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Namibias schnelle Wanderdünen - ihr Staub landet am Südpol

Geschrieben von Namibia Focus | Feb 24, 2023 3:45:35 PM

Namibia ist in gewisser Weise ein faszinierendes „Land der Extreme“ mit Landschaften, die von Savannen, staubigen Wüsten und hohen Bergketten bis hin zu üppigen subtropischen Landschaften entlang der Flüsse Okavango und Sambesi reichen.

Das Land hat die höchsten Wanderdünen der Welt, wie am Tourismus-Hotspot Sossusvlei. Aber wussten Sie, dass sie jetzt auch zu den sich am schnellsten bewegenden Dünen der Welt gehören und das seit einer Million Jahre?

Einige "rasende" Dünen im Sperrgebiet schafften einen Rekord von 83 Metern pro Jahr und zwar in nördlicher Richtung, angetrieben von starken Süd- und Südwestwinden. Das ist das faszinierende Ergebnis der neuesten wissenschaftlichen Forschung, nachdem Satellitenfotos der Namib-Wüste analysiert wurden.

Als ob das nicht genug wäre, enthüllte eine andere Gruppe von Wissenschaftlern im Januar, dass Sand- und Staubpartikel aus Namibia Tausende von Kilometern bis zum Südpol transportiert werden!

Bodenproben von beiden Standorten wurden entnommen, verglichen und für übereinstimmend befunden. Dies hilft Wissenschaftlern, vergangene Klimamuster und zukünftige Trends besser zu verstehen.

DIe Stellen, wo die Staubproben entnommen wurden. Grafik: Universität Montreal


Kleinere Dünen schneller als Halbmond-Dünen

Namibias großer Dünengürtel endet abrupt am Südufer des Kuiseb-Flusses bei Walvis Bay, mit vergleichsweise wenigen Dünen nahe der Atlantikküste bis hin zu Swakopmund als Ausnahme.

Forscher des Desert Research Institute (USA) und des US Smithsonian Institute nutzten Satellitenbeobachtungen des Advanced Spaceborne Thermal Emission and Reflection Radiometer (ASTER) auf dem Terra-Satelliten der NASA, um die Bewegung der namibischen Dünen über einen Zeitraum von acht Jahren bis 2022 zu untersuchen. Die durchschnittliche Geschwindigkeit, mit der sich die Dünen in diesem Gebiet bewegten, lag zwischen sieben und 32 Metern pro Jahr.

Große Dünen, die größtenteils im Sandmeer zu finden sind, behielten ihre Form bei und bewegten sich laut den Forschern etwa neun Meter pro Jahr. Einige der kleineren Dünen waren viel schneller, manche bewegten sich in den analysierten Zeitrahmen bis zu 83 Meter im Jahr.

"Die kleineren Dünen tauchten auf und verschwanden. Die Verfolgung von Dünen mit Satellitenbildern über Jahre und Jahrzehnte zeigt, dass kleinere Dünen regelmäßig auftauchen und an größeren sichelförmigen Barchan-Dünen vorbeiziehen", heißt es in dem kürzlich veröffentlichten wissenschaftlichen Bericht.

„Dies ist ein sehr energiereiches Windregime mit starken Südwinden. Es ist eine der windigsten Wüstenregionen der Welt“, sagte Nick Lancaster, ein Dünenexperte und emeritierter Forschungsprofessor am Desert Research Institute (USA). „Dadurch gehören die Dünen des Sperrgebiets zu den sich am schnellsten bewegenden Dünen der Welt.“

Die schnelle Bewegung der Dünen wird in der Serie von Landsat-8 und 9-Bildern gezeigt, die zwischen 2013 und 2022 aufgenommen wurden. Für das animierte Bild wurde ein Bild pro Jahr verwendet.

Die Bilder zeigen eine Gruppe halbmondförmiger Barchan-Dünen und linearer Querdünen im Sperrgebiet der südlichen Namib. „Die Dünen sind in den letzten Jahrzehnten mehrere Kilometer nach Norden gewandert“, heißt es in dem Bericht.

Ein Sandmeeer aus Dünen entlang Namibias Südküste. Foto: NASA Earth Observatory

Die Bewegung wird dadurch verursacht, dass Sand von der Luvseite der Dünen weggeblasen (erodiert) und auf der Leeseite (Gleitwand) abgelagert wird. Größere Dünen bewegen sich langsamer, weil mehr Sand abgetragen wird als bei kleineren Dünen.

