Der Oktober stand im Zeichen des Wahlkampfes für die Wahlen Ende November. Die Wahlkommission geriet wegen einiger Unzulänglichkeiten zunehmend in die Kritik, da unter anderem einige elektronische Wahlgeräte verschwunden sind. Präsident Hage Geingob hat China zum siebzigjährigem Bestehen der Volksrepublik gratuliert und betont, dass Namibia weiterhin ein verlässlicher Partner für Peking sei. Geingob nahm in Sotschi am ersten Russland-Afrika-Gipfel von Präsident Wladimir Putin teil, auf dem eine engere Kooperation mit Afrikastaaten beschlossen wurde.
Das Parlament hat sich Ende des Monats in die Sommerpause verabschiedet, die bis Anfang Februar 2020 dauert. Wegen des Wahlkampfes finden dieses Jahr im November keine Sitzungen im Tintenpalast statt.
Die Herero-Gemeinschaft hielt eine Gedenkfeier bei Otjinene, um an den Vernichtungsbefehl vom 2. Oktober 1904 zu erinnern. In New York wurde das dort angestrebte Gerichtsverfahren der Herero und Nama-Gemeinschaften betreffs Wiedergutmachung fortgesetzt.
Die Menschenrechtsorganisation Namrights hat die Organisatoren des vor einigen Jahren wiederbelebten Olufuko-Festivals verklagt, an dem junge Mädchen mit freiem Oberkörper teilnehmen.
Wahlkampf für Novemberwahlen beginnt
Verschiedene politische Parteien haben seit Anfang Oktober an den Wochenenden landesweit Wahlveranstaltungen abgehalten. Am 27. November finden in Namibia Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt.Präsident Hage Geingob, der auch Präsident der regierenden SWAPO-Partei ist, führt den Wahlkampf seiner Partei persönlich an. Wie in Namibia üblich, finden etwa sieben bis acht Wochen vor den Wahlen samstags und sonntags in Sportstadien verschiedener Städte Kundgebungen statt. Vertreter der Parteispitzen halten Reden und erklären ihr Wahlprogramm. Musik, Verteilung von T-Shirts, Kappen und manchmal auch Mahlzeiten verleihen den Kundgebungen Volksfest-Atmosphäre.
Kleinere Parteien treffen ihre Anhänger zumeist unter großen Bäumen am Stadtrand. Die Wahlprogramme zeigen wenige Unterschiede auf. Mehr Arbeitsplätze, weniger staatliche Ausgaben, Ankurbelung der Wirtschaft und Kampf gegen Korruption versprechen die meisten Parteien.
Dieses Jahr nehmen 15 Parteien an den Parlamentswahlen teil. Für die Präsidentschaftswahlen haben sich elf Kandidaten angemeldet. In Namibia wird der Staatpräsident direkt gewählt. Ein SWAPO-Mitglied, Dr. Panduleni Itula, hat sich als unabhängiger Kandidat angemeldet. Da die SWAPO-Parteisatzung dies nicht klar und ausdrücklich verbietet, steht die Partei vor einer Herausforderung, da Geingob offiziell für die SWAPO kandidiert. Itula nutzt die Grauzone und lockt auf seinen Veranstaltungen große Menschenmengen an.
Elektronische Stimmenabgabe bleibt umstritten
Die elektronische Stimmenabgabe ist wieder ein heiß diskutiertes Thema. 2014 wurden in Namibia die indischen Geräte zum ersten Mal bei den Wahlen eingesetzt, mit enormen technischen Schwierigkeiten, was zu langen Wartschlangen und Unmut der Wähler führte. Die Oppositionsparteien behaupten, die „electronic voting machines“ (EVMs) können manipuliert werden und damit auch die Wahlergebnisse. Die Wahlkommission weist diese Vorwürfe zurück.
