Vor kurzem wurde in der Erongo-Region ein neues Projekt vorgestellt. Aus den Nüssen der immergrünen Jojoba-Pflanze wird wertvolles Öl gewonnen: gut für die Kosmetikbranche und Lebensunterhalt für ländliche Einwohner nicht weit vom Omaruru-Fluss. Ende 2019 fand beim Omdel-Damm östlich von Henties Bay mitten in der Wüste das erste Jojoba-Festival statt. Verschiedene Partner aus Deutschland, der Schweiz und Namibia feierten die erste Jojoba-Plantage für Subsistenzfarmer mit über 4.500 gesetzten Pflanzen.
Obwohl Jojoba-Sträucher seit einigen Jahren am Swakopfluss außerhalb von Swakopmund kommerziell angebaut und das kaltgepresste Öl nach Europa für Kosmetikfirmen exportiert wird, wollten die Partner sich auch sozial engagieren. Der Gedanke, Subsistenzfarmer mit einzubeziehen, wurde jetzt Wirklichkeit: Rosa Smit und ihre 11-köpfige Familie lebt seit vielen Jahren auf ihrer kleinen Farm Gubasen in der Nähe des Omaruru-Flusses. Dank der vor kurzem gegründeten ‚Stiftung Jojoba für Namibia‘ und ihren internationalen Geldgebern konnte dort die erste Plantage angelegt werden.
Familie in Erongo erhält Chance durch Jojoba
„Aus einem Stück Wüste wurde durch Rodung, Einzäunung, Anlagen für die Bewässerung und Pflanzung von rund 4.520 Stecklingen eine 4,5 Hektar große Plantage“, erzählt Gero von der Wense. Er ist ein Treuhänder der Jojoba-für-Namibia-Stiftung. „Die Kosten beliefen sich auf N$1,1 Millionen (etwa 68.750 Euros); dank unserer Gönner kam das Geld zusammen“, sagt er. Rosa Smit und ihre Familie erhielten eine Schulung, wie die Plantage gepflegt werden muss. „Jojoba-Pflanzen entwickeln lange Pfahlwurzeln“, erklärt von der Wense.
In knapp vier Jahren können die ersten Nüsse geerntet werden, aus denen das wertvolle Öl gepresst wird. Smit wird sie verkaufen und gute Preise erzielen „Der zertifizierte Betrieb am Swakop von Oliver Rust, Namib Desert Jojoba Oil Producers wird das native Öl pressen, kalt natürlich, und exportieren“, sagt von der Wense.
Auch Farm Wüstenquell macht mit, zu tun gibt es genug; die vielen kleinen Pflänzchen müssen ja gezogen und auch Saatgut produziert werden. Die Nachfrage nach dem vielseitigen Pflanzenöl ist groß.
Sobald Smits Farm Erträge bringt und Erfolg hat, können weitere Personen aus der ländlichen Bevölkerung auch in anderen Gebieten Namibias hinzukommen. Allerdings sind nicht alle Landesteile für Jojoba-Pflanzen geeignet. „Durch die soziale Komponente will die Stiftung geeigneten Zielpersonen mit ihren Familien zu einem nachhaltigen Einkommen verhelfen und wirtschaftliche Aktivitäten in entlegene Gebiete bringen.“
„Wir sind sehr dankbar für diese Chance, die für uns ein Segen ist“, freut sich Smit. „Auch unsere Kinder werden noch jahrelang einen guten Verdienst haben.“
Jojoba – eine bemerkenswerte Wüstenpflanze
Jojoba ist eine Nutzpflanze und genügsam, sie braucht wenig Wasser und sogar das in Namibia oft gefundene brackige Wasser – für Menschen ungenießbar – verträgt sie gut. Die Jojoba-Pflanze (Simmondsia chinensis) gehört zu den Nelkengewächsen, der einzigen Gattung der Familie der Simmondsiaceae. Es gibt also nur diese eine Art in der Pflanzenfamilie, die zur Ordnung der Nelkenartigen (Caryophyllales) gehört. Sie ist in Mexiko, Kalifornien und Arizona heimisch, der Name ‚Jojoba‘ stammt aus der Sprache der dort ansässigen Tohono O’Odham-Indianer.
