Namibia Focus

Unterwegs: von den wilden Pferden bis in die spektakuläre Namib

Geschrieben von Namibia Focus | Sep 18, 2018 5:00:37 AM

Auf der Namib Desert Route durch Landschaften, die zu den schönsten in Afrika gehören...

Es ist ein gutes Gefühl wieder unterwegs zu sein. Der Aufenthalt in Klein-Aus Vista, behaglich in den Schoß der Aus-Berge geschmiegt, war erholsam: Wanderungen durch die Granit-Hügel, inspirierende Besuche bei den wilden Pferden und die Erkundung faszinierender alter Diamant-Siedlungen in der Umgebung von Lüderitz. Aber jetzt geht es weiter, denn Sie spüren den Ruf des weiten Landes. Es ist ein prickelndes Gefühl: Spannung gemischt mit einer Ahnung der zu erwartenden Wunder – und es ist Ihnen, als hörten Sie die große alte Dame, die Namib, aus ferner Vergangenheit raunen.

Namibia, Sonnenschein und einsame Weiten.

 

Ich höre sie meinen Namen flüstern, als ich von der B4 auf die Schotterstraße nach Norden abbiege. Die Stimme wird lauter, als ich auf der D707 weiterfahre. Es ist die Straße, die an den Dünen des Namib-Naukluft-Parks entlangführt, wie eine Hommage an die Tiras-Berge. Orangefarbene Hänge leuchten in der Sonne und Oryx-Antilopen schauen nach stolzer Antilopen-Manier zu mir herüber, die langen Hörnern gen Himmel gerichtet. Sie sind die stattlichen Kinder der Wüste, perfekt angepasst, um in diesen trockenen Landstrichen Futter zu finden und zu gedeihen. Wenn ich sie am Straßenrand sehe, bremse ich ab und lasse ihnen Vortritt.

Ssssssstopp! Mit einer Staubwolke komme ich zum Stehen, denn mir fällt wieder der rostige Kasten ein, den ich bei meiner letzten Fahrt in diesem Teil der Wüste entdeckt hatte. Ich vermutete, dass er einst für Lieferungen an die Nachbarfarm verwendet wurde, und in meiner Fantasie nahm er die Bedeutung einer Schatzkiste an. Ich hatte ihn geöffnet und in seinen Tiefen eine Dose Sprite gefunden, die ich gegen eine Tüte NikNaks tauschte – eine ausgleichende Geste für den nächsten Finder. Als ich weiterfuhr, nippte ich vergnügt an dem süßen Sprudelgetränk. Was mochte diesmal in dem Kasten sein? Ich öffne ihn ganz langsam – und finde eine Flasche Wasser vor. Für den nächsten glücklichen Reisenden hinterlasse ich ein Päckchen Erdnüsse und Rosinen. Hoffentlich wird die Tradition fortgesetzt.

Weit und breit ist kein anderes Fahrzeug in Sicht und genüßlich atme ich die warme, reine Luft unter dem freundlichen blauen Himmel ein. Ich könnte Stunden hier verbringen, um die Schönheit meiner Umgebung auf mich wirken zu lassen, aber an meinem Ziel, der Namib Desert Lodge, erwartet mich eine der spektakulärsten Landschaften dieser Route – um nicht zu sagen unseres Planeten.

Also weiter auf dieser bezaubernden (bisweilen sandigen) Straße. Ich genieße jeden Augenblick und die Gelegenheit, in der wundervollen Namib-Wüste unterwegs zu sein. Schließlich erreiche ich die C27 und lege in Betta eine Pause ein, löffle eine herzhafte Suppe und nehme leckere hausgebackene Kekse als Proviant mit. Die herrliche Landschaft begleitet mich weiter durch das zaunlose Naturschutzgebiet Namib Rand Nature Reserve. Im Geiste sage ich ein großes "Dankeschön" für diese Landstriche ohne Zaun und halte an, um eine Gruppe Zebras mit neu geborenen Fohlen zu beobachten. Plötzlich unterbricht ein Krächzen die Stille der Wüste. Überrascht schaue ich mich um und entdecke auf dem steinigen Boden ein fröhlich rufendes Trappen-Paar.

Blick über die Namib auf die Naukluft-Berge.

 

Geschäftiges Treiben herrscht in Sesriem. Die kleine Ortschaft ist das Tor in den ausgedehnten Namib-Naukluft Park und zu den rund sechzig Kilometer entfernten Dünen am Sossusvlei. Doch das ist ein Ausflug für den nächsten Tag, denn die Sonne steht schon hoch am Himmel. Auf dieser Strecke bekomme ich immer das Gefühl, ich sei in eine andere Welt versetzt worden, wo alles Vertraute schwindet. Es ist, als ob ich meine eigene Szene in der „Herr der Ringe“ betrete, und ich frage mich, ob ich wohl den Königen dieser erhabenen Berge aus Sand begegnen werde. Sie halten sich verborgen, doch ich stelle mir vor, wie sie dort oben sitzen und ihre goldenen Kelche zum königlichen Willkommensgruß erheben.

Deadvlei mit den wohl meist fotografierten Baumskeletten der Welt.

