Namibia Focus

Namibias Politik auf den Punkt – Juni 2021

Geschrieben von Namibia Focus | Jul 1, 2021 2:06:52 PM

Mit dem Wintereinbruch sind in Namibia die Covid-19-Infektionen stark angestiegen, ebenso damit verbundenenTodesfälle, die Ende Juni bei über 1.200 seit Beginn der Pandemie lagen. Für die ersten 14 Tage im Juli hat die Regierung am 30. Juni neue Maßnahmen angekündigt, darunter ein Reiseverbot außerhalb der 14 Regionen, eine Ausgangssperre von 21Uhr bis vier Uhr morgens, Schulen haben vorgezogene Winterferien.

Präsident Hage Geingob und First Lady Monica Geingos sind Anfang Juni von COVID-19 genesen. Das teilte ihr Pressesprecher Alfredo Hengari mit. Geingob und seine Ehefrau hatten leichte Symptome.

Die Vereinigung der Kriegsveteranen hat bei ihrem ersten Treffen seit Namibias Unabhängigkeit erklärt, dass sie keine Pläne habe, die Regierung zu stürzen.

Vizepräsident Nangolo Mbumba hat Anfang Juni in einer Fernsehansprache die namibische Bevölkerung über Einzelheiten des Genozid-Abkommens mit Deutschland informiert; 3 Wochen, nachdem deutsche Medien über die Einigung berichtet hatten.

Bedauerlicherweise sind diesen Monat verschiedene prominente Bürger an Covid-19  verstorbenen, darunter Mburumba Kerina, der als erster Petitionär physisch in New York bei den Vereinten Nationen Namibias Unabhängigkeit forderte und dem ehemaligen Südwestafrika den Namen Namibia gab.

Auch Namibias Unterhändler für die Genozid-Verhandlungen mit Berlin, Dr. Zed Ngavirue, starb im Alter von 88 Jahren an Covid-Komplikationen, ebenso der 66-jährige Herero-Chief Vekuii Rukoro.

Der kürzlich verstorbene Professor Mburumba Kerina gab Namibia seinen Namen. Foto: Gondwana Collection

 

Berliner Angebot nicht ausreichend

Die namibische Regierung hat eingeräumt, dass die N$18,8 Milliarden (etwa 1,1 Mrd. Euros)  nicht ausreichen, um den von Deutschland geforderten anfänglichen Entschädigungsbedarf zu decken. Vizepräsident Nangolo Mbumba sagte dies, als er die Einzelheiten des Abkommens bekanntgab, das noch zwischen den beiden Ländern unterzeichnet werden muss. Namibias Ausgangspunkt für Reparationen war eine Schätzung von N$16 Billionen (etwa 20 Mrd. Euros), berechnet auf die Kosten des Gesamtschadens, einschließlich Verlust von Menschenleben, Vieh und Landenteignung zur deutschen Kolonialzeit. Die namibischen Unterhändler unter Führung des Sondergesandten Zed Ngavirue stießen auf heftigen Widerstand aus Deutschland, sagte Mbumba.

Berlin unterbreitete ein Gegenangebot von N$4,9 Mrd. Namibia lehnte diesen Betrag ab. Mbumba sagte, nach dem fünfjährigen Hin und Her mit dem Verhandlungsprozess hätten sich die beiden Parteien auf N$18,8 Mrd. geeinigt. Er sagte, Deutschland habe zugestimmt, den Betrag zu überprüfen und neu zu verhandeln, wenn die Wiedergutmachung erfolgt; dies zusätzlich dazu, dass Deutschland anerkennt, dass seine Kolonialtruppen Völkermord begangen haben, und sich das Land vorbehaltlos für die Sünden seiner Vorfahren entschuldigt. Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird voraussichtlich Namibia besuchen und sich bei den betroffenen Gemeinschaften förmlich entschuldigen. Der Termin wird noch bekanntgegeben.

Herero und Nama petitionieren international

Inzwischen planen traditionelle Führer der Ovaherero- und Nama-Gemeinschaften eine Petition an die Vereinten Nationen, die Afrikanische Union und andere internationale Organisationen, um Deutschland für den Völkermord von 1904-1908 zur Rechenschaft zu ziehen. Dies wurde angekündigt, nachdem im Juni der Oberste Gerichtshof der USA die Abweisung ihrer Klage bestätigt hatte. Der Oberste Gerichtshof der USA lehnte es ab, den Antrag zur Überprüfung früherer Urteile in der Klage der traditionellen Staats- und Regierungschefs – die vor 4 Jahren eingereicht wurde – anzuhören. Die Beschwerdeführer wollten, dass Deutschland für die zwischen 1904 und 1908 begangenen Gräueltaten bezahlt und Vertreter betroffener Gemeinschaften, die derzeit von den Verhandlungen mit Deutschland ausgeschlossen waren, an den Tisch gebracht werden.

Ein US-Gericht wies die Klage 2020 ab, als es feststellte, dass im Fall der Nama und Ovaherero die Beweise fehlten, die das Gericht benötigte, um die Immunität Deutschlands als souveräner Staat zu beeinträchtigen. Chief Vekuii Rukoro von der Ovaherero Stammesbehörde bezeichnete die Ablehnung als enttäuschend und nicht legitim.

