In Südafrika und Namibia entfernt man vielfach bei Nashörnern das Horn, damit Wilderern die Jagd auf sie nicht lohnend erscheint. Doch viele Naturschützer und Forscher kritisieren die Maßnahme als schädlich für die betroffenen Tiere. Eine Studie, die diese Woche veröffentlicht wurde, liefert ihnen neue Munition.
Denn sie besagt: Enthornte Nashörner haben deutlich kleinere Reviere und weniger soziale Kontakte als ihre behornten Artgenossen. Erstellt wurde die Studie von 14 Forschern und Experten aus der Schweiz und Südafrika. Sie hatten die Auswirkungen der Enthornung auf das Verhalten und die Ökologie afrikanischer Spitzmaul-Nashörner (Diceros bicornis) untersucht.
Dabei haben sie eigenen Angaben zufolge Daten aus mehr als 15 Jahren Spitzmaul-Nashorn-Monitoring in zehn Wildreservaten in Südafrika berücksichtigt – mit mehr als 24.000 Sichtungen von 368 Tieren (siehe Artikel im Wissenschaftsjournal Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) von Vanessa Duthé et al: "Reductions in home-range size and social interactions among dehorned black rhinoceroses (Diceros bicornis)").
Das Forscher-Team kam zum Ergebnis, dass sich der Aktionsraum enthornter Tiere gegenüber Tieren mit Horn um durchschnittlich 11,7 Quadratkilometer verringert. Das entspreche 45,5%. Auch nahmen die enthornten Nashörner mit 37% geringerer Wahrscheinlichkeit an sozialen Kontakten teil. Das Horn scheint also eine wichtige Rolle bei Interaktionen zu spielen.
Namibia hat seit 2018 bei mehr als 900 Nashörnern das Horn entfernt. Allerdings ist das kein hundertprozentiger Schutz vor Wilderei. So kommt es vor, dass Wilderer enthornte Nashörner erlegen, weil ihnen selbst der Stumpf des Horns noch wertvoll genug erscheint. Kritiker verweisen zudem auf den Stress für die Tiere und die hohen Kosten. Da das Horn nachwächst, muss man die Enthornung alle zwei Jahre wiederholen.
Mehr Hintergrund zu Pro und Kontra der Enthornung von Nashörnern liefern ein Beitrag der Organisation Save The Rhino International. und ein ausführlicher Facebook-Post der Organisation Wildlife Vets Namibia.
Spitzmaul-Nashorn im Etosha Nationalpark. Foto (nur zur Illustrierung): Yathin S Krishnappa, Wikipedia
Autor dieses Beitrags ist Sven-Eric Stender. Er stammt aus Hamburg und arbeitet seit 1986 als Journalist. Seit 1998 lebt er in Windhoek und hat sich auf die Themen Reise, Natur, Menschen und Geschichte Namibias spezialisiert. Für Fragen oder Anregungen ist er zu erreichen unter editorial@namibiafocus.com.
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