Der Norden Namibias bietet teilweise üppige Landschaften mit dichtem Gebüsch und hohen Bäumen. Eine Baumart sticht besonders hervor – der Baobab-Baum, auch Affenbrotbaum genannt.
Manche Einheimische meinen, Baobab-Bäume seien falsch herum gepflanzt worden, mit den Wurzeln nach oben. Einer Buschmann (San)-Legende zufolge hat der liebe Gott angeblich einen der Bäume in einem ärgerlichen Augenblick über die Mauer des Paradieses geworfen, wo er „kopfüber“ auf Mutter Erde landete. Nur der leicht glänzende braune Baumstamm und die Wurzeln waren sichtbar.
Fantasievolle Namen für die Baumriesen
Der Baobab-Baum wird auch „Tote-Ratte-Baum“ genannt (die Früchte sehen aus der Entfernung wie tote Ratten aus), oder Affenbrotbaum (Affen mögen die Früchte) und auch Creme-Tartar-Baum (Weinstein/Kaliumbitartrat). Letzteres weil die Flüssigkeit von in Wasser oder Milch eingeweichten Saatkörnern ein Ersatz für Weinstein beim Backen ist.
Das Wort „Baobab“ stammt aus dem Arabischen und bedeutet „Vater vieler Saaten“. Falls Sie sich fragen, woher der botanische Name Adansonia digitata stammt: Der französische Botaniker und Entdecker Michel Adanson hatte zum ersten Mal vor über 270 Jahren 1749 einen Affenbrotbaum im Senegal auf der Insel Sor gesehen. 'Digitata' weist auf Ziffern hin, genauer gesagt die fünf Finger einer Hand, denn die Baobab-Blätter bestehen gewöhnlich aus fünf kleinen Blättchen, die gemeinsam das große Blatt bilden.
Der Baobab ist ein sehr auffälliger Baum mit ungewöhnlichen Formen. Er kann eine Höhe bis zu zwanzig Metern erreichen und etwa 2.000 Jahre alt werden. Ältere Bäume haben einen enorm dicken Stamm der oft innen hohl ist. Eine neue Karbon-Methode ermöglicht inzwischen recht genaue Alterbstimmungen. Sogar Elefanten sehen klein aus, wenn sie unter einem Baobab-Baum stehen.
Viele Mythen und Legenden ranken sich um die majestätischen Bäume, die wie Relikte aus uralten Zeiten der Evolution unseres Planeten aussehen. Diese faszinierenden Baumgiganten haben mehr als tausend Jahre lang viele Ereignisse auf dem afrikanischen Kontinent miterlebt. Unzählige Generationen menschlicher Bewohner haben unter Baobabs Versammlungen gehalten. Die Bäume bieten seit uralten Zeiten auch Schutz für Mensch und Tier.
„Einen (alten) Affenbrotbaum zu berühren, bedeutet, sich mit Geschichte zu verbinden, das ist etwas Besonderes“, erklärt ein Dorfbewohner in der Sambesi-Region.
Berühmte Baobab-Bäume in Namibia
Knapp 50 km nordöstlich von Tsumeb in Richtung Tsintsabis ist auf der Farm Keibeb der erste große, bekannte Baobab zu finden. Schon am 2. Juli 1951 wurde er zum nationalen Denkmal erklärt. Eine öffentliche Schotterstraße führt zu diesem Baum.
Noch weiter im zentralen Norden steht bei Outapi (früher Ombalantu) der beeindruckende und 28 m hohe „Baum des Lebens“ – in der dort gebräuchlichen Landessprache als „Omukwa waa Mbalantu“ bekannt. Dieser Baobab hat einen Umfang von rund 26 m. Anders ausgedrückt braucht es 25 Erwachsene, diesen Baumstamm zu umfassen, wenn sie sich an den Händen halten.
Dieser Baobab wurde in den frühen 1800ter Jahren oft als Versteck für Dorfbewohner genutzt, wenn Stammesfehden den Frieden bedrohten. Der damalige Dorfälteste hatte den Baumstamm oben ausgehöhlt und 45 Dorfbewohner konnten sich darin verstecken.
Später wurde ein Eingang zu ebener Erde ausgehöhlt. Ab 1940 wurde dieser Raum im Baum als Postamt genutzt, einige Zeit als Bar und dann als Kirche. Dieser etwa 800 Jahre alte Baobab-Baum wächst weiter und trägt jedes Jahr Früchte. Er ist heute eine beliebte Touristenattraktion und Teil des „Ombalantu Baobab Heritage Centre“: Wenige Meter entfernt gibt es einen Campingplatz.
