Die Vorbereitungen für eine Reise nach Afrika sind in vollem Gange, Bücher werden gewälzt, Videos angeschaut, Naturdokus füllen den Abend und Freunde erzählen von spannenden Safarierlebnissen im vergangenen Jahr. Jeder hat schon sein Lieblingstier ausgewählt, das er auf jeden Fall sehen möchte. So ist auf jeder Reise, vor allem wenn man das erste Mal in Afrika unterwegs ist. Der Wunsch, Raubtiere zu sehen, ist sehr groß.
Angespornt durch Dokumentarfilme unterschiedlicher Qualität scheint es leicht zu sein, große Katzen zu beobachten und zu fotografieren. Am liebsten bei einer spektakulären Jagd oder mit tapsigen, süßen Jungtieren. Aber Raubtiere sind selten zu sehen. Es gibt im Verhältnis zu ihrer Beute, den Pflanzenfressern, eher wenige. Vor allem Wildkatzen achten als Einzelgänger auf ihren Energiehaushalt und bewegen sich meist nur aus drei Gründen: Partnersuche, Verteidigung, Jagd. Die restliche Zeit, bis zu 20 Stunden am Tag, wird geruht oder richtig geschlafen. Die Folge ist bei Afrikabesuchern Enttäuschung, wenn man keinen Löwen sieht oder mit Glück ein im Schatten liegendes Rudel entdeckt, das den Tag verdöst und bei dem sich Fotos nur als Erinnerung lohnen.
Viele Male wartete ich Stunden auf eine Bewegung… Nichts geschah. Wer mit Naturfilmen und Fotos sein Geld verdient, braucht neben umfassenden Kenntnissen über die Tiere sehr viel Zeit und noch mehr Geduld, um wirklich gute Bilder zu bekommen. Als Tourist braucht man Glück, einen erfahrenen Guide oder viele Gelegenheiten (also öfters verreisen), um ein paar gute Bilder zu bekommen.
Die ersten Löwen:
Was mache ich nun als Fotograf bei meiner ersten Sichtung, wenn die Löwen erwachen, die Aufregung bei den Mitreisenden die Oberhand gewinnt und ich angesteckt werde?
Beobachten Sie die Szene und freuen Sie sich über den einmaligen Augenblick. In der Regel dauert es eine Weile, bis alle Tiere aufgewacht sind und sich gegenseitig begrüßt haben. Suchen Sie sich ein Tier aus, das besonders aktiv ist oder vor einem schönen Hintergrund liegt. Denken Sie daran, wenn sich die Katzen aus dem Schatten bewegen, dass sich dann auch die Lichtverhältnisse ändern. Dazu sollten sie weit im Voraus die Kamera in Standby bereithalten und immer wieder ein Foto machen, um die Einstellungen zu kontrollieren, denn Licht und Schatten ändern sich auch durch langes Warten.
Aus dem Auto:
Da man Löwen meist aus einem Fahrzeug fotografiert, ist der Winkel immer ungünstig. Durch die Aufnahme von oben wirken die Tiere klein und sie verlieren ihre Mächtigkeit. Versuchen Sie das Fahrzeug so zu stellen, dass Sie auf Augenhöhe fotografieren können oder warten Sie, bis sich ein Löwe auf eine Anhöhe begibt um ihn auf dem Bild vor dem entfernten Hintergrund freistellen zu können. So haben Sie wenig störende Elemente vor Gesicht oder Körper.
Unterwegs im National Park:
Selten ist man bei einer Löwensichtung alleine. In Etoscha zum Beispiel können schon mal 20-30 Autos und Reisebusse den Weg und die Sicht versperren. Leider gibt es durch rücksichtslose Fahrweise immer wieder Schrammen und Beulen an den Fahrzeugen und wütende Fäuste werden aus den Fenstern gereckt. Versuchen Sie sich an einer der Wasserstellen so zu positionieren, dass Sie eine gute Sicht haben und genug Platz lassen für passierende Tiere und andere Reisende. Wenn die Löwen den Platz wechseln, versuchen Sie nicht hektisch sich ihnen in den Weg zu stellen. Die Bilder sind es nicht wert die Löwen zu bedrängen, da dann meist Position, Hintergrund oder Einstellungen nicht optimal sind und Sie es vielleicht verpassen, eine berührende Szene zu beobachten.
Kameraeinstellungen:
Wie in vorherigen Beiträgen erwähnt, nutze ich nur den mittleren Focuspunkt und fotografiere mit weitgehend offener Blende (kleine Blendenzahl). So lassen sich die Katzen leichter freistellen, da sie sich vom unscharfen Hintergrund besser abheben. Durch das Einstellen eines Fokuspunktes habe ich mehr Kontrolle auf den Schärfebereich, störende Gräser vor dem Gesicht können durch rasches Umstellen auf den manuellen Fokus unscharfe Akzente setzen, solange das wesentliche vom Tier scharf ist. Für mich sind bei Nahaufnahmen immer die Augen ausschlaggebend und müssen scharf sein. Ansonsten sollte das Gesicht der schärfste Teil einer Aufnahme sein, da unser Blick auf einem Bild immer von Gesicht oder Augen angezogen werden.
