Namibia Focus

Namibias Politik auf den Punkt – Dezember 2018

Geschrieben von Namibia Focus | Dec 31, 2018 10:11:29 PM

Im Dezember ist gewöhnlich die politische Sommerpause in Namibia. Präsident Hage Geingob war in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Staatengemeinschaft des Südlichen Afrikas im Vorfeld der Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo außenpolitisch voll engagiert. Das Staatsoberhaupt hat auch Sonder-Patrouillen über die Weihnachtszeit ins Leben gerufen und am 23. Dezember persönlich an einer teilgenommen. In Windhoek wurde am Tag der Menschenrechte ein Zentrum für Genozidstudien eingeweiht. Gesundheitsminister Dr. Bernard Haufiku ist entlassen worden. Der ehemalige Vize-Minister Petrus Iilonga ist verstorben und erhielt in Staatsbegräbnis. Die regierende SWAPO-Partei hat einen Sonderparteitag einberufen, gefasste Beschlüsse wurden nicht bekanntgegeben. Zwei SWAPO-Mitglieder haben ihre Partei und über 800 Mitglieder verklagt, da angeblich der Parteitag von November 2017 satzungswidrig war. Die größte Oppositionspartei in Namibia, Popular Democratic Movement (PDM), hat Namibias Regierung wegen der Verpachtung von vier Farmen an eine russische Firma verklagt.

Trauer um zwei Freiheitskämpfer

Namibia hat im Dezember um zwei ehemalige Freiheitskämpfer getrauert. Am 4. Dezember verstarb der 75-jährige ehemalige regionale Kommandeur der Peoples Liberation Army of Namibia (PLAN), Mattias Ndakolo. Er erhielt ein Staatsbegräbnis. Es fand am 15. Dezember am Heldenschrein in Eenhana im zentralen Norden statt. Am 12. Dezember ist der ehemalige Vizeminister Petrus Iilonga im Alter von 71 Jahren gestorben. Er hatte während des Freiheitskampfes als politischer Gefangener acht Jahre auf der Gefängnisinsel Robben Island bei Kapstadt verbringen müssen. Nach seiner Freilassung engagierte er sich stark in den Gewerkschaften Namibias und wurde später Vize-Minister in verschiedenen Ministerien. Nach den Wahlen Ende 2014 schied er aus, nachdem er es bei den innerparteilichen Wahlen der SWAPO kurz zuvor nicht auf die Liste der Nominierten für die Parlamentswahlen geschafft hatte.

Der verstorbene ehemalige Vizeminister Petrus Iilonga wurde zum Nationalhelden erklärt. Foto: Präsidialamt Namibia

 

Präsident Hage Geingob erklärte Iilonga zum Nationalhelden und ordnete drei Tage Staatstrauer an. Der Verstorbene wurde am 22. Dezember auf dem Heldenfriedhof bei Windhoek mit einem Staatsbegräbnis beigesetzt.

Zentrum für Genozid-Studien gegründet

Am 10. Dezember, dem internationalen Tag für Menschenrechte, hat der Herero-Stammesführer Reinhold Vekuii Rukoro ein neu gegründetes Zentrum für Genozid-Studien eingeweiht. Chief Rukoro sagte, das aus privater Hand finanzierte Zentrum sei Vorläufer der geplanten [privaten] Hosea-Kutako-Universität, die sich ebenfalls mit Forschungen zu Völkermorden, daraus gezogenen Lehren und der Friedensforschung widmen werde. Leiterin des Zentrums ist Kambanda Veii, im Aufsichtsrat ist auch der Politologe Henning Melber vertreten. Das „Riruako Centre for Genocide and Memory Studies“ ist Mitglied verschiedener internationaler Genozid-Verbände. Es wurde nach dem 2014 verstorbenen Herero-Chief Kuiama Riruako benannt.

Gesundheitsminister Haufiku entlassen

Präsident Geingob hat am 19. Dezember überraschend Gesundheitsminister Bernard Haufiku entlassen. Gründe wurden nicht genannt. Am nächten Morgen wurde Dr. Kalumbi Shangula, der ehemalige Staatssekretär des Gesundheitsministeriums, als Haufikus Nachfolger vereidigt. Das Staatsoberhaupt hat Haufiku am gleichen Tag zum Berater für Gesundheits- und soziale Angelegenheiten im Büro von Vizepräsident Nangolo Mbumba ernannt.

