Er sieht aus wie ein Phantom und im Etosha-Nationalpark steht ein ganzer Wald davon; wenn seine Saat reif wird und die Samenkapseln aufplatzen, knallt es ganz schön. Der Moringa-Baum kann aber noch mehr, denn sein medizinischer Nutzen ist immens. Nicht umsonst heißt er auch „Baum des Lebens“. Fast alle Teile des Baums können für die Volksheilkunde verwertet werden.
Große Moringa ovalifolia Bäume im „Sprokieswoud“ im Etosha Nationalpark. Foto: Wikipedia
Seit rund 5.000 Jahren ist der Moringa-Baum, auch Meerrettich-Baum genannt, in Indien bekannt und hat sich von dort über die Arabische Halbinsel nach Ostafrika, den Südwesten Afrikas und bis hin nach Madagaskar verbreitet. Die Wurzeln schmecken roh nach Rettich durch die enthaltenen Senföl-Glykosiden.
Die britischen Kolonialherren sollen den Moringa in Indien als Ersatz für Rettich und Senf bei ihren Mahlzeiten verwendet und damit zu seiner schnelleren Verbreitung in anderen Kolonien, darunter Afrika, beigetragen haben, da er auch in anderen Klimazonen gut gedeiht.
Kleiner Ausflug in die Botanik
In Indien ist der Baum als „murinna“ bekannt, daher leitete sich der botanische Name ab. Der Moringa ist die einzige Pflanzengattung der mono-generischen Familie der Bennussgewächse (Moringaceae). Es gibt nur dreizehn Moringa-Arten weltweit und in Namibia wachsen zwei: Moringa oleifera und ovalifolia, letztere hat ovale Blätter und ist eher bekannter als Phantom- oder Geisterbaum. Im Westen des Etosha-Nationalparks gibt es den berühmten „Sprokieswoud“ (Geisterwald) mit sehr hohen, alten Moringa ovalifolia Bäumen.
In steinigen Gebieten im Süden und Nordwesten Namibias trifft man auf ebenfalls stattliche Exemplare von Moringa ovalifolia, auch als Flaschenbaum bekannt.
Ein großer Moringa ovalifola im Nordwesten Namibias. Foto: Violet Gottrop
Baum des Lebens
Beide Moringa-Arten haben sich den klimatischen Gegebenheiten Namibias gut angepasst und kommen mit recht wenig Regen aus. Der Moringa olifeira wächst aber schneller und lässt sich gut aus Samen ziehen. Die nachhaltig geernteten Blätter lassen sich getrocknet als Pulver und auch in Kapseln zum Einnehmen verarbeiten. Zahlreichen internationalen Studien zufolge sollen die Blätter von olifeira viel mehr Vitamin C enthalten als beispielsweise Apfelsinen.
Der Moringa olifeira soll sehr viele Vitamine, Mineralstoffe und auch Spurenelemente enthalten.
Die zierlichen Blüten des Moringa olifeira. Foto: Harvey McDaniel
Das hat man in den letzten Jahren auch in Namibia erkannt und es gibt inzwischen in Reformabteilungen von Geschäften hierzulande verschiedene Moringa-Produkte aus Namibia, darunter auch Tee und Saft zu kaufen. Für manche Farmer und Kleinbauern ist dieser ertragreiche Nischenmarkt mit ihren zertifizierten Moringa-Produkten inzwischen ein wichtiger Nebenverdienst geworden.
In der Kavango-Ost Region finanzieren die Einnahmen aus einer mit deutschen Fördergeldern angelegten Moringa-Pflanzung auf zwei Hektar die Kosten für ein Waisenhaus. Die Pflanzung der Theresia-Stiftung für Waisen und bedürftige Kinder ist auch ein kleines Schulungszentrum für die ländliche Bevölkerung, um Menschen zu ermutigen, Moringa-Bäume in ihren Gehöften anzupflanzen.
Blätter, Blüten und Samen des Moringa olifeira. Foto: Fabian Vogt
Die Samen enthalten einen hohen Anteil an wertvollen Pflanzenölen, die auch bei Naturkosmetika und Seifenherstellung eingesetzt werden. Wichtig war früher das Behenöl, dass interessanterweise Uhrenmacher früher als Schmierstoff in Uhren verwendeten.
Die Samen können in gemahlener Form auch Wasser desinfizieren und reinigen. Das haben verschiedene wissenschaftliche Studien inzwischen erwiesen.
Der Flaschenbaum (Moringa ovalifolia)
Die zweite in Namibia verbreitete Moringa-Art, ovalifolia hat andere Charakteristika. Auffallend ist der hohe sukkulenten-ähnliche weiße Stamm, wie eine Flasche in den trockenen Wüsten- und Halbwüstengebieten Namibias. Diese Baumart wächst an felsigen Steilhängen. Die glatte und harzige Rinde reflektiert das Sonnenlicht und schützt das Innere und das dort gespeicherte Wasser des Baums vor Überhitzung. Durch den Wasserspeicher kann der Baum Trockenperioden überstehen. Die namibischen Ureinwohner, die San, haben früher vorsichtig die Stämme dieser Bäume angebohrt und das Wasser in kleinen Mengen getrunken. Sie haben die kleinen Löcher sorgfältig verschlossen. Ihnen war bewusst, dass die Bäume sterben würden, wenn das ganze Wasser ausgesaugt wird.
Ein Flaschenbaum im Damaraland im Nordwesten Namibias. Foto: Gondwana Collection
Die ovalen Blätter sind „doppelt gefiedert“ und weisen jeweils bis zu sieben Paare von ovalen Fiederblättchen und ein Endblättchen auf. Die Fiederblättchen können bis zu 25 mm lang werden.
Die ebenfalls weißen Blüten sind in Rispen angelegt, die später graubraune, dreieckige, lange Schoten bergen, die sich entlang dreier Klappen spalten und die geflügelten Samen ebenfalls mit Knallgeräuschen freigeben. Diese Baumart soll im Vergleich zu olifeira nur geringen medizinischen Nutzen haben.
Ein Moringa ovalifolia in Blüte. Foto: Gondwana Collection
Der Moringa ovalifolia ist in Namibia durch eine Naturschutzverordnung geschützt.
Bei den Epupa-Wasserfällen am Kunene-Fluss gibt es prächtige, hochgewachsene Exemplare des Moringa ovalifolia auf der Felseninsel. Auf der Fahrt dorthin stellt man fest, dass diese Moringa-Art gern in der Nähe von Affenbrotbäumen (Baobab) wächst.
Es lohnt sich Namibias Moringa-Bäume näher zu betrachten und einen kurzen Stop auf der Reise durch das Land einzulegen, um sie genauer anzuschauen.
An den Epupafällen wachsen viele Moringa ovalifolia. Foto: Gondwana Collection
Autorin dieses Beitrags ist Brigitte Weidlich.
Sie war nach ihrem Musik- und Germanistikstudium fast 20 Jahre lang als Berufsmusikerin tätig. Nebenbei machte sie Sendungen für das deutschsprachige Radio der Namibian Broadcasting Corporation (NBC). Inzwischen arbeitet Brigitte vollberuflich als freischaffende Journalistin im Print- und Rundfunksektor. Seit 2014 berichtet sie auch für Gondwana Collection. Für Fragen oder Anregungen ist sie zu erreichen unter info@namibiafocus.com.
SUBMIT YOUR COMMENT