Vor 30 Jahren war das Land am Fischfluss Canyon überweidet und ausgelaugt. Nach jahrelanger schwerer Dürre blieb vielen Farmern kein anderer Ausweg, als ihre Farmen zu verkaufen und sich anderswo ein Auskommen zu suchen. Zu dieser Zeit wurde der Gondwana Canyon Park gegründet, der entscheidend zur Wiederherstellung des ökologischen Gleichgwichts am Fischfluss Canyon beigetragen hat.
Einst war das Land im Gleichgewicht
Früher herrschte in der Natur ein harmonisches Gleichgewicht. Es gab Wild in Hülle und Fülle. Nashörner und Giraffen lebten hier, und Springbockherden waren so groß, dass es Tage dauerte, bis eine Herde vorbeigezogen war. Die intensive Hitze, die in den Schluchten des Canyons entsteht und die die Wolken vertreibt, machte den Tieren nichts aus. Sie hatten sich den trockenen Bedingungen angepasst und folgten den vereinzelten Regenfällen.
Die ursprünglichen Bewohner dieser weiten Landschaft, die San (Buschleute), waren Jäger und Sammler, die der Natur nur das entnahmen, was sie zum Überleben brauchten. Auch das Hirtenvolk der Khoi lebte im Einklang mit der Natur. Das änderte sich Ende des 18. Jahrhunderts, als die westliche Welt mit schwerem Schritt daherkam und dem Land ihren Stempel aufdrückte. Raubbau und übermäßige Beanspruchung der Ressourcen brachten die Natur aus dem Gleichgewicht.
Gnus im Gondwana Canyon Park. Foto: Scott Hurd
Europäische Entdeckungsreisende, Großwildjäger und Händler überquerten den Gariep (Oranje) und drangen ins Groß-Namaqualand vor. Einige Wildarten wurden in dieser Gegend durch die Jagd ausgerottet. Handelsrouten aus der Kap-Provinz reichten immer weiter nach Norden und europäische Waren, allen voran Waffen und Alkohol, wurden gegen Rinder und Schafe getauscht. Das Volk der Oorlam und andere Gruppen aus der Kap-Provinz waren mit ihren Waffen und Pferden der einheimischen Bevölkerung überlegen. Sie führten Überfälle aus und waren auch bei der Jagd erfolgreicher.
Angesichts der steigenden Nachfrage nach Elfenbein, Straußenfedern, Klippspringerfellen als Satteldecken und Giraffenhaut zur Herstellung von langen Lederriemen (riempies, die vor allem für Ochsenwagengespanne sehr begehrt waren), nahmen die Wildbestände im heutigen Süden von Namibia rapide ab. Im frühen 19. Jahrhundert gab es dort keine Nashörner mehr, und 30 Jahre später waren auch die Giraffen verschwunden.
Dann trafen in mehreren Wellen Siedler ein. Die ersten kämpften gegen die Naturgewalten an, gegen Wasserknappheit und die unvermeidlichen Dürreperioden, und sie hielten jahrzehntelangen politischen Turbulenzen stand. Als Deutsch-Südwestafrika 1919 ein Mandatsgebiet der Union von Südafrika wurde, kamen Südafrikaner, die in der ehemaligen Kolonie zu farmen hofften. Die dritte Siedlerwelle in den Vierzigerjahren bestand ebenfalls vorwiegend aus Buren.
Die Nachfrage nach Land war so groß, dass die Neusiedler mit Land am Rande der Namib-Wüste oder am Fischfluss Canyon vorlieb nehmen musten, wo die jährliche Regenmenge sehr gering ist. Viele Siedler setzten ihre Hoffnungen irrtümlicherweise auf den sporadisch Wasser führenden Fischfluss, ohne jemals die Weideverhältnisse und die Tragfähigkeit des Landes zu berücksichtigen.
Kommerzielle Auswirkungen and ökologischer Kollaps
Gondwana Canyon Park. Fotos: Gondwana Collection Namibia
Die intensive Bewirtschaftung dieser Gegend begann Mitte des 20. Jahrhunderts, als erdverlegte Maschendrahtzäune, Bohrlöcher und die Installation von Wasserleitungen staatlich subventioniert wurden. Gleichzeitig wurde damit allerdings auch in das Ökosystem eines produktiven Graslandes eingegriffen. Und da die natürliche Migration des Wildes durch Zäune blockiert wurde, war das Überleben dieser Tiere ernstlich gefährdet. Hinzu kam, dass die Farmer bestrebt waren, in ihren weitläufigen Weidegehegen große Herden aufzubauen, statt wie die früheren Hirten mit kleinen Schafherden der verfügbaren Weide hinterherzuziehen.
