Vor 25 Jahren wurde das Nashorn-Verwahrungsprojekt (Black rhino custodianship) in Namibia ins Leben gerufen, um den Spitzmaulnashornbestand des Landes zu erhöhen und zu verteilen und um einen besseren Schutz vor Krankheiten, Naturkatastrophen und Wilderern zu gewährleisten. Zudem soll bis zum Jahre 2030 der Bestand des hiesigen Schwarzen Nashorns oder Spitzmaulnashorns der Unterart Diceros bicornis bicornis in seinem ehemaligen Verbreitungsgebiet wieder angesiedelt sein.
Für den selbstlosen Einsatz wurden die 25 kommerziellen Farmer und Privatunternehmen sowie zehn kommunale Hegegebiete, die alle Teil des Verwahrungsprojektes sind, vom Namibia Berufsjagdverbandes (NAPHA) als Naturschützer des Jahres 2019 ausgezeichnet. Stellvertretend für die 35 Teilnehmer des Projektes nahm der Rinder- und Wildfarmer Siegfried Wilckens die Auszeichnung, einen Wanderpokal und eine Urkunde, in Empfang. Zahlreiche Nashornbetreuer sind NAPHA-Mitglieder.
In Namibia gehören alle Schwarzen Nashörner dem Staat. Die meisten leben in Naturschutzgebieten und auf Staatsland außerhalb von Schutzgebieten. Am 14. April 1993 wurden die ersten sechs Spitzmaulnashörner im Rahmen des Verwahrungsprojekts auf eine private Wildfarm gebracht, nachdem das Ministerium für Umwelt und Tourismus mit dem Besitzer ein Übereinkommen unterzeichnet hatte. Weitere fünf Nashörner wurden am 29. Juli desselben Jahres auf eine weitere private Farm umgesiedelt. Die beiden Farmen hatten zusammen eine Fläche von 29 300 Hektar. Heute ist die Fläche, auf der Schwarze Nashörner von Wildfarmern, Privatunternehmen und kommunalen Hegegebieten betreut werden, auf 796 900 ha angewachsen. Über 500 Dickhäuter leben dort. Gondwana Collection Namibia ist Teil dieses einmaligen und bisher sehr erfolgreichen Projektes.
Der Zuwachs in diesen Gebieten ist höher als in ihrem ursprünglichen Lebensraum, was darauf zurückzuführen ist, dass hauptsächlich junge Kühe und junge Bullen umgesiedelt werden. Bei den Bullen, die gemeinsam in ein neues Gebiet eingesetzt werden, muss einer immer etwas älter sein, um die Rolle des dominanten Bullen (Zuchtbullen) zu übernehmen und unnötige Machtkämpfe zu vermeiden. Sobald der Bestand eine Zahl erreicht hat, die an die Obergrenze der Tragkraft des Gebietes reicht, werden einige der Nachkommen auf den nächsten Farmen ausgesetzt.
Bevor die Wilderei im Jahre 2014 in Namibia Einzug gehalten hat, lag der Zuwachs der Spitzmaulnashörner landesweit bei 6 Prozent. Seitdem ist der Anstieg des Bestandes auf 3,6 % gesunken. Anfänglich wurden vorrangig Nashörner aus dem Etosha-Nationalpark an die Betreuer vergeben. Später folgten einige Nashörner vom Waterberg-Plateaupark und Jahre später einige freilebende Dickhäuter aus der Kunene-Region. Schließlich konnten Tiere aus dem Projekt selbst genutzt werden. Dies sind derzeit 30 Prozent der Nashörner.
Die Teilnehmer haben keine direkten Vorteile durch die Nashörner, da sie nach wie vor Staatseigentum sind. Sie dürfen weder verkauft noch bejagt werden und nur touristisch genutzt werden (Fotosafaris). Hier halten sich die Betreuer jedoch sehr zurück, da man wegen der skrupellosen Wilderer nicht bekannt geben möchte, wo die Nashörner zu finden sind. Für die Betreuer entstehen eher Kosten als finanzielle Vorteile, da die Farmer und kommunalen Hegegebiete für die Sicherheit der Tiere und in Zeiten wie der jetzigen Dürre auch für Futter und Wasser für die Spitzmaulnashörner sorgen müssen.
Durch die verheerende Dürre und die wirtschaftliche Lage im Lande sind die Nashornbetreuer in eine sehr schwierige Lage geraten, da der finanzielle Druck enorm geworden ist und die Gefahr der Wilderei drastisch zugenommen hat. Das Umweltministerium schützt seine Parks inzwischen mit Hilfe der Polizei und Armee, weshalb die Wilderer auf Privatfarmen ausweichen. Es werden dringend Initiativen benötigt, um das Projekt erfolgreich weiterführen zu können.
„Mein Sohn hat die Farmerei übernommen und allein die Sicherheit für die Nashörner kostet jährlich 500 000 bis 600 000 Namibia Dollar. Da ist noch kein Futter zugerechnet“, sagte Wilckens während seiner Dankesrede. Viele der Nashorn-Betreuer sind Jagdfarmer, die Trophäenjagd deckt nur einen Teil der Kosten. Der Verkauf von Wild ist im Augenblick zum Erliegen gekommen. Niemand möchte Wild kaufen, da kein Futter vorhanden ist. Selbst in den nächsten Jahren wird der Verkauf von Wild sehr eingeschränkt sein, da es sich Farmer nach der Dürre nicht leisten können, Wildtiere zu erwerben. Sponsoren sind dringend gefragt, nicht nur unseren Nashörnern in den Nationalparks zu helfen, sondern vor allem jenen auf den Farmen, wo sie von Privatpersonen betreut werden.
Die Schwarzen Nashörner oder Spitzmaulnashörner Namibias gehören nicht dem Staat, den kommunalen Hegegebieten, in denen sie noch freilebend vorkommen, oder den Betreuern des Verwahrungsprojektes, sondern uns allen!
Dirk Heinrich