Die Regenzeit sollte bereits begonnen haben, aber bisher sind nur sporadisch Schauer niedergegangen. Anschließend gab es keine weiteren Regengüsse, um frisches Gras sprießen zu lassen. In Erwartung der Regenfälle versammelten sich bereits Ende November 27 Paradieskraniche an drei Stellen im Etosha-Nationalpark, wo sie brüten. Woher die vom Aussterben bedrohten blaugrauen Vögel kamen, ist nicht bekannt. Insgesamt 23 Paradieskraniche wurden an der Wasserstelle Andoni nördlich von Namutoni in der Nähe des King-Nehale-Tors beobachtet, und je zwei weitere an der Wasserstelle Koinachab östlich von Namutoni und an der Wasserstelle Charitsaub nordwestlich von Halali.
Acht der Vögel waren beringt. Neben alphanumerischen Metallringen waren sie als Küken im Etosha-Nationalpark zusätzlich mit grünen Plastikringen mit weißen Buchstaben versehen worden. Nun waren sie als erwachsene Vögel teilweise schon zum zehnten und elften Male aus ihrem unbekannten Winterquartier zurückgekehrt. An der Wasserstelle Andoni befanden sich neben den unberingten Kranichen die Vögel mit den Ringen NBN (beringt am 11. April 2008), NHD (12. April 2006), NCJ (25. März 2014), NER (2018) und NCK (25. März 2014). In der glühenden Hitze teilten sie sich die Wasserstelle mit zahlreichen Streifengnus, Springböcken, Warzenschweinen, Oryxantilopen und Burchell-Zebras.
Einer der beiden Kraniche bei Koinachab trug den Ring mit den Buchstaben NBZ am Bein oberhalb des Knies. Ich hatte NBZ am 10. April 2008 als Küken am nördlichen Rand der Fischers Pfanne bei Namutoni beringt.
Bei Charitsaub befanden sich NHH und NHF, über die wir im Januar 2017 berichtet hatten, nachdem eine Touristin die beiden mit einem Küken in der Nähe von Charitsaub und Salvadora fotografiert hatte. Allem Anschein nach will dieses Paar wieder in dieser Gegend brüten, sobald es ausreichend geregnet hat. NHF wurde als Küken zusammen mit seinem Geschwisterchen (NHE) am 26. April 2006 von Holger Kolberg, einem Forscher des Ministeriums für Umwelt und Tourismus, bei Chudop beringt. Der Kranich mit dem Kennzeichen NHH war am 12. März 2007 als Küken vom damaligen Naturschutzbeamten Wilferd Versveld in der Nähe der Wasserstelle Salvadora beringt worden.
Es wird vermutet, dass die Paradieskraniche nach der Brutzeit nach Angola ziehen, aber es fehlt an Informationen, um diese Theorie zu belegen. Ein Satellitenpeilsender, der an einem der Vögel angebracht wurde, sendete nach knapp drei Wochen leider keine Signale mehr. Sicher ist jedoch, dass die wenigen Paradieskraniche in Namibia keinen Kontakt zu ihren etwa 25.000 Artgenossen in Südafrika haben. Auch dort sind die im südlichen Afrika endemischen Vögel vom Aussterben bedroht, da ihre Zahl ebenfalls zurückgeht. Der Bestand in Namibia wird augenblicklich auf knapp über 30 geschätzt, nachdem 32 Ende 2017 im Etosha-Nationalpark gezählt wurden. Vor einigen Jahren gab es dort noch 60 Paradieskraniche. Was zur Abnahme des Bestandes führt, ist noch nicht erforscht worden.
Mindestens zwei Mal im Jahr, einmal in der Regen- und einmal in der Trockenzeit, werden von der namibischen Kranich-Arbeitsgruppe, einer Privatinitiative, in Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium Zählungen durchgeführt. Letztes Jahr fanden Zählungen im März, August und November statt.
Wer im Etosha-Nationalpark oder anderswo in Namibia Paradieskraniche sieht und fotografiert, kann die Beobachtungen an holgerk(at)afol.com.na senden.
Dirk Heinrich
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