Es gibt männliche und weibliche Pflanzen, die Befruchtung geschieht durch Windbestäubung. Jojoba-Pflanzen können bis zu 3 m Höhe erreichen und werden etwa 200 Jahre alt. Die Nüsse reifen ein Mal im Jahr und werden geerntet, um das wertwolle Wachs – allgemein aber als Öl bekannt – kalt zu auszupressen. Das hochwertigste Jojoba-Öl wird von Pflanzen gewonnen, die bis zu 40 Jahre alt sind. Bei älteren Pflanzen ist das native, organische Öl nicht mehr so hochwertig.
Pottwale und Jojoba
Heute ist kaum vorstellbar, dass Jojobawachs zuerst nur als Schmierfett genutzt wurde. In den 1940er Jahren wurde es in der Industrie als Schmiermittel für Hochpräzisionswerkzeuge eingesetzt. Ebenso diente es als Grundlage für Autowachs, Bodenwachs und Möbelpolituren! Es oxidiert nicht und verwachst nicht. Da inzwischen das Fett der vom Aussterben bedrohten Pottwale in der Industrie verboten wurde, wird Jojobaöl jetzt auch in diesem Sektor verwendet.
Doch es kann mehr: Jojobaöl ist aufgrund seiner chemischen Struktur eigentlich ein flüssiges Wachs und ähnelt dem Talg der menschlichen Haut. Es reguliert die Talgproduktion der menschlichen Haut und damit den Feuchtigkeitshaushalt aller Hauttypen. Die Kosmetik- und Pharmaindustrien entdeckten inzwischen das “flüssige Gold“. Kein Wunder, dass große (Natur)-Kosmetikhersteller weltweit organisches, kalt gepresstes Jojoba-Öl in Mengen brauchen.
Es hat auch einen natürlichen Sonnenschutz-Faktor 4. Durch seine antibakterielle Wirkung beschleunigt Jojobaöl den Heilungsprozess von kleineren Schürfwunden und lindert Sonnenbrand. Ebenso enthält es wichtige Mineralstoffe, Provitamin A, Vitamin B und E.
Natives Jojobaöl hat zumeist eine goldgelbe Farbe, wird nicht ranzig und ist bis zu 25 Jahre haltbar. Es kann auf über 300 Grad erhitzt werden, ohne an Qualität zu verlieren. Im Tiefkühlfach gefriert es interessanterweise, während andere Öle flüssig bleiben. Es hat einen niedrigen Schmelzpunkt von sieben Grad. In der Pharma- und Kosmetik-Industrie wird es deshalb als Trägerstoff für oxidationsempfindliche Stoffe eingesetzt; weil es sich gut mit anderen Ölen und Fetten vermischen lässt. Es kann die Funktion eines Emulgators übernehmen.
Verschiedene Projektpartner für die Stiftung
Einer der bekanntesten Naturkosmetikkonzerne Deutschlands ist einer der offiziellen Partner am namibischen Projekt: Annemarie Börlind Natural Beauty. Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde sowie die Universität von Hohenheim konnten als wissenschaftliche Partner gewonnen werden. Des Weiteren ist die Julius-Baer-Stiftung mit Sitz in der Schweiz dabei.
Ein bisschen Namibia in der Kosmetik
In Namibia sind die Mengen gewonnenen Jojobaöls bisher noch recht gering. „Daher verwenden wir auch Bio-Jojobaöl aus anderen Quellen“, informiert der Börlind-Konzern seine Kunden, die über Namibia als Quelle und das damit einhergehende soziale Projekt aufgeklärt werden.
„Wir garantieren, dass mindestens zehn Prozent des in unseren Produkten verwendeten Jojoba-Öls aus dem Projekt "JOJOBA FOR NAMIBIA" stammen und wir wollen diesen Prozentsatz mit dem Wachstum der Projektplantagen erhöhen“, so der Kosmetikhersteller.
Brigitte Weidlich
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