Namibia Focus

Namibias Politik auf den Punkt – April 2023

Geschrieben von Namibia Focus | May 2, 2023 9:38:22 AM

Präsident Hage Geingob war auf Staatsbesuch in Südafrika und empfing wenige Tage danach den finnischen Präsidenten Sauli Niinistö in Windhoek.

Namibias Regierung wird ein Zeugenschutzprogramm und Schutz für Hinweisgeber (whistle blowers) einführen. Die beiden Gesetze dazu wurden schon 2017 verabschiedet.

Vertreter der Herero- und Nama-Gemeinschaften haben zum ersten Mal eine Gedenkfeier auf der Haifischinsel bei Lüderitzbucht abgehalten, wo tausende ihrer Vorfahren zwischen 1904-1908 in Gefangenschaft verbrachten. Die beiden Gemeinschaften haben auch ihre Forderung nach Wiedergutmachung und Beteiligung an den diesbezüglichen Verhandlungen zwischen Deutschland und Namibia bei verschiedenen UN-Sonderberichterstattern geltend gemacht. Die regierende Swapo-Partei hat ihren 63. Geburtstag gefeiert.

Zeugenschutzprogramm wird eingeführt

In den kommenden Monaten wird das Justizministerium das lang geplante Zeugenschutzprogramm einführen und auch Schutz für Hinweisgeber (whistleblower) bieten.

"Mittel für die Umsetzung des Zeugenschutzgesetzes und des Gesetzes zum Schutz von Hinweisgebern - beide Gesetze wurden 2017 verabschiedet - sind im neuen Haushaltsjahr bereitgestellt, " kündigte Justizministern Yvonne Dausab im Parlament an.

Die Personalstrukturen seien vorbereitet und die Ernennungen von Schlüsselämtern abgeschlossen sein und Dienstwohnungen bereitgestellt werden. Die Schulung der neu ernannten Beamten für Zeugen- und Hinweisgeberschutz sei ebenfalls vorgesehen.

"Die Umsetzung dieser Gesetze seien kostenintensiv", sagte die Justizministerin.

Präsident Geingob zu Staatsbesuch in Südafrika

Präsident Hage Geingob war vom 19. bis 21. April zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Südafrika.

Präsident Hage Geingob (L) mit Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa in Pretoria. Foto: SA Außenministerium

Ziel des Besuchs war es, die bilateralen Beziehungen weiter zu stärken, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu verbessern, Handel und Investitionen zu erkunden und neue Bereiche der Zusammenarbeit zu identifizieren.

In einem gemeinsamen Communiqué teilten die beiden Regierungschefs mit, dem Handel zwischen den beiden Ländern sei besondere Aufmerksamkeit geschenkt worden. Man habe vereinbart, dass, obwohl die beiden Länder die größten Handelspartner des jeweils anderen in der Region sind, noch mehr füreinander getan werden sollte.

Geingob und Präsident Cyril Ramaphosa erörterten die Lage im Osten der Demokratischen Republik Kongo, in Eswatini und Lesotho sowie in der Provinz Cabo Delgado in Mosambik.

Sie brachten auch ihre tiefe Besorgnis über die zunehmenden Todesfälle unter der Zivilbevölkerung im Sudan zum Ausdruck und forderten alle Konfliktparteien auf, menschliches Leben zu respektieren und die Zerstörung von Lebensgrundlagen zu vermeiden.

Die binationalen Kommission zwischen Namibia und Südafrika wird später dieses Jahr in Namibia tagen.

Finnischer Präsident Niinistö besucht Namibia

Finnlands Präsident Sauli Niinistö hat Ende April Namibia besucht, davor war er in Südafrika. Finnland habe vor zwei Jahren seine Afrika-Politik neu ausgerichtet und wolle Beziehungen und den Handel auf dem Kontinent stärken, sagte er. Finnische Unternehmen seien bereit, Namibia bei der Entwicklung von grünen Wasserstoffprojekten und nachhaltigem Bergbau mit ihren fortschrittlichen Technologien zu unterstützen.

Finnlands Präsident Sauli Niinistö (L) mit Präsident Hage Geingob in Windhoek. Foto: Präsidialamt Finnland

Niinistö hatte auch zwei Fragmente eines Steines zurückgebracht, der bei der Ondonga-Stammesbehörde seit Jahrhunderten eine wichtige Rolle spielt. Sie wurden vor über 100 Jahren abgeschlagen und nach Finnland in ein Museum gebracht.

Die engen Beziehungen begannen 1870 als der erste finnische Missionar Martti Rautanen in Olukonda bei Ondangwa eine Missionsstation gründete (heute ein Museum). Das starke Band blieb während Namibias Unabhängigkeitskampf ungebrochen. Als die Vereinten Nationen 1973 die Befreiungsbewegung Swapo zum alleinigen Vertreter Namibias erklärten, begann Finnland, die Befreiungsbewegung direkt zu unterstützen. So finanzierte Finnland die Ausbildung von Dutzenden von Swapo-Stipendiaten an finnischen Universitäten. Viele dieser Stipendiaten waren und sind in hohen Positionen innerhalb der namibischen Regierung tätig.

Der spätere finnische Präsident Martti Ahtisaari hatte 1989-90 eine bedeutende Rolle bei der Umsetzung von Namibias Unabhängigkeitsplan gespielt. Im letzten Jahr vor der Unabhängigkeit, fungierte Ahtisaari als UN-Sonderbeauftragter für Namibia.

