vista, Touren mit Aufenthalt am Park und Ausflügen in den Park beim Gondwana Travel Centre.
Autor dieses Beitrags ist Sven-Eric Stender. Er stammt aus Hamburg und lebt seit 1998 in Windhoek. Seit 1986 arbeitet er als Journalist und hat sich auf die Themen Reise, Natur, Menschen und Geschichte Namibias spezialisiert. Für Fragen oder Anregungen ist er zu erreichen unter editorial@namibiafocus.com.
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