Seltene Tiersichtung: Leopard im Gondwana Canyon Park. Foto: Fritz Curschmann
Die Auswirkungen auf das Land ließen nicht lange auf sich warten und wurden durch Dürreperioden zusätzlich erschwert. Mit ihrem Feldzug gegen Raubtiere griffen die Farmer weiter in das natürliche Gleichgewicht ein. Sie veranstalteten Treibjagden und legten Gifte wie Arsen und Strychnin aus. Dadurch wurden auch Aasfresser und kleine Raubtiere wie Ginsterkatze, Fuchs und Erdwolf getötet – und Raubvögel wie Adler und Geier. Die Dezimierung dieser Arten, die dafür sorgen, dass Insekten, Reptilien und Nager nicht überhand nehmen, brachte das Ökosystem noch mehr ins Wanken.
Die Kehrseite intensiver Landwirtschaft
Dem Zusammenbruch des lukrativen Geschäfts mit Karakulfellen folgte eine ausgedehnte Dürre, die von Mitte der 80er bis in die frühen 90er Jahre andauerte. In ihrer Verzweiflung begannen die Farmer, ihr karges Land zu verkaufen und in die Städte zu ziehen. Von den wenigen, die blieben, erlegten einige das noch vorhandene Wild, um kurzfristig Einnahmen zu erzielen.
Die erste Gondwana-Unterkunft, die nachhaltig betriebene Canyon Lodge, öffnete 1996 ihre Türen.Foto: Gondwana Collection
Zu dem Zeitpunkt, als eine Gruppe namibischer Geschäftsleute mit einer ausgeprägten naturschützerischen Philosophie das Pozential des Landes am östlichen Rand des Fischfluss Canyons erkannten, hatte das Zeitalter der Landbesitzer bereits seinen Lauf genommen. Die Gruppe kaufte zunächst eine überweidete Farm mit der Vision, sie für touristische Aktivitäten zu entwickeln und sie in ein Naturschutzgebiet zu verwandeln. Ihr war klar, dass die herkömmliche kommerzielle Farmerei langfristig nicht umweltverträglich war.
Sie hatte erkannt, dass Öko-Tourismus die einzige Art der nachhaltigen Nutzung des Landes war und das Pozential hatte, durch die Wiederherstellung des ursprünglichen Tier- und Pflanzenlebens die Waagschalen wieder ins Gleichgewicht zu bringen und mit der Zeit ein größeres Naturschutzgebiet zu finanzieren. Da sich diese Vision schwerlich von einer Handvoll Leute verwirklichen ließ, wurden gleichgesinnte Investoren gesucht. In den folgenden 30 Jahren wurde das Konzept eines großen Naturschutzgebietes, des Gondwana Canyon Parks, weiterentwickelt. Aus der Vision entstand das Tourismusunternehmen Gondwana Collection Namibia.
Die Wiederherstellung des natürlichen Gleichgewichts
Im Jahr 2006 wurden im Gondwana Canyon Park Kuhantilopen wiederangesiedelt. Foto: Gondwana Collection
Im Laufe der Jahre wurden weitere benachbarte Farmen am Fischfluss Canyon erworben. Alle inneren Zäune wurden abgebaut und die Relikte der Schafzucht entfernt. Durch Nachforschungen wurde ermittelt, welche Tierarten ursprünglich in dieser Gegend vorkamen. Schrittweise wurden Kuhantilopen, Gnus, Steppenzebras, Giraffen und schwarze Nashörner wieder angesiedelt.
Heute ist der Gondwana Canyon Park ein riesiges Naturschutzgebiet von 116.000 Hektar (1.160 km2), das mit hochqualifizierten Parkwärtern und Wildhütern professionell geführt wird. Zu den formellen Management-Aufgaben gehören eine jährliche Wildzählung, die kontinuierliche Überwachung der natürlichen Ressourcen, die Katalogisierung der Artenvielfalt, die Verwaltung der Wasserinstallationen, Forschung und Fortbildung, die Kontrolle fremder Arten, Anti-Wilderei Patrouillen und die Instandhaltung der Außenzäune.
Im Gondwana Canyon Park werden als Teil eines umfassenden Parkmanagementplans jedes Jahr Wildzählungen durchgeführt. Foto: Gondwana Collection
Da Mobilität der wichtigste Überlebensmechanismus des Wildes in Trockengebieten ist, wurde eine Reihe von Zusammenkünften mit benachbarten Landbesitzern und Treuhändern, darunter der angrenzende Ai-Ais/Fish River Canyon National Park, initiiert, um zusammen einen gemeinsam verwalteten ausgedehnten Fischfluss Canyon Komplex zu gründen.
Das Land reagiert sehr gut auf das neue Gleichgewicht. Die Pflanzenwelt hat sich im Laufe der Jahre erholt, und der Wildbestand steigt stetig an. Seit die Zäune verschwunden sind, können die Tiere wieder ungehindert mit den vereinzelten Regenfällen ziehen. Die Renaturierung des weiteren Gebietes greift mit lebensbejahender Wirkung um sich.
Giraffen wurden 2013 wieder im Gondwana Canyon Park eingeführt. Foto: Gondwana Collection
Autorin: Ron Swilling
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