 

Am Sossusvlei-Parkplatz steige ich in einen Shuttle, um das Fahren auf losem Sand zu vermeiden. Einen Kilometer vor dem Deadvlei heißt es aussteigen und zu Fuß weitergehen. Während ich zu der kalkigen Pfanne stapfe, deren abgestorbene Kameldornbäume sich von den glatten Dünen abheben, machen sich die letzten Besucher in umgekehrte Richtung auf den Heimweg. Ich befinde mich alleine in der uralten Pfanne. Ein Falke beäugt mich von einem Baumwipfel. Stille umgibt uns. Eine schwere alte Stille, die in die Pfanne sackt, zugleich aber in die blaue Weite aufsteigt und in der Luft zu schweben scheint. Ich habe die seltsame Vorstellung, dass die Bäume gerade mitten in einem Statuen-Spiel sind und Walzer tanzen werden, sobald ich den Rückweg antrete. Die gewölbte Pfanne ist wie ein Ballsaal aus längst vergangenen Zeiten. Ich fotografiere die malerische Kulisse und dann überlasse ich die Bäume ihrem Tanz. Hoffentlich geben ihnen die nächsten Besucher genügend Zeit für ein paar Melodien.

Die Fahrt zum Sossusvlei ist nur kurz. Im Laufe der Zeit ist mir klar geworden, dass man eine Gesamtansicht nur aus der Höhe haben kann. Also kämpfe ich mich den sandigen Hang der Big Mama Düne hinauf, um mir einen guten Blick auf diese Pfanne zu verschaffen. Nur selten füllt sie sich mit Wasser: nur wenn gelegentlich der Tsauchab durch den Sesriem Canyon braust. Grüne Kameldornbäume säumen sein ansonsten trockenes Flussbett bis zum Sossusvlei, wo ihm die massiven Dünen Einhalt gebieten. Ist die Pfanne gefüllt, geht es nicht weiter. Aber dann zieht sie Wasservögel an, lädt den Wind ein, die Oberfläche zu kräuseln, bis alles Nass vom Erdboden aufgesogen ist. Die Schönheit ist betörend aus dieser Höhe.

Der Sesriem Canyon erhielt seinen Namen von den sechs Riemen, die aneinandergeknüpft werden mussten, um von oben Wasser in einem Eimer aus dem Canyon zu ziehen.

 

Jetzt habe ich es eilig, zur Namib Desert Lodge zu kommen. Nach einem Blick auf den Sonnenstand beschließe ich jedoch, noch einen Abstecher zum Sesriem Canyon zu machen, bevor ich auf der vielbefahrenen Schotterstraße mein Ziel ansteuere. Es ist ein kleiner Canyon, und auch hier bin ich erstaunlicherweise allein. Ich steige hinab in die Tiefe, wo das Gurren von Tauben von den Felswänden widerhallt. Aus meiner traumwandlerischen Klettertour werde ich jäh wachgeschreckt, als ich fast auf eine perfekt im Sand getarnt liegende Hornviper getreten wäre. Noch auf dem Weg zurück zum Auto schlägt mir das Herz bis zum Hals.

Giraffen im Gondwana Namib Park vor den uralten versteinerten Dünen der Namib.

 

Ich bin hellwach, als ich durch diese vielbesuchte Gegend weiterfahre. Nicht nur hoch aufragende Dünen befinden sich hier, sondern auch majestätische, Ehrfurcht gebietende Berge. Nach weiteren 60 Kilometern Richtung Norden erreiche ich die Einfahrt zur Namib Desert Lodge und halte auf die versteinerten roten Dünen zu, die eine dramatische Kulisse bilden.

Gästebungalow der Namib Desert Lodge.

 

Ich könnte jetzt an einer geführten Sonnenuntergangsfahrt teilnehmen, um die Eindrücke der einzigartigen Umgebung zu vertiefen, aber ich habe mich entschieden, die erste Nacht im traulichen Dune Star Camp auf dem Kamm der Dünen zu verbringen, das der Lodge angegliedert ist. Ich komme gerade rechtzeitig, um dort den Sonnenuntergang zu beobachten. Kein Zweifel: himmlische Scharen lassen ihre Kreativität spielen, oder ein Team von weisen Zauberern schwingt den Zauberstab. Die Landschaft wird kupferfarben, dann golden. Ich habe einen Drink zur Hand und fühle mich wie in einem Füllhorn der irdischen Köstlichkeiten. Besser kann es nicht werden. LEBEN nimmt hier eine neue Bedeutung an, desgleichen seine schiere Schönheit inmitten unserer täglichen Herausforderungen und Nöte. Einen kurzen Augenblick lang verstehe ich alles, und alles erscheint vollkommen sinnvoll. Dann verbeugt sich die Sonne ein letztes Mal, bevor sie hinter einer Düne versinkt. Der Himmel färbt sich leuchtend rot und schickt bald darauf sein Aufgebot an Sternen aus, um das Schauspiel fortzusetzen.

Das Namib Dune Star Camp gewärt einen atemberaubenden Blick auf die Namib.

 

Verlockende Düfte rufen uns zu einem leckeren Abendessen in die warme Blockhütte. Wir tauschen die Erfahrungen aus, die wir auf der Reise durch dieses besondere Land gemacht haben. Schließlich wollen meine Augen nur noch zufallen, und ich freue mich schon auf ein anderes Highlight von Dune Star: Ich kann mein Bett auf meine Terrasse schieben und die Nacht unter dem zunehmenden Mond und dem mit Sternen übersäten Firmament verbringen. Ich schaue zu, wie der Skorpion den Orion über den Himmel verfolgt und denke darüber nach, dass es Lichtjahre braucht, bis uns das Leuchten vom Kreuz des Südens erreicht. Dann kann ich die Augen nicht mehr offen halten und gebe mich der tiefen, erholsamen Stille der Namib hin.

Ron Swilling