Die Oppositionsparteien sind erbost, da erst jetzt durch Presseberichte bekannt wurde, dass 2017 einige EVMs an die SWAPO für eine interne Abstimmung ausgeliehen wurden. Auf dem Rücktransport sind vier EVMs von einem Anhänger angeblich heruntergefallen. Ein Passant hatte ein Gerät „am Straßenrand bei Otjiwarongo“ entdeckt und damals auf der Polizeiwache abgegeben. Die Wahlkommission reagierte nun Ende Oktober mit einer ganzseitigen Anzeige in Tageszeitungen und behauptete, die Polizei ermittele deswegen. Polizeipräsident Sebastian Ndeitunga verneinte dies und sagte, es gebe keine Polizei-Akte darüber. Der Präsident der größten Oppositionspartei (PDM), McHenry Venaani, forderte am 31. Oktober den Rücktritt der gesamten Führungsriege der Wahlkommission. „Ich bleibe an meinem Platz, denn ich habe einen Job zu erledigen“, teilte Wahlleiter Theo Mujoro daraufhin mit.
Herero-Gedenken zum Vernichtungsbefehl
Die Herero-Gemeinschaft hielt Anfang Oktober eine Gedenkfeier in Ozombuvindimbe bei Otjinene ab, um an den Vernichtungsbefehl des 2. Oktober 1904 von General Lothar von Trotha zu erinnern. In dem Befehl wurde unter anderem mitgeteilt, dass keine männlichen Gefangenen gemacht würden, und über die Köpfe von (Herero) Frauen und Kindern hinweg geschossen werde.
Am 17. Oktober wurde in New York das Gerichtsverfahren der von Hereros und Namas angestrebten Entschädigungsklage gegen Deutschland fortgeführt. Vor einigen Monaten hatte das Gericht die Klage abgewiesen, da es angeblich nicht zuständig sei. Anwalt Kenneth McCallion hatte Berufung eingelegt und nun angeführt, das Gericht sei doch zuständig. Als Beweis gab er an, dass Deutschland mit sterblichen Überresten von Herero und Nama gehandelt und diese an die USA verkauft habe. Im New Yorker ‚American Museum of Natural History‘ liegt eine erst kürzlich publik gemachte Sammlung von Schädeln und Gebeinen namibischer Opfer aus den Jahren 1904–1908, den Jahren der Herero-und Nama-Aufstände.
Das Urteil wird in einigen Monaten erwartet. „Wir sind zuversichtlich, dass wir das Verfahren gewinnen“, sagte Herero-Chief Vekuii Rukoro, der mit einer Delegation nach New York gereist war.
Namrights verklagt traditionelles Festival
Namibias Menschenrechtsorganisation Namrights hat die Organisatoren des jährlichen Olufuko-Festivals im Windhoeker Obergericht verklagt. Das Kulturfestival ist eine uralte Tradition von Owambovölkern. Junge Mädchen sollen auf die Ehe und das Leben als erwachsene Frauen vorbereitet werden. Mit dem Aufkommen des Christentums wurde die Olufuko-Einweihung als „heidnische Praxis“ bezeichnet und durch Missionare beendet. Im Jahr 2012 wurde das Olufuko-Festival wiederbelebt.
Namrights ist der Meinung, dass das Olufuko-Festival nicht nur die Würde der jungen Mädchen verletzt, sondern sie dazu nutzt, wirtschaftliche Investitionen und den Tourismus in Outapi zu fördern. Die Mädchen sind während des Festivals mit nacktem Oberkörper zu sehen. Namrights wünscht, dass das Gericht das Festival als ein weibliches Ritual zur sexuellen Initiation erklärt, das seiner Meinung nach für Personen unter 18 Jahren rechtswidrig und verfassungswidrig ist. Phil ya Nangoloh, Direktor von Namrights, sagte, es wäre gut, wenn das Gericht das Olufuko-Festival verbieten würde. Eine Alternative wäre, wenn das Festival in Zukunft für Mädchen unter 18 Jahren verboten wird.
Brigitte Weidlich
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