In Namibia wird am Mittwoch dieser Woche ein neues Parlament und ein neues Staatsoberhaupt gewählt, die fünfjährige Amtszeit der jetzigen Regierung geht zu Ende.
Über eine Million Wähler werden am 27. November 2019 zur Wahl gehen, der zum gesetzlichen Feiertag erklärt wurde, damit die Wähler ihr demokratisches Recht ausüben können. Fünfzehn politische Parteien kämpfen um 96 Parlamentssitze, und elf Präsidentschaftskandidaten wurden bei der Wahlkommission von Namibia (ECN) registriert. In Namibia wird der Präsident des Landes direkt gewählt. Neu ist, dass es zum ersten Mal eine Präsidentschaftskandidatin gibt und ein unabhängiger Kandidat, Panduleni Itula, registriert wurde, obwohl er noch einer politischen Partei angehört.
Wahlen erfordern große Logistik
Namibia hat 14 Regionen und 121 Wahlkreise. Laut der ECN wird es landesweit 1.410 feste Wahllokale geben. Weitere 2.931 mobile Wahllokale werden am Wahltag die abgelegenen Dörfer besuchen. Sogar Hubschrauber werden eingesetzt, um Wähler in unzugänglichen Dörfern zu erreichen. Es sind genau 1.358.468 Wähler registriert, von denen 700.648 unter 40 Jahre alt sind, fast fünfzig Prozent. Das ECN hat 16.668 Wahlbeamte für die Wahlen rekrutiert.
Elektronische Wahlgeräte werden eingesetzt
Die Wähler geben ihre Stimme mit Hilfe eines elektronischen Wahlgeräts (electronic voting machine =EVM) ab, das bei den vorigen Wahlen 2014 eingeführt wurde. Die namibische Regierung hat sie von einem indischen Unternehmen erworben, in Indien wird seit mehreren Jahren elektronisch gewählt.
Diese Geräte stießen bei Oppositionsparteien in Namibia auf großes Misstrauen. Sie behaupten, sie könnten “gehackt“ und manipuliert werden. 2014 verursachten die EVMs erhebliche Verzögerungen an den Wahllokalen aufgrund eines falschen Umgangs mit dem Wahlpersonal und Fehlfunktionen, was zu langen Warteschlangen führte und Wähler frustrierte. Auch in diesem Jahr haben mehrere Oppositionsparteien Einwände gegen die EVMs erhoben. Das ECN teilte den Medien mit, dass 4.554 EVMs für die Parlamentswahlen und weitere 4554 für die Präsidentschaftswahl verwendet werden, insgesamt 9108 EVMs.
Pro EVM-Einheit können nur etwa 2.000 elektronische Stimmen abgegeben werden. Jedes EVM hat eine Seriennummer, und den an diesen Wahlen teilnehmenden Parteien wurden Listen mit den Seriennummern zur Verfügung gestellt.
Vor einigen Wochen berichteten lokale Medien, dass vier EVMs bereits vor zwei Jahren nach der Ausleihe an die SWAPO-Partei für interne Wahlen vermisst wurden. Auf dem Rückweg fielen sie anscheinend vom Anhänger, der von einem Fahrzeug gezogen wurde. Ein Passant fand ein Wahlgerät an der Straße bei Otjiwarongo und brachte es zur dortigen Polizeistation, die restlichen drei fehlenden EVMs wurden noch nicht gefunden.
In der Zwischenzeit hat sich der unabhängige Kandidat Itula an das Amtsgericht in Katutura, Windhoek gewandt, um den Gebrauch der EVMs für die Wahlen zu stoppen. Das Urteil wurde am Montag, dem 25. November, bekannt gegeben. Der Richter befand, das Amtsgericht sei nicht befugt, über die Verwendung oder Nichtverwendung der EVMs zu urteilen.
Parlamentarisches Listensystem
In der Wahlkabine führen die Wähler zwei Abstimmungsprozesse auf einmal durch: Zuerst wählen sie eine Partei für die Parlamentswahlen. Namibia hat das Parteilistensystem: Jede ordnungsgemäß registrierte politische Partei, die an den Parlamentswahlen teilnimmt, führt interne Wahlkollegien durch, um ihre 96 Parlamentskandidaten zu wählen. Die Liste wird veröffentlicht und an die ECN weitergeleitet. Je nach Anzahl der abgegebenen Stimmen erhalten diejenigen, die die Parteilisten anführen, einen Sitz im Parlament. Es gilt die numerische Reihenfolge.
