Wenn Sie sich in die Kavango-Region im Nordosten Namibias begeben, werden Sie von den Bewohnern jederzeit mit einem freundlichen Lächeln begrüßt. Und obwohl der Alltag keineswegs unbeschwert ist, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Gesichter der Menschen, die hier leben, auch unter schwierigen Umständen immer wieder von einem bunten und erfüllten Leben in dieser immergrünen Welt sprechen.
Das Volk der Kavango lebt entlang des Okavango-Flusses, der in südöstlicher Richtung fließt. Der Fluss hat seinen Ursprung in Angola, schlängelt sich dann durch einen Teil Namibias und mündet schließlich in das Okavango-Delta - ein Inlanddelta im Nordwesten Botswanas. Die Menschen betreiben hauptsächlich Landwirtschaft, darunter Fischerei, Viehzucht sowie den Anbau von Sorghum, Mais und vor allem von Perlhirse, die hier als "Omahangu" bekannt ist.
Während die meisten Namibier immer noch versuchen, sich inmitten des „Lockdowns“ (Ausgehsperre) zurecht zu finden, geht der normale Alltag in der Kavango-Region weiter. Dabei zeichnen sich krasse Gegensätze ab. Während die restriktiven Maßnahmen für diejenigen, die in den größeren Städten Namibias leben, keine allzu großen Unannehmlichkeiten mit sich bringen, sieht dies für die Menschen in der Kavango-Region ganz anders aus. Für die meisten dort ist die Einhaltung solcher Regeln schlichtweg unmöglich, da sie nicht über die notwendigen Mittel verfügen, um für einige Wochen in ihren Häusern zu bleiben. Viele Frauen müssen zum Beispiel täglich Holz sammeln, um Essen für ihre Familien zu kochen. Aufgrund der heftigen Regenfälle hat der Fluss bei Rundu erst vor kurzem eine Höhe von acht Metern erreicht, was die Suche nach trockenem Holz erschwert und häufig die üblichen Wege zur Holzbeschaffung verlängert.
Dies ist nicht die einzige Herausforderung, die der Alltag hier birgt. So sind wir zum Beispiel Clementine begegnet, die an einem Sonntag am Ufer des Okavango ihre Wäsche wusch – an einem Tag, den sie lieber in der Kirche verbracht hätte. Stattdessen musste sie die Wäsche für ihre Zwillinge waschen, solange in diesen tief gelegenen Gebieten entlang des Kavango, Wasser zur Verfügung steht. Zudem ist der Kirchgang momentan wegen des Lockdowns nicht möglich.
Die Schließung von Kirchen hat auch dazu geführt, dass sich viele der Nonnen der katholischen Mission in Tondoro, die sich einige Kilometer flussabwärts von Nkurenkuru befindet, zurzeit anderweitig beschäftigen. Von einem Marula-Baum, der sich auf ihrem Gelände befindet, konnten sie große Mengen Früchte sammeln, die sie entkernten. Aus den Samenkernen wird ein Öl gewonnen, das zum Kochen verwendet wird und das den Nonnen zufolge sehr schmackhaft sein soll!
Zu dieser Jahreszeit beginnt gewöhnlich auch die Omahangu-Ernte, und man trifft viele Familien bei der Ernte auf den Feldern. Die geernteten Rispen werden in Tragekörbe gelegt, die von den Frauen mit nach Hause genommen werden. Eine wirklich bemerkenswerte Szene, denn die Frauen balancieren die schweren Körbe auf dem Kopf; eine Fertigkeit, die sie von klein auf lernen. Nachdem die Rispen in der Nähe des Gehöfts zum Trocknen ausgebreitet wurden, wird das Getreide gedroschen. Schließlich werden die gewonnenen Samen in hölzernen Mörsern gestampft, um das nahrhafte Mehl herzustellen. Die Ernte dieses wertvollen Nahrungsmittels wurde jedoch in einigen Gebieten durch die starken Regenfälle beeinträchtigt.
In der Kavangoregion gibt es einige Transportmittel, die den Betrachter staunen lassen. Immer wieder stößt man auf kreativ konstruierte, von Ochsen gezogene V-förmige Schlitten, auf denen Brennholz, Schilf, Säcke mit Maismehl und Wasserfässer transportiert werden. Der weiße Sand, der hier vorkommt, macht es leicht, diese Schlitten zu benutzen, und wenn nichts transportiert wird, kann sogar der eine oder andere Passagier mitfahren!
Bei Gondwanas Hakusembe River Lodge, die ebenfalls am Ufer des Okavangos liegt, führte der Regen zur Überschwemmung der Campingplätze sowie einiger Bungalows und des Restaurants. Die wenigen Gäste, die sich zu Beginn der Überschwemmung noch in der Lodge aufhielten, waren ziemlich überrascht, als sie ihre Autos in einiger Entfernung der Lodge parken mussten, um mit dem Boot zur Lodge gebracht zu werden. Inzwischen ist die Überschwemmung jedoch deutlich zurückgegangen.
Und so sind die Menschen und ihr Leben am Okavango in vielerlei Hinsicht zu bewundern. Selbst in Zeiten, in denen es keine Pandemie gibt, die die Welt beunruhigt, müssen sich die Menschen am Okavango den täglichen Herausforderungen stellen. Dabei scheint es, als verlören sie selten ihr Lächeln und tanzten ihren beschwingten und farbenfrohen Lebensrhythmus.
Daniela Diekmann und Dirk Heinrich
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