Mitglieder verklagen SWAPO-Partei

Am Samstag den 1. Dezember endete der Sonderparteitag der regierenden SWAPO-Partei. Dieser war einberufen worden, nachdem auf dem ordentlichen Parteitag ein Jahr zuvor – November 2017 – nicht alle Tagesordnungspunkte erörtert werden konnten. Der Grund: Die Wahl der gesamten Parteispitze und Auszählung der Stimmen hatte zuviel Zeit in Anspruch genommen.

SWAPO-Generalsekretärin Sophia Shaningwa teilte auf einer Pressekonferenz zwei Tage später mit, dass unter anderem die Parteisatzung geändert werden soll. Die über 800 Delegierten hätten die Mehrheit der Anträge beschlossen. Einzelheiten wollte sie nicht nennen. In den Medien war durchgesickert, dass die Anzahl Jahre als Parteimitglied verlängert werden soll, bevor diese für Spitzenämter wie Parteipräsident, Stellvertreter und Generalsekretär kandidieren dürfen.

Klage im Gericht gegen SWAPO

Inzwischen ist eine Klage von zwei SWAPO-Mitgliedern von November gegen die eigene Partei einen großen Schritt vorangekommen. Kurzer Rückblick: Am 27. November wollten die beiden Klägerinnen im Obergericht durch einen Antrag verhindern, dass der Parteitag am 29. November stattfindet. In ihren eidesstattlichen Erklärungen beantragten sie, das Obergericht solle den Parteitag von November 2017 und damit die Wahl der Parteispitze für null und nichtig erklären. Der Parteitag habe gegen die Satzungen verstoßen, einige Delegierte seien nicht ordentlich gewählt worden, ihre Beteiligung an den Wahlen für die SWAPO-Führung sei ebenfalls ein Verstoß. Daher dürfe der Parteitag 2018 nicht stattfinden.

Der Antrag scheitete vorerst an einer Formalität. Das Gericht urteilte, dass alle 824 Delegierte einzeln angeklagt und ihnen die Klageschrift hätte zugestellt werden müssen. Das Gericht erlaubte den beiden Klägerinnen dieses Versäumnis bis Anfang Dezember nachzuholen, was sie taten. Daraufhin hatte das Gericht in einem ungewöhnlichen Schritt angeordnet, dass die Ankündigung dieses Gerichtsverfahrens und die Namen aller 824 Delegierten am 17., 19. und 21. Dezember jeweils in zwei Tageszeitungen abgedruckt werden mussten. Dem wurde Folge geleistet, was drei Seiten beanspruchte. Das Gleiche musste an diesen genannten Tagen in der staatlichen Rundfunkanstalt NBC zwischen 19 und 20 Uhr in der Amtssprache Englisch verlesen werden, auch alle Namen. Das dauerte über eine Stunde.

Bis zum 25. Januar 2019 haben die Angeklagten Zeit zu reagieren, am 7. Februar wird das Verfahren fortgesetzt. „Mit dieser gerichtlichen Verfügung wurde Rechtsgeschichte geschrieben“, kommentierte ein Anwalt.

Opposition verklagt Regierung

Namibias Regierung hat vier Farmen bei Dordabis an die Firma ,Comsar SA‘ des russischen Oligarchen Raschid Sardarow verpachtet. Das wurde Ende Oktober durch Zeitungsberichte bekannt und sorgte für Empörung. Die insgesamt 17.000 Hektar hatte Sardarow den Besitzern für N$43 Millionen abgekauft und anschließend der namibischen Regierung geschenkt. Diese ging einen Pachtvertrag mit Sardarow für 99 Jahre ein. Die PDM-Partei hatte sogleich einen Dringlichkeitsantrag im Gericht gegen diesen „Deal“ stellen wollen. Am 21. Dezember kündigte PDM-Präsident McHenry Venaani an, dass nach eingehender Rechtsberatung – da angeblich keine Dringlichkeit bestehe – die Klage an dem Tag im Windhoeker Obergericht eingereicht wurde. Angeblich dürfen Ausländer Farmen nicht so lange pachten. Die Farmen sollten nicht für Sardarows Luxus-Lodge und Trophäenjagd verwendet werden, vielmehr sollten dort landlose Staatsbürger angesiedelt werden, fordert die PDM.

