Zwei namibische Familien und ihre Freunde aus Österreich hatten auf einer Camping-Tour in Namibia kürzlich eine seltene und faszinierende Begegnung mit einer scheuen Kreatur voller Schuppen.
"Unser Reiseleiter erklärte uns, es sei ein schuppiger Ameisenfresser, auch Pangolin genannt, und dass diese Tiere seit Millionen von Jahren existieren, aber heute gefährdet sind", sagte der zehnjährige Sohn der österreichischen Familie anderen Kindern am Campingplatz, immer noch aufgeregt von dem Erlebnis.
"Es sieht aus wie ein kleiner Dinosaurier", fügte er hinzu.
In der Tat erinnert der etwas seltsam aussehende Pangolin (der Ordnung Pholidota) mit seiner schuppigen Rüstung den Betrachter an uralte Zeiten auf unserem Planeten.
Schuppentiere sind die einzigen Säugetiere mit Schuppen und sehen aus wie ein wandelnder Tannenzapfen.
Pangoline sind hauptsächlich nachtaktiv und leben von Ameisen und Termiten. Sie halten diese Populationen auf diese Weise in Schach.
Wenn sie Gefahr spüren, rollen sie sich schnell zusammen; sie wickeln den Schwanz um ihren Körper, verstecken das Gesicht und sehen aus wie eine Metallkugel. Wenn Löwenwelpen einen zusammengerollten Pangolin entdecken, rollen sie ihn gerne herum, als würden sie Ball spielen.
Foto: Masteraah (Wikipedia)
Es ist bedauerlich, dass die Schuppen aus Keratin bestehen - eine Substanz aus der auch menschliche Fingernägel und Zehennägel gemacht sind. Deshalb sind die Schuppen aus medizinischen Gründen in asiatischen Ländern sehr gefragt.
Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis dafür, dass Pangolin-Schuppen Heilkräfte haben, aber Pangoline sind derzeit die am meisten gehandelten Tiere der Welt. Ihr Fleisch gilt als Delikatesse in der asiatischen Küche.
Ihre großen, überlappenden Keratin-Schuppen sind aus der gleichen Substanz, aus denen die Hörner eines Nashorns bestehen. Nashörner werden jedoch auch aufgrund des falschen Glaubens in Asien gewildert, dass ihre Hörner für Medikamente verwendet werden können.
Es gibt acht Pangolin-Arten, vier in Asien und vier in Afrika. Alle von ihnen sind international als bedroht eingestuft. Im Jahr 2016 haben die 186 Länder beim Kongress über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten (CITES) für das Handelsverbot mit Pangolinen ab 2017 gestimmt. CITES ist der Vertrag, der den internationalen Wildtierhandel reguliert.
Der namibischen Umweltkammer (NCE) zufolge, existiert in Namibia nur eine Pangolin-Art, der Temmincks-Bodenpangolin (Smutsia temminckii), auch bekannt als Kap-Pangolin oder schuppiger Ameisenfresser.
Es wird auf der roten Liste der bedrohten Arten der Internationalen Union für die Erhaltung der Natur geführt.
Laut Wikipedia wird der Name "Pangolin" von dem malaiischen Wort, "pingguling" abgeleitet, was bedeutet "sich aufrollen".
Pangoline haben keine Zähne, sie verlassen sich auf ihre Zunge, um Ameisen und Termiten zu sammeln, nachdem sie Ameisennester und Termitenhügel mit ihren starken Vorderfüßen, die lange Krallen haben, aufgekratzt haben.
Es ist nicht bekannt, wie lange Pangoline leben. Sie sind Einzelgänger, die sich einmal im Jahr paaren. Die Weibchen bringen normalerweise ein Junges zur Welt, das in den ersten Wochen auf dem Rücken der Mutter getragen wird.
Die "eingeschränkte" Diät von Schuppentieren erschwert es, sie übergangsweise zu ernähren, wenn sie von Schmugglern beschlagnahmt wurden und bevor sie in einer sicheren, neuen Umgebung freigelassen werden können.
"Der Schutz und die Erhaltung von Schuppentieren in Namibia sind somit eine komplexe und dringende Angelegenheit, die eine engmaschige Zusammenarbeit vieler Organisationen erfordert. Diese reichen von ländlichen Gemeinden und Farmern bis hin zu Strafverfolgungsbehörden, Informanden, Naturschutzbeamten, Tierärzten, Rehabilitationseinrichtungen, Forschern, Wissenschaftlern , Nichtregierungsorganisationen und Spendern", schreibt die US-Wissenschaftlerin Kelsey Prediger. Sie lebt seit einigen Jahren in Namibia und hat die "Pangolin Conservation and Research Foundation" gegründet.