UN-Schreiben kritisiert Mängel bei Versöhnungsverhandlungen

UN-Vertreter haben Deutschland wegen Reparationen für Kolonialverbrechen in Namibia kritisiert. Sieben Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen haben bestätigt, dass die Teilhaberechte der Ovaherero und Nama von der deutschen und namibischen Regierung völkerrechtlich verletzt wurden. Die Berichterstatter fordern auch die Bundesregierung auf, Reparationen zu gewähren.

Die Nachfahren der Herero- und Nama-Gefangenen hielten eine Gedenkfeier auf der Haifischinsel bei Lüderitzbucht und errichteten dort ein Denkmal. Foto: Sima Luipert    

„Eines der wichtigsten rechtlichen Probleme, das die Sonderberichterstatter aufwerfen, ist die mangelnde effektive Beteiligung von Ovaherero und Nama an den zwischenstaatlichen Verhandlungen zwischen Deutschland und Namibia 2015 und 2021, die zu dem im Mai 2021 paraphierten Entwurf einer gemeinsamen Erklärung führten“, sagte der Herero-Vertreter Mutjinde Katjiua auf einer Pressekonferenz.

In der Veröffentlichung ihrer Mitteilung an beide Regierungen letzte Woche forderten die sieben UN-Vertreter Deutschland auf, die Verantwortung für alle seine Kolonialverbrechen in Namibia – einschließlich Massenmord – zu übernehmen. Es sei falsch, dass die Herero und Nama nur indirekt über einen Beratungsausschuss an den Gesprächen beteiligt waren. Sie forderten Deutschland auf, Reparationen direkt an die Herero und Nama zu zahlen und nicht an die namibische Regierung.

Im Februar übersandten die Berichterstatter ihr Schreiben an Berlin und Windhoek und drückten darin „ernsthafte Besorgnis“ über die Verletzung des Völkerrechts aus. Sie gewährten ihnen 60 Tage Zeit bis 24. April zu antworten; innerhalb dieses Zeitraums würde das Schreiben vertraulich bleiben

Die Bundesregierung bat um Verlängerung der Frist bis zum 8. Mai, was gestattet wurde.

Namibias Regierung hat den UN zufolge noch nicht reagiert und die Frist verstreichen lassen.

Regierungen können nicht gezwungen werden, aufgrund dieser Berichte zu handeln. Den Sonderberichterstattern wird jedoch ein starker Einfluss zugeschrieben.

Die "gemeinsame Erklärung" würde keine wirksamen Wiedergutmachungsmaßnahmen oder die notwendigen Mittel zur Versöhnung vorsehen. In der Mitteilung der UN-Berichterstatter wurde auch festgestellt, dass die 2021 paraphierte gemeinsame Erklärung keine wirksamen Wiedergutmachungsmaßnahmen enthält oder die notwendigen Mittel bereitstellt, um eine Versöhnung zu erreichen.

RDP-Parteichef überlässt Parlamentssitz seinem Vize

Der Vorsitzende der Rally for Democracy and Progress (RDP) Partei hat Ende März seinen Sitz in der Nationalversammlung aufgegeben. Mike Kavekotora hat den Sitz seinem Vizevorsitzenden Kennedy Shekupakela überlassen, der am dritten April vereidigt wurde. Die RDP hat in dieser Legislaturperiode nur einen Sitz im Parlament. Kavekotora teilte mit, er wolle sich in Anbetracht der Parlamentswahlen Ende 2024 bis dahin Parteiaufgaben widmen.

Die RDP ist Ende 2007 von zwei ehemaligen prominenten Swapo-Mitgliedern, Hidipo Hamutenya und Jesaya Nyamu, gegründet worden. Hamutenya hatte 2004 innerhalb der regierenden Swapo-Partei erfolglos für die Nachfolge von Gründungspräsident Sam Nujoma kandidiert. Die RDP gewann bei den Wahlen 2009 auf Anhieb acht Sitze im Parlament. Wegen interner Querelen erhielt sie 2014 nur drei Sitze und 2019 einen. Kavekotora war kurz vorher zum RDP-Chef gewählt worden.            

Swapo-Partei feiert 63. Bestehensjahr

Die regierende Swapo-Partei ist am 19. April 1960 gegründet worden, und am Wochenende nach dem 63. Jahrestag feierte die Partei in einem Sportstadion in Grootfontein. Parteipräsident Hage Geingob würdigte die Partei, die als Befreiungsbewegung den Kampf für Namibias Unabhängigkeit 1990 anführte. "Wir werden von manchen Personen verbal angegriffen, dass wir (seitdem) zu lange an der Macht sind", sagte Geingob. "Als wir den langen Freiheitskampf führten, hat niemand gesagt, dass wir zu lange kämpfen würden!"

Geingob nannte zahlreiche Verbesserungen der Swapo als Regierungspartei für die Einwohner Namibias seit 1990, darunter die staatliche Rente. Er bestätigte in seiner Rede, dass die Swapo-Vizevorsitzende und Außenministerin Netumbo Nandi-Ndaitwah bei den Präsidentschaftswahlen Ende 2024 kandidieren werde.

 

Autorin dieses Beitrags ist Brigitte Weidlich.
Sie war nach ihrem Musik- und Germanistikstudium fast 20 Jahre lang als Berufsmusikerin tätig. Nebenbei machte sie Sendungen für das deutschsprachige Radio der Namibian Broadcasting Corporation (NBC). Inzwischen arbeitet Brigitte vollberuflich als freischaffende Journalistin im Print- und Rundfunksektor. Seit 2014 berichtet sie auch für Gondwana Collection. Für Fragen oder Anregungen ist sie zu erreichen unter info@namibiafocus.com.