Der Präsident wird direkt gewählt
Im zweiten Schritt wählt der Wähler in der Wahlkabine auch einen Präsidentschaftskandidaten. Gemäß der namibischen Verfassung wird der Staatspräsident direkt vom Volk gewählt. Es gilt das Prinzip „fünfzig plus eins“, d. h. der Kandidat mit fünfzig Prozent der Stimmen plus einer Stimme gewinnt die Wahl.
Zum ersten Mal nimmt dieses Jahr eine Präsidentschaftskandidatin teil: Esther Muinjangue, eine Universitätsdozentin, die kürzlich zur Präsidentin der Partei NUDO (National Unity Democratic Organization) gewählt wurde, kandidiert.
Ein unabhängiger Kandidat tritt an
Eine weitere Premiere ist ein unabhängiger Präsidentschaftskandidat, der sich am 18. Oktober erfolgreich mit den anderen Kandidaten registriert hat. Unabhängig würde zwar bedeuten, dass der Kandidat keiner politischen Partei angehört; der Fall des Zahnarztes Dr. Panduleni Itula ist jedoch anders. Er ist Mitglied der regierenden SWAPO-Partei, die bereits vor einigen Monaten während ihres internen Wahlkollegiums ihre Parlamentsliste und Dr. Hage Geingob als Präsidentschaftskandidaten gewählt hat. Geingob ist seit März 2015 Staatspräsident und Präsident der regierenden SWAPO-Partei. Die Parteisatzung ist vage formuliert was den Präsidentschaftskandidaten betrifft. Diese Schlupflöcher gaben Itula die Möglichkeit, sich als unabhängiger Kandidat anzumelden, und haben die Regierungspartei bisher daran gehindert, ihn auszuschließen. Interessanterweise zog Itula im Wahlkampf bei seinen öffentlichen Kundgebungen große Menschenmengen an. Der Wahlkampf endete am Sonntag, 24. November. Die sozialen Medien sind voll von Kommentaren für und gegen diese neue Situation.
Fischereiskandal betrifft Namibias Kabinett
Am 13. November haben die Polizei, Soldaten der namibischen Streitkräfte und Seeleute, die am 27. November im Dienst sein werden, im Voraus gewählt. Genau an diesem Tag berichtete eine lokale Zeitung, dass zwei Kabinettsminister und drei Geschäftsleute angeblich Schmiergelder von dem isländischen Fischereiunternehmen Samherji im Gegenzug für Fischquoten erhalten haben sollen. Gegen Mittag des gleichen Tages traten die beiden Kabinettsmitglieder zurück. Sie sind (ehemaliger) Fischereiminister Bernhard Esau und (ehemaliger) Justizminister Sacky Shangala. Esau und einer der beteiligten Geschäftsleute, Ricardo Gustavo, wurden am Samstag, den 23. November verhaftet. Esaus Anwälte beantragten dringend seine Freilassung. Angeblich war der Haftbefehl ungültig und gab nicht an, aufgrund welchen Gesetzes er verhaftet wurde. Der Haftbefehl wurde von der Antikorruptionskommission ausgestellt, die offenbar nicht befugt war.
Am Sonntagmorgen, dem 24. November, fand im Windhoeker Obergericht eine Anhörung statt. Der Fall wurde auf Dienstag, den 26. November verschoben. In einer überraschenden Wende der Ereignisse fand am Sonntagnachmittag eine weitere Gerichtsverhandlung statt. Die Richterin urteilte, dass der Haftbefehl in der Tat ungültig sei, und ordnete die sofortige Freilassung von Esau an. Er wurde folglich freigelassen. Die ACC sagte am Sonntagabend, sie würde einen neuen Haftbefehl vorbereiten.
Präsident Geingob hat inzwischen den amtierenden Fischereiminister Dr. Albert Kawana, der auch Attorney General [Kronanwalt] ist, angewiesen, den Fischerei-Skandal zu untersuchen.
Bekanntgabe der Wahlergebnisse
Die Wahllokale sind am 27. November von 07:00 bis 21:00 Uhr geöffnet. Die Auszählung beginnt unmittelbar danach - die Ergebnisse werden auf den EVMs überprüft und aufgezeichnet. Wahlergebnisse werden außen an den Wahllokalen angeschlagen. Die Ergebnisse werden dann jedoch an Sammelzentren in allen 121 Wahlkreisen gesendet. Dort werden sie kontrolliert und zusammengestellt und an die Zentrale der Wahlkommission in Windhoek weitergeleitet, die auch als nationales Ergebniszentrum dient.
Es wird erwartet, dass die offiziellen Wahlergebnisse am 29. oder 30. November bekannt gegeben werden.
Brigitte Weidlich
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