Ihre Forschung umfasst auch die Satellitenverfolgung mehrerer Pangoline in Namibia.
Das Ministerium für Umwelt, Forstwirtschaft und Tourismus (MEFT) identifizierte die Notwendigkeit einer nationalen Arbeitsgruppe, der Namibian Pangolin Working Group (NPWG) als Teil der fünfjährigen nationalen Sicherheitsstrategie Namibias zur Bekämpfung von Wildtierkriminalität.
Sie wurde im April 2020 eingerichtet, einschließlich der Vertretung des privaten Sektors. Die NPWG koordiniert und treibt den Erhalt der Schuppentiere und ihre Erforschung in Namibia an.
Lebende Pangoline, die von illegalen Händlern beschlagnahmt werden, sind laut Prediger "häufig abgemagert, dehydriert und traumatisiert".
Daher setzt die NPWG klare Richtlinien für Transport, Pflege und Rehabilitation der Tiere sowie Kontaktlisten für Veterinärkliniken und andere relevante Organisationen.
Diese Informationen wurden an alle 14 Regionen in Namibia zusammen mit einem Schulungslehrplan verteilt, der sich an Ersthelfer aus dem MEFT und der namibischen Polizei (NamPol) richtet.
Die erste Schulung fand im November 2020 für ungefähr 40 Naturschutzbeauftragte statt. Die Kurse werden fortgesetzt.
Die namibische Umweltkammer und der Umwelt-Rooikat-Trust haben Pangolin-Transportboxen gespendet. Dies soll sicherstellen, dass alle Regionen einen sicheren Ort haben, an dem sie beschlagnahmte Pangoline halten und weiterleiten können.
Die beiden Organisationen gründeten auch einen Pangolin-Notfallfonds, um die Kosten für tierärztliche Versorgung und Rehabilitation für gerettete Tiere zu unterstützen.
Viele Anstrengungen, Zeit und Geld werden also in die Rettung, das Überleben und den Schutz der Pangoline in Namibia investiert und setzen ein gutes Beispiel für andere afrikanische Länder.
Ein aktuelles Projekt mit Sekundarschulen hat nicht nur Lob bekommen, sondern auch das Bewusstsein für die Notlage der Schuppentiere geschärft.
Im vergangenen Jahr wurde von der Umweltexpertin Liz Komen mit Unterstützung vom MEFT und Spendern ein Informationspaket über Schuppentiere an Sekundarschüler geschickt.
Das Thema war "Jede Schuppe zählt - Pangolin und Wildtierkriminalität".
"Um zu zeigen, wie Schuppentiere und Wildtierverbrechen sich auf den namibischen Lehrplan beziehen, haben wir jedes der Sekundarschulfächer in eine oder mehrere Umweltsäulen eingefügt: kulturell, sozial, wirtschaftlich, politisch und naturbezogen", schrieb Komen auf der Online-Plattform "Conservation Namibia".
Jugendliche aus 36 Schulen in elf von Namibias 14 Regionen reichten über 160 Aufsätze ein. Die besten erhielten Auszeichnungen.
Parallel dazu wurde in der Galerie der Namibia Arts Association in Windhoek eine Kunstausstellung organisiert. Künstler in Namibia wurden eingeladen, Kunstwerke zu diesem Thema einzureichen.
Diese Projekte haben das öffentliche Bewusstsein definitiv erhöht.
Um das Bewusstsein weiter zu schärfen und Spenden zum Schutz der Schuppentiere zu sammeln, wurde vor einigen Jahren ein internationaler Tag für den Pangolin erklärt. Er wird jeden dritten Samstag im Februar begangen. In diesem Jahr war es der 18. Februar. In Namibia fand er in Form eines Informations- und Spaßtages für die ganze Familie am Avis-Damm direkt außerhalb von Windhoek statt.
Autorin dieses Beitrags ist Brigitte Weidlich.
Sie war nach ihrem Musik- und Germanistikstudium fast 20 Jahre lang als Berufsmusikerin tätig. Nebenbei machte sie Sendungen für das deutschsprachige Radio der Namibian Broadcasting Corporation (NBC). Inzwischen arbeitet Brigitte vollberuflich als freischaffende Journalistin im Print- und Rundfunksektor. Seit 2014 berichtet sie auch für Gondwana Collection. Für Fragen oder Anregungen ist sie zu erreichen unter info@namibiafocus.com.