„Es ist wichtig zu wissen, wie man Dünenbewegungen aus der Ferne verfolgen kann, weil es Orte in Peru, Ägypten, Katar und anderen Ländern gibt, an denen wandernde Barchan-Dünen Infrastruktur und Ernten schädigen können“, erklärte der Ko-Autor der Studie, Stephen Scheidt. Heute ist er Forscher am Goddard Space Flight Center der NASA. „Es ist auch nützlich, Modelle zu entwickeln und zu testen, wie die Winde und die Atmosphäre auf dem Mars und der Erde funktionieren.“

Ursprünge des Sandes, der Namibias Dünen formt

So viele Besucher, die Namibias Dünen bewundern, einschließlich der uralten, versteinerten Dünen in der Nähe von der Gondwana Namib Desert Lodge, fragen sich, woher der ganze Sand kommt, den die Winde fast täglich mit sich bringen.

Die Namib Desert Lodge liegt am Fuße versteinerter Dünen der Namib. Foto: Gondwana Collection

Der Sand wird von den starken Winden hauptsächlich aus den alten Sandschichten am Oranjefluss abgetragen, der Namibias südliche Grenze zu Südafrika bildet. Der Namib-Naukluft-Park hat weite Gebiete zur Küste hin, die von roten Sanddünen bedeckt sind. Laut wissenschaftlicher Forschung werden die Dünen umso röter, je älter sie sind, weil (mehr) Eisen in den Sandpartikeln oxidiert.

2013 erklärte die UNESCO dieses Gebiet zum Sandmeer der Namib. Es ist die einzige Küstenwüste der Welt, die ausgedehnte Dünenfelder umfasst, die auch von Nebel beeinflusst werden. Die zum größten Teil unberührte Landschaft umfasst eine Fläche von über drei Millionen Hektar und eine Pufferzone von 899.500 Hektar. Sie besteht aus zwei Dünensystemen, einem alten halbkonsolidierten Dünensystem, das von einem jüngeren aktiven Dünensystem überlagert wird.

Sand- und Staubpartikel aus Namibia landen in der Antarktis

Staubpartikel, die von starken Winden weggeweht werden und auf diese Weise Landschaften erodieren, können in der Luft bleiben und lange Strecken zurücklegen. Kürzlich stellte ein Team von Wissenschaftlern fest, dass Staubpartikel aus Namibia, die in Eisbohrkernen in der Antarktis gefunden wurden, dort während Zwischeneiszeiten wie dem Holozän, dem geologischen Zeitalter, das vor etwa 12.000 Jahren begann, abgelagert wurden.

Das renommierte Magazin Nature berichtete im Januar über diese Studie, derzufolge Staub von der namibischen Küste im atlantischen Sektor des Südlichen Ozeans und in Gebieten des ostantarktischen Plateaus gefunden wurde.

Teil des Forschungsteams war der Geomorphologe James King, Professor am Geographischen Institut der Université de Montréal in Kanada.

King und seine Masterstudentin Amélie Chaput sammelten Sedimentproben in vier Zonen entlang der namibischen Küste. Ihre Kollegen reisten zum Südpol, um Eisbohrkerne zu entnehmen.

Anschließend führten sie eine geochemische und isotopische Charakterisierung der auf beiden Kontinenten gesammelten Sedimente durch. Sie analysierten auch die chemische Zusammensetzung und Eigenschaften des Staubs und verglichen die Proben aus Namibia und dem Südpol.

„Wir haben also streng genommen keinen Staub in der Antarktis eingefangen, sondern genauer gesagt die Isotopensignatur von afrikanischem Staub“, wurde King in der Zeitschrift zitiert.

„Die Analyse bestätigte, dass Namibia einen viel größeren Einfluss hatte als angenommen; es ist nach Südamerika die zweit- oder drittgrößte Staubquelle der südlichen Hemisphäre.“

Der berühmte Ostwind, der im namibischen Winter oft an der Küste weht, trägt maßgeblich dazu bei, die Staubpartikel in die Luft zu bringen.

Diese faszinierende Forschung liefert Wissenschaftlern Hinweise auf Klimamuster in der südlichen Hemisphäre.

Wenn Sie also das nächste Mal entlang der namibischen Küste auf Dünen klettern, sagen Sie den Staubpartikeln im Sand, die Sie mit Ihren Füßen aufwirbeln, ein schnelles „Hallo und tschüs“, da sie sich Sekunden später auf den Weg in die Antarktis machen könnten... 

 

Autorin dieses Beitrags ist Brigitte Weidlich.
Sie war nach ihrem Musik- und Germanistikstudium fast 20 Jahre lang als Berufsmusikerin tätig. Nebenbei machte sie Sendungen für das deutschsprachige Radio der Namibian Broadcasting Corporation (NBC). Inzwischen arbeitet Brigitte vollberuflich als freischaffende Journalistin im Print- und Rundfunksektor. Seit 2014 berichtet sie auch für Gondwana Collection. Für Fragen oder Anregungen ist sie zu erreichen unter info@namibiafocus.com.