Ganz wichtig ist eine kurze Belichtungszeit, um schnelle Bewegungen scharf einfangen zu können. Dazu habe ich den Isowert auf mindestens 800 eingestellt, im Schatten oder im späten Sonnenuntergang auch höher. Damit ist gewährleistet, dass auch kleine Kopfbewegungen scharf sind. Spielende Jungtiere oder eine zu erwartende Jagd sollten mindestens mit 1/1000 angegangen werden, evtl. unterbelichte ich etwas, um die Belichtungszeit weiter zu verkürzen. Die dunklen, aber scharfen Bilder lassen sich später am Computer aufhellen.
Die eigene Kamera kennen:
Falls der seltene Fall eintrifft, eine Jagd beobachten zu können, entscheiden Sie sich, ob Sie auf die Beute oder das Raubtier zielen und im schnellsten Serienbildmodus abdrücken. Wichtig ist hier zu wissen, nach wie vielen Bildern die Kamera und die Speicherkarte an ihre Grenzen kommen und wie viel Zeit zum Rechnen und Speichern benötigt wird. Nehmen Sie deshalb, wenn sich die Situation zwischendurch entspannt, auch mal den Finger vom Auslöser, damit sie auch beim Showdown noch Bilder machen können. Wenn Sie zu zweit sind, sollte jeder ein anderes Tier im Fokus haben, um das Maximum an guten Fotos zu bekommen.
Leoparden:
Die scheuen, als Einzelgänger lebenden Leoparden, sind selten längere Zeit zu beobachten. Sie vermeiden den Kontakt mit den dominanteren Löwen und sind eher in der Dunkelheit unterwegs. Deshalb positionieren sie sich nicht so offen und ziehen sich tagsüber auf einen dichten Baum zurück. Es ist schwierig, selbst in einer Gegend mit hoher Leopardendichte ein Tier zu sehen und dann noch zu fotografieren. Meine Sichtungen sind durch Glück, lange Verfolgung der Spur oder durch die typischen nächtlichen Rufe, denen wir nachgegangen sind, entstanden.
Geparden:
Da Geparde tagsüber in offenem Grasland jagen, meist alleine, manchmal auch mit Geschwistern, sind sie leichter zu entdecken, aber trotzdem schwer zu fotografieren. Das Licht ist nicht optimal und die Szene zu weit für gute Bilder. Wenn Sie die Tiere aus der Nähe sehen, versuchen Sie auf Augenhöhe zu fotografieren oder sie vor gleichmäßigem Hintergrund freizustellen.
Kleinkatzen:
Die kleineren Katzen, Wildkatzen oder Schleichkatzen wie Ginster- oder Zibetkatzen, lassen sich häufig bei Nachtfahrten sehen. In manchen Camps haben sie ihre Scheu verloren und schauen auch mal an der Feuerstelle vorbei. Die Spuren lassen sich am nächsten Morgen häufig gut erkennen. Suchen Sie sich eine gute Position und legen Sie sich am nächsten Abend auf die Lauer.
Private Wildtiergebiete:
Sehr viele gute Bilder von Leoparden oder Geparden stammen aus privaten Gebieten, in denen die Tiere vom Ranger in einem überschaubaren Gebiet leicht gefunden werden können. Sie werden manchmal gezüchtet und gefüttert, manchmal sind sie mit einem Sender versehen, um sie schnell den Gästen zeigen zu können. Die Tiere haben die natürliche Scheu verloren und posieren gefühlt vor schönstem Hintergrund. Auch wenn ich solchen Einrichtungen mit gemischten Gefühlen gegenüber stehe, lohnt es sich, dort eine Tour zu machen. Meist hat man hier die einzige Gelegenheit, den Tieren wirklich nahe zu kommen, sie lange beobachten zu können und gute Bilder zu machen. Fragen Sie Ihren Guide, wie der Bewegungsablauf ist, damit Sie sich mit der Kamera gut positionieren können.
Für gute Bilder aus der Wildnis reicht eine Safari nach Afrika nicht. Sie müssen wiederkommen.
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Lambert Heil fotografiert seit vielen Jahren Wildlife, Natur, Menschen und typische Reisesituationen in Afrika und Europa. Bei Namibia Focus stellt er in regelmäßigen Abständen fotografische Tipps, Tricks und Ideen vor, bespricht Bilder oder entdeckt interessante Orte für Fotografen. Weitere Informationen zu Lambert Heil und Fotografieren in Namibia finden Sie hier.
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