Die Ovaherero- und Nama-Führer wollen ihren Kampf vor Weltgremien, einschließlich der UN, bringen.

Herero-Chief Vekuii Rukoro starb im Juni an Covid-Komplikationen. Foto: NBC

 

Namibias Streitmächte feiern 31. Bestehensjahr

Präsident Hage Geingob hat gesagt, dass die Namibia Defence Force (NDF) in eine Institution umgewandelt werden sollte, die wirklich repräsentativ für das nationale Ethos von Inklusivität, Einheit, Freiheit und Patriotismus ist. Dr. Geingob ist oberster Befehlshaber der NDF. Seine Rede wurde am 2. Juni, dem Gründungstag, von Vizepräsident Mbumba in Grootfontein verlesen. Geingob forderte, dass die NDF die Werte des namibischen Staates widerspiegeln müsse. Alle Namibier sollten unabhängig von Religion, Stammes- oder politischer Zugehörigkeit mit der Verteidigungsstreitmacht in Verbindung gebracht werden. Dr. Geingob sagte, der Befehlshaber der NDF müsse sicherstellen, dass die Soldaten jederzeit höchste professionelle Standards und Disziplin zeigen.

Treffen der ehemaligen PLAN-Kämpfer

Ehemalige Kämpfer der namibischen Volksbefreiungsarmee PLAN (Peoples Liberation Army of Namibia) haben gesagt, dass sie keine Pläne haben, die derzeitige Regierung zu stürzen. Der PLAN-Kämpfer und Veteranen des Befreiungskampfes, Gründungsmitglied Mathias Johannes, versicherte dies beim ersten Treffen der Gruppe seit der Unabhängigkeit. Die ehemaligen Kämpfer trafen sich im Dorf Ondeshiifiilwa, um die Beziehungen zu stärken und an vergangene Jahre zu erinnern. Die zweitägige Veranstaltung begann am Samstag. Davor gab es Treffen mit der SWAPO-Parteigeneralsekretärin Sophia Shaningwa und dem Generalinspekteur der namibischen Polizei, Sebastian Ndeitunga, hinter verschlossenen Türen. Die Veteranen hatten bei dem Treffen vorgeschlagen, ein Flügel der regierenden SWAPO-Partei zu werden, um sie für ihre Bemühungen um Namibia vor und nach der Unabhängigkeit anzuerkennen. Shaningwa sagte den ehemaligen Kämpfern, dass ihr Ersuchen Vorrang genieße. Sie lobte die ehemaligen Kämpfer für die friedliche Versammlung.

Windhoeker IPC-Stadtratsmitglied suspendiert

Die Partei „Independent Patriots for Change“ (IPC) hat ihre Stadträtin von Windhoek wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs suspendiert. Die Nationale Generalsekretärin des IPC, Christine Aochamus, teilte mit, dass Desiree Davids verdächtigt werde, ihre Position genutzt zu haben, um die Genehmigung ihres Antrags für ein Grundstück zu beeinflussen. Davids Suspendierung folgt Berichten, dass sie ein Grundstück im Windhoeker Stadtteil Rocky Crest beantragt und ihre Position als Stadträtin genutzt haben soll, um die Genehmigung vor anderen Antragstellern zu beschleunigen, die seit über fünf Jahren auf der Warteliste stehen.

Angeblich habe sie letzten Monat in einem Brief die Immobilienverwaltungs- und Siedlungsabteilung der Stadt aufgefordert, ihren Antrag auf Genehmigung dringend an den Rat zu richten. Nach der Lektüre des Zeitungsartikels und der vorläufigen Untersuchung suspendierte die Partei Davids, um den Weg für weitere Untersuchungen zu ebnen. Die IPC-Partei hat Davids verboten, an Stadtratssitzungen teilzunehmen oder derweil das Gelände der Stadtverwaltung zu betreten.

Sieben Tage Staatstrauer für Sambias Kenneth Kaunda

Namibia hat Mitte Juni eine siebentägige Staatstrauer zu Ehren des Gründervaters von Sambia, Dr. Kenneth Kaunda, ausgerufen. Kaunda starb im Alter von 97 Jahren in Lusaka. Präsident Hage Geingob hat der Familie des Befreiungshelden Kaunda sein aufrichtiges Beileid ausgesprochen.  Er beschrieb den Verstorbenen als einen ausgesprochenen Kritiker der Apartheid, der ein großzügiger, umgänglicher und entschlossener Panafrikanist war. Er habe geglaubt, dass Sambias Freiheit bedeutungslos sei, wenn seine Nachbarn nicht unabhängig werden. Kaunda wird immer für seine prinzipielle und unerschütterliche Unterstützung der Befreiungsbewegungen im südlichen Afrika in Erinnerung bleiben und als Führer einer der Frontstaaten. Auch die Exil-Führung der SWAPO hatte viele Jahre in Sambia Büros. Laut Geingob war Lusaka in diesem Zusammenhang während seines Exils für vierzehn Jahre seine Heimat. Geingob leitete damals das UN-Institut für Namibia, UNIN.

Brigitte Weidlich