In Katima Mulilo in der Sambesi-Region steht ebenfalls ein sehenswerter Affenbrotbaum, wenn auch mit einem nicht sehr schmeichelhaften Ruf. Öffnet man die im Baumstamm angebrachte Tür, erblickt der erstaunte Betrachter eine Toilette mit Spülkasten! Diese Baumtoilette ist bei Touristen eines der begehrtesten Foto-Objekte in Katima Mulilo.
Dr. Livingstones Baum in der Sambesi-Region
Vor kurzem erlangte ein weiterer imposanter Baobab-Baum in Namibia Prominenz und das im Zusammenhang mit dem bekannten britischen Forscher und Entdecker Dr. David Livingstone. Die in Namibia lebende Reise-Autorin Konny von Schmettau nahm die Erzählungen der dort lebenden Mayeyi ernst, Livingstone habe das Gebiet vor über 160 Jahren besucht. Livingstone soll 1851 unter diesem Baum in der Nähe des Dorfes Malengalenga zwei Nächte übernachtet haben. Er soll seinen Namen und die Jahreszahl 1851 in den Baumstamm eingeritzt haben. Im August 2016 suchte Von Schmettau gemeinsam mit Patrick Makumba nach diesen Eingravierungen am Baum und ihr zufolge sind sie fündig geworden. Namibia hat nun auch einen „Livingstone (Baobab)Baum“ wie in Simbabwe. Dorfbewohner haben in Baumnähe sogar ein kleines „Livingstone-Museum“ errichtet. Bis 2016 war nur der „Livingstone Baobab“ in Simbabwe bei den Viktoriafällen bekannt gewesen. Jetzt gibt es auch einen in Namibia.
Mehrere Spezies bekannt
Affenbrotbäume sind eine einheimische Baumart in Afrika und kommen in Gebieten südlich der Sahara vor, zumeist in trockneren Savannen. Sie verlieren in der trockenen Jahreszeit ihre Blätter und die kahlen Äste der sonst in der Regenzeit recht üppigen Baumkrone sehen wie Wurzeln aus. Der Baumstamm hat eine metallisch-braune Farbe und wirkt wie aneinandergefügte Pfahlwurzeln. Manche Arten haben glatte Stämme. Berührt man den Stamm, fühlt sich die Rinde fast wie Leder an, nicht typisch hölzern. Die weichen schwamm-artigen Baumfasern können sehr viel Wasser im Baumstamm speichern, so überstehen die Bäume Trockenzeiten.
Es gibt neun Baobab-Arten, zwei in Afrika, die anderen kommen auf Madagaskar, der arabischen Halbinsel und in Australien vor. Baobabs wurden von Menschen auch in andere Gebiete gebracht und sind in der Karibik und auf den Kap Verde-Inseln zu finden.
Blüten und Früchte
Affenbrotbäume produzieren ihre ersten Früchte erst, wenn sie etwa 200 Jahre alt sind. Die schönen, becherförmigen Blüten sind cremig-weiß und recht groß, sie verwelken schon nach 24 Stunden. Die Bestäubung ist recht ungewöhnlich – Flughunde, Nachtfalter und kleine, nachtaktive flauschige Säugetiere mit großen Augen, die Buschbabys (Galagos), bestäuben die Blüten.
Die Blätter, Früchte, Rinde und Fasern der Baobabs werden von Mensch und Tier als Nahrung verwendet. In der traditionellen Heilmedizin sind die verschiedenen Bestandteilte des Baumes seit Jahrhunderten als wirksam bekannt.
Die Früchte sind hart, oval-förmig und etwa einen Kilogramm schwer. Das Fruchtfleisch ist weiß und schmackhaft. Es hat einen hohen Vitamin C Gehalt und enthält auch weitere Nährstoffe. Das aus den Früchten hergestellte Baobab-Puder soll zusätzlich oxidationshemmende Eigenschaften haben.
Aus den bohnenförmigen Fruchtkernen wird hochwertiges, hautwirksames Baobab-Öl hergestellt, das in den letzten Jahren zunehmend für die Kosmetik-Industrie wichtig geworden ist.
Einige Baobab-Bäume sterben
In den letzten Jahren ist beobachtet worden, dass mehrere über tausend Jahre alte Affenbrotbäume im südlichen Afrika eingestürzt und abgestorben sind. Die Ursachen sind unbekannt, Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang zwischen steigenden Temperaturen, zunehmender Trockenheit und dem Klimawandel.
Brigitte Weidlich
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