Auf den meisten Farmen des Landes gibt es derzeit keinen einzigen Grashalm. Farmer haben ihre Viehherden drastisch reduziert, sind mit einigen wenigen Tieren auf die letzten Pachtweiden gezogen oder füttern ihre Tiere mit gehäckseltem Busch. Das ist eine Lösung, die Tiere bis zur nächsten Regensaison durchzufüttern und gleichzeitig das Problem der Verbuschung anzugehen.
Selbst Wildfarmer nutzen diese Methode, um ihr Wild zu retten und Kosten zu sparen. In den vorangegangenen Dürrejahren haben die Wildfarmer teilweise über eine Million Namibia Dollar verfüttert. Da derzeit der größte Teil des südlichen Afrikas von einer besonders schweren Dürre heimgesucht wird, ist Futter wie Gras oder Luzerne schwer zu bekommen und extrem teuer.
Busch-Zufutter scheint in vielen Fällen eine lohnende Alternative zu sein. Aber es ist nicht so einfach die Tiere dazu zu bringen, den geschredderten Busch zu fressen. Der Busch allein garantiert nicht das Überleben von Vieh und Wild. Am Anfang darf nicht zu schnell von Gras auf das Buschgemisch umgestellt werden und zudem muss jeder Farmer selbst herausfinden, welche Zusatzstoffe er hinzugeben muss, um den Tieren das Futter nicht nur schmackhaft und gut verdaulich vorzusetzen, sondern es auch mit ausreichend Mineralien und Spurenelementen zu versehen, damit sie gesund bleiben und ihre Kondition halten oder gar verbessern.
Vor fünf Jahren begann der Wildfarmer und Vorsitzende des Namibischen Holzkohle Verbandes (NCA), Gunter Schwalm, Büsche wie den Blutfruchtbaum (Terminalia prunoides), Mopanebaum (Colophospermum mopane) und den Farbkätzchenstrauch (Dichrostachys cinerea) mit Hilfe von Experten in Deutschland zu analysieren. Diese Büsche und Bäume sind auf seiner knapp 6500 Hektar großen Farm ein Problem. Vor allem der Blutfruchtbaum und der Farbkätzchenstrauch wachsen derart dicht, dass kaum ein Tier hindurchdringen kann und darunter kein Gras gedeiht. Große Teile der Farm sind verbuscht und kaum zu nutzen – wie weitere 32 Millionen Hektar in Namibia.
„Wir haben den Proteingehalt festgestellt und welche Stoffe fehlen, um mithilfe des Busches ein nahrhaftes Futter zu produzieren. Danach habe ich mich umgesehen, was ich in direkter Nähe oder kostengünstig bekommen kann, wie zum Beispiel Maismehl, Leckekonzentrat (Ergänzungsnahrung), Phosphat und Melasse“, sagt Schwalm. Immer wieder habe er die Mischung verändert und nun nehmen alle Wildarten sein Busch-Zufutter-Gemisch an, von Kuhantilope, Rappenantilope über Kudu, Elenantilope, Gnus, Wasserbock und Oryxantilope bis zum Hartmanns-Zebra. „Einen Vorteil hatte ich, denn seit 20 Jahren habe ich nach dem Regen bis zum nächsten Regenanfang immer Lecke für das Wild ausgelegt. Dadurch kannten die Tiere den Geschmack und wahrscheinlich auch die Vorteile der Ergänzungsnahrung“, meint Schwalm. Neben der Analyse der verschiedenen Baum- und Buscharten wurden bei den Schwalms über die Jahre auch Grasarten und Bodenproben erforscht.
Inzwischen ist es kein Geheimnis mehr, dass Farmer, die ihr Vieh und/oder Wild mit Busch-Zufutter-Gemisch füttern, auch ihr Wasser testen lassen müssen. Darin können Stoffe enthalten sein, die z. B. Mineralien im Ergänzungsfutter neutralisieren können oder ein weiteres Defizit verursachen, während bestimmte Mineralien bereits reichlich vorhanden sein können.
Gunter Schwalm, der auf seiner Farm einen durchschnittlichen Regenfall von 550 Millimeter pro Saison hat, konnte in der Regensaison 2018/19 nur zwischen 50 und 85 mm verbuchen. „Glücklicherweise hatte ich in vorangegangenen Dürrejahren bereits mit der Holzkohleproduktion angefangen, um ein weiteres Einkommen zu haben, aber auch um gleichzeitig gegen die Verbuschung anzugehen“, sagt der Farmer. Die zarten frischen Triebe der zuvor abgeschnittenen Büsche kommen ihm jetzt für die Produktion von Busch-Zufutter zugute. Zahlreiche Wildarten haben diese jungen Triebe ohnehin schon gefressen und damit die Verbuschung im Zaum gehalten, so Schwalm. Selbst Springböcke und Oryxantilopen fressen die Triebe. Mit der Holzkohleproduktion begann Schwalm im Jahre 2013; er produziert um die 1600 Tonnen im Jahr. Die Kombination von Holzkohleproduktion und Nutzung der zarten Zweige und Triebe für die Futterproduktion sei optimal. „Wir haben inzwischen wieder mehr Grasarten auf der Farm als vor 20 Jahren und auch viel mehr Futterbüsche“, betont der Wildfarmer.
Jeder Farmer müsse jedoch seine Farm selbst analysieren, die verschiedenen Böden in Betracht ziehen, sein Wasser testen lassen und seine Vegetation kennen. Dort, wo Gebiete verbuscht und deshalb unproduktiv sind, ist Holzkohle- und Busch-Zufutter-Produktion vor allem in Dürreperioden eine wichtige Einnahme- und Tiernahrungsquelle. Auf den meisten Farmen des Landes wird dafür die Hakendornakazie (Acacia mellifera) genutzt, da sie für einen Großteil der Verbuschung in Namibia verantwortlich ist.
Dirk Heinrich
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