Die Füße der jungen Tänzer in ihren bunten Lederschuhen bewegen sich zu den Melodien und Rhythmen der Musik. Die Reihe der Mädchen in bunten Kleidern im Patchwork-Stil und sorgfältig gebundenen Kopftüchern bewegt sich sanft und dreht sich; die Jungs wirbeln mit ihren komplizierten Schritten buchstäblich Staub auf, sie werden durch den Beifall der begeisterten Menge angespornt.
Die Jugendlichen strahlen vor Stolz, als sie nach dem traditionellen ‚Nama-Stap‘-Tanz ihren wohlverdienten Applaus erhalten – es war ein besonderer Anlass: die Eröffnung des jährlichen Nama-Festivals in Keetmanshoop im Süden Namibias mit mehreren hochrangigen Regierungsvertretern.
Das viertägige Festival dauerte vom 30. Mai bis 2. Juni 2019 und zog über 1.000 hauptsächlich Nama-sprechende Menschen aus Namibia, Südafrika und Botswana, aber auch aus anderen Bevölkerungsgruppen und Touristen an.
„Die Idee hinter diesem Festival ist es, unsere Kultur, Traditionen, Lieder und unser Erbe zu feiern, indem wir uns zusammenfinden, Geschichten, Musik und Gedichte in unserer Sprache anhören“, sagt Dawid Eigub, Vorsitzender des Organisationskomitees. „Es ist eine wichtige Plattform für uns, aber wir möchten sie mit allen Namibiern und internationalen Besuchern teilen“, fügt er hinzu.
Eine Nama-sprechende Frau aus dem 220 km entfernten Mariental drückte ihre Wertschätzung aus, als sie die verschiedenen Stände auf dem Keetmanshoop-Ausstellungsgelände besuchte. „Ich gehe sehr gerne hier herum und weil unsere traditionellen Lebensmittel und Medikamente sowie unsere hausgemachten Trachten, Kunsthandwerk und unsere Leder-Velskoene (traditionelle Lederschuhe) zum Kauf angeboten werden“, sagt sie. „Ich sehe hier, wie unseren jungen Leuten beigebracht wird, wie man eine traditionelle Hütte (|haru om) aus Binsenmatten baut, so wie es unsere Ältesten noch taten. Sie werden über die verschiedenen Vorbereitungen für eine traditionelle Nama-Hochzeit informiert“, lächelt sie.
Das jährliche Nama-Festival wurde 2018 eingeführt
Laut Eigub hatten junge Namasprechende 2017 die Idee, ein großes Treffen für die etwa ein Dutzend verschiedenen Nama-Clans und -Gemeinschaften zu organisieren. Darüber hinaus scheint die Inspiration auch von einem kleinen, aber erfolgreichen Nama-Festival in Lokgwabe im Süden Botswanas zu stammen, das seit 2016 stattfindet und wo Nachfahren des berühmten Nama-Chiefs Simon Kooper leben. Kooper und seine Männer waren vor über 100 Jahren in mehrere Gefechte mit deutscher kolonialer Schutztruppe in der Kalahari-Wüste in der Nähe des Auob-Flusses verwickelt. Kurz vor der letzten entscheidenden Schlacht im März 1908 gegen Hauptmann Friedrich von Erckert bei Seatsub in Botswana schlüpfte Kooper am Feind vorbei und ließ sich später bei Lokgwabe nieder.
Einer seiner Nachfahren, Nichodimas Cooper, nahm ebenfalls am diesjährigen Nama-Festival teil und auch schon 2018 am ersten Fest. „Es war eine wunderbare Veranstaltung. Unsere Leute (in Botswana) haben ihre Sprache und Kultur verloren, deshalb sind wir auch hierher gekommen. Die Nama in Botswana haben jahrelang auf ein Festival gehofft, das uns alle vereinen würde, und das geschah 2018“, sagte er der namibischen Nachrichtenagentur Nampa. „2020 jährt sich unser Nama-Festival in Botswana zum fünften Mal“, sagte Cooper jetzt in Keetmanshoop.
Einheit in der Vielfalt
Bei der diesjährigen offiziellen Eröffnung in Keetmanshoop sagte die Bildungs- und Kulturministerin Katrina Hanse-Himarwa, die eine Nama ist, dass es für die Namibier wichtig sei, ihre unterschiedlichen Kulturen und Hintergründe miteinander zu teilen. „Wir sind zuerst Namibier und dies ist unser gemeinsamer Nenner, bevor wir uns als Nama, Damara oder Herero empfinden“, betonte die Ministerin, „Einheit in der Vielfalt ist wichtig.“
Verschiedene Nama-Gemeinschaften existieren
Die einheimischen Nama oder Namaqua, auch bekannt als Rote Nation und Orlam, leben heute hauptsächlich im Süden Namibias und in der Nordkap-Provinz in Südafrika. Sie waren Nomaden und haben gemeinsame Khoikhoi-Ursprünge mit den San. Ihre sehr alte Sprache ist reich an verschiedenen Schnalzlauten. Im Ai-Ais Richterveld-Transfrontierpark entlang des Oranje-Flusses führen sie noch die traditionelle Lebensweise mit Viehhaltung und leicht zu errichtenden Hütten (|haru oms) aus Binsenmatten und Holzstangen weiter. Die heutige Gesamtbevölkerung der Nama in allen drei Ländern wird auf etwa 120.000 geschätzt, der etwa zwölf Gruppen angehören, darunter die Khaiǁkhaun (Rote Nation) in Hoachanas, die Hauptgruppe und der älteste Nama-Clan in Namibia; die ǃGamiǂnun (Bondelswarts) in Warmbad; die ǂAonin (südliche Topnaars) bei Rooibank in der Nähe von Walvis Bay, die ǃGomen (nördliche Topnaars) bei Sesfontein, die ǃKharakhoen (Fransman Nama) bei Gochas. Es gibt auch die ǁHawoben (Velschoendragers = Fellschuhträger) in Koës, die ǁOgain (Groot Doden) in Schlip, die ǁKhauǀgoan (Swartbooi Nama) in Rehoboth, später in Salem, Ameib sowie Franzfontein und die Kharoǃoan (Keetmanshoop Nama).
Mehrere Nama-Gruppen zogen vor etwa 150 bis 200 Jahren über den Oranje-Fluss nach Namibia, als Siedler in Südafrika weiter nach Norden zogen und ihr Land besetzten. Nachdem Namibia 1884 eine deutsche Kolonie wurde, kamen mehr Siedler ins Land, Grund und Boden der Einheimischen wurde zunehmend beansprucht.
Die Nama-Aufstände begannen im Oktober 1904 unter dem legendären Nama-Häuptling Hendrik Witbooi und wurden von Jacob Morenga sowie den Stammesführern Cornelius Frederiks und Simon Kooper fortgesetzt.
Der jetzige Chief Petrus Simon Kooper sagte auf dem diesjährigen Festival, dass die Nama seit der Kolonialisierung weite Gebiete verloren haben: „Wir müssen alle verstehen, dass unser angestammtes Land unser Erbe ist“, betonte er. Chief Kooper ist außerdem Vorsitzender der Nama Traditional Leaders Association (NTLA).
Nama-Festival für 2020 schon im Visier
Während die Zahl der Besucher in Keetmanshoop dieses Jahr im Vergleich zu 2018 leicht zurückging, sind die Organisatoren entschlossen, bereits für das dritte jährliche Nama-Festival im nächsten Jahr zu planen – für Ende Mai 2020.
Brigitte Weidlich
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