Arbeitslose Einwohner der Siedlung Stinkwater bei Dordabis haben Mitte Dezember vor dem Tor der Sardarow-Farm friedlich demonstriert. Sie forderten, dass sie sich dort ansiedeln können, Arbeit erhalten und ungehindert die sich dort befindlichen Gräber ihrer Angehörigen und Vorfahren besuchen können.

Präsident nimmt an Patrouille teil

Namibia Staatsoberhaupt hat nach Rücksprache mit Polizei und Militär mehr Patrouillen über die Weihnachtszeit angeregt, die Polizei sollte sichtbarer sein. Am 21. Dezember nahm Präsident Geingob abends in Windhoek am Auftakt zur „Operation Hornkranz“ teil und begleitete am Samstag persönlich eine Streife. Er betonte, dass die Polizei bei diesen Patrouillen die Oberhand habe, Soldaten unterstützen sie dabei.

Präsident Geingob nahm kurz vor Weihnachten in Windhoek an einer Sonderpatrouille der Polizei und des Militärs teil. Foto: Präsidialamt Namibia

 

Sorgen um Kongo- Wahlen

Präsident Hage Geingob hat am Abend des 13. Dezembers in Windhoek zwei Oppositionsführer der Demokratischen Republik Kongo (DRK), Jean-Pierre Bemba und Moise Katumbi, empfangen. Beide Politiker informierten Geingob in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der SADC-Staatengemeinschaft über die Lage in der DRK. In der Nacht vom 12. auf den 13. Dezember hatte ein Feuer in Kinshasa Wahlmaterialien und Wahlgeräte zerstört. Die Wahlen in der DRK wurden daraufhin vom 23. Dezember auf den 30. Dezember verschoben. Unruhen und Ausschreitungen dauerten fort. Am 26. Dezember, dem zweiten Weihnachtsfeiertag, nahm Geingob an einem DRK-Gipfel in Kongo-Brazzaville teil.

Geingob teilte abends nach seiner Rückkehr der Presse mit, die Lage in der DRK sei „besorgniserregend“. Es gebe „Anzeichen für potenzielle Gefahren, wenn die Situation dort nicht richtig gehandhabt wird. Wir rufen dazu auf, Ruhe zu bewahren, damit die historischen Wahlen stattfinden können, sagte Geingob.

Am 27. Dezember hat die Regierung in Kinshasa den EU-Botschafter Bart Ouvry ausgewiesen, er musste binnen 48 Stunden die DRK verlassen. Die EU hat die seit langem verhängten Sanktionen gegen Präsidentschaftskandidat Emmanuel Ramazani Shadary nicht aufgehoben. Shadary ist Präsident Joseph Kabilas favorisierter Kandidat.

Die offizielle Weihnachtskarte von Präsident Hage Geingob. Foto: Präsidialamt Namibia

 

Neujahrsansprache des Präsidenten

In seiner Neujahrsansprache am Silvesterabend sagte Präsident Hage Geingob eingangs, dass 2018 „kein einfaches Jahr“ gewesen sei. Die globale Konjunkturschwäche habe sich auch auf Namibia ausgewirkt. „Wir haben daher effizienter und effektiver mit eingeschränkten Ressourcen gearbeitet und Verschwendung im öffentlichen Sektor reduziert“, sagte das Staatsoberhaupt. Alle Einwohner hätten gemeinsam unerschütterlich „den Stürmen“ von 2018 getrotzt, lobte Geingob.

2018 sei Namibias Regierung auch einen wichtigen Schritt vorangekommen, „um das umstrittenste und emotionalste Thema in Namibia – die Landfrage - zu lösen, indem wir die 2. Nationale Landkonferenz organisiert haben“, sagte Geingob. 2019 sollen die dort gefassten Beschlüsse umgesetzt werden.

Angesichts der 2019 bevorstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Namibia erklärte das Staatsoberhaupt, es sei ein Jahr, in dem die Politiker Rechenschaft ablegen sollten. Die Regierung werde auch im neuen Jahr ihre Ziele verfolgen, um den Menschen im Land Wohlstand zu bringen. „Ich rufe alle Einwohner auf, dem neuen Jahr mit Optimismus, einer Vision und mit Patriotismus zu begegnen“, sagte Präsident Geingob in seiner Neujahrsansprache.

Brigitte Weidlich