Namibia plant die Industrialisierung seiner Wirtschaft und will bis 2025 Transport- und Logistik-Drehkreuz für das südliche Afrika werden. Der Hafen von Walvis Bay spielt eine wichtige Schlüsselrolle für diese ehrgeizigen Pläne. Es wird eine 40 Hektar große Containerinsel gebaut, die Anfang 2019 in Betrieb genommen wird. Ein riesiger Industriepark soll am Stadtrand entstehen. Auch ein neuer Hafen ist geplant.
Die Eingliederung von Walvis Bay und der umliegenden Enklave von 1,124 Quadratkilometern in das namibische Territorium fand erst 1994 statt (s. Beitrag vom 8. August: Walvis Bay - Rückkehr nach Namibia). Im selben Jahr wurde die Hafenbehörde Namibia Ports Authority (NamPort) gegründet. Für den Hafen wurde ein Masterplan erstellt, unter anderem wurde ein Gebiet im Hafenbecken für einen Containerterminal ausgewiesen. 1998–99 wurden neue Kräne und Greifstapler angeschafft. Durch ein Kreditabkommen mit Deutschlands Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) konnte das Hafenbecken erst auf -12.8 Meter und einige Jahr später auf -14 Meter Tiefe ausgebaggert werden. Dadurch konnten größere Schiffe anlegen. Walvis Bay wurde gegenüber dem Hafen in Kapstadt wettbewerbsfähiger. NamPort hat außerdem aus eigenen Mitteln die Kaimauer verlängert.
Im Jahr 2000 wurde die Walvis Bay Corridor Group (WBCG) in Namibia gegründet. Sie setzt sich aus Vertretern des öffentlichen und des Privatsektors aus den Bereichen Transport, Logistik und Spedition zusammen. Die WBCG informiert regional und international über die Vorzüge des Hafens von Walvis Bay und bemüht sich, Handelsbarrieren abzubauen. Im südlichen Afrika leben etwa 400 Millionen Menschen. Frachten können binnen 48 Stunden nach der Ankunft von Walvis Bay bis nach Gauteng in Südafrika transportiert werden, ebenso umgekehrt von Johannesburg bis zum Hafen. Die WBCG hat im Einvernehmen mit Nachbarstaaten Transportkorridore entwickelt. Der Trans-Kalahari-Korridor führt von Namibia durch Botswana nach Gauteng, Südafrika und nach Mosambik. Die Transportroute des Walvis-Bay-Ndola-Lubumbashi-Korridors führt durch Sambia, Simbabwe und die Demokratische Republik Kongo.
Walvis Bay bietet die kürzeste Import- und Exportroute für Namibias Nachbarn, die Binnenstaaten sind und keinen Hafen haben.
NamPort ist ein wichtiges WBCG-Mitglied. Die Exportgüter Kupferbarren, Salz, Fisch, Marmor und Granit, machen jährlich etwa zwanzig Prozent der in Walvis Bay umgeschlagenen Güter aus. Kupfer aus Sambia und Holz aus der Demokratischen Republik Kongo werden zusätzlich exportiert.
Die wichtigsten Einfuhren sind Treibstoff, Kupfer- und Zink-Konzentrate, Weizen, Fahrzeuge und Stahl. Viele Tonnen angelandete Güter sind für Nachbarstaaten wie Botswana, Sambia und Simbabwe bestimmt. Diese Länder pachten Grund und Boden am Hafen, wo ihre Güter zwischengelagert werden.
Der Hafen von Walvis Bay hat inzwischen seine Kapazitäten für Schiffsreparaturen ausgeweitet und sich einen guten Ruf in dieser Branche erworben. Auch Ölplattformen werden dort repariert. Ein moderner Synchro-Lift kann Schiffe bis zu 2.000 Tonnen heben. Es stehen drei Schwimmdocks für Reparaturen (für Größen 6.000 t, 8.000 t und 15.000 t) zur Verfügung.
In Walvis Bay werden jährlich etwa 3.000 Schiffe und 340.000 Container abgefertigt.
„NamPort muss den Hafen kontinuierlich auf den aktuellsten Stand bringen, um mit Namibias Wirtschaftswachstum mitzuhalten“, sagt Bisey Uirab, Geschäftsführer der Hafenbehörde. „Hafenplanung bedeutet Planung für die kommenden 50 bis 100 Jahre.“
Der fünfte nationale Entwicklungsplan der Regierung umspannt die Jahre 2017 bis 2022. Darin ist festgeschrieben, dass Namibia bis 2025 ein Drehkreuz für Handel, Logistik und Transport werden soll. Ein zweiter Plan, der Harambee Prosperity Plan (HPP), wurde 2016 von Präsident Hage Geingob und seinen Beratern erstellt. Er wird von fünf Säulen getragen:
„Der fünfte Entwicklungsplan und der HPP sprechen direkt das erwähnte Drehkreuz an“, sagt Uirab.
Der Bau des 40 Hektar Containerterminals im Hafenbecken begann 2014 auf einem aufgeschütteten Areal. „Die Baukosten betragen N$4,2 Milliarden (etwa 280 Millionen Euro)“, sagt Uirab. Die aufgeschüttete Container-Insel ist fast fertig und mit dem Hafen verbunden, hat Kaimauern von insgesamt 600 m, Verwaltungsgebäude, Fahrwege, Bahngleise und Kräne sowie drei Anlegestellen für Schiffe, eine davon ausschließlich für Passagier- und Kreuzfahrtschiffe. Die Inbetriebnahme ist für Anfang 2019 vorgesehen. Die chinesische Firma ‚China Harbour Engineering Company‘ (CHEC) führt die meisten Arbeiten für dieses Projekt durch.
„Der neue Containerterminal kann mindestens 750.000 Container pro Jahr umschlagen, das ist die doppelte Kapazität von den jetzigen 350.000 Containern“, sagt Hafen-Ingenieur Elzevir Gelderblom. Ihm zufolge kann die Containerinsel in dem riesigen Hafenbecken mit dem Leuchtturm an der Lagunenspitze bei Pelican Point um mindestens 2,5 km Länge vergrößert werden.
Ein weiteres sichtbares Zeichen für die neue Ära im Hafen sind die vier riesigen ,Ship-to-shore‘-Kräne in Walvis Bay, der ganze Stolz von NamPort. Sie wurden in Schanghai gebaut und kamen nach wochenlanger Seefahrt im Februar 2018 an. „Voll aufgerichtet sind die Kräne 122 m hoch, man kann sie sogar von Swakopmund aus sehen“, sagt Gelderblom. „Die neuen Kräne haben die Silhouette von Walvis Bay für immer verändert.“
Sobald die Containerinsel in Betrieb ist, wird die bisherige Abfertigungsstelle für Container im „alten“ Hafengelände frei für allgemeine Güter.
„Diese neuen Entwicklungen werden ganz bestimmt die namibische Wirtschaft transformieren“, sagt Präsident Hage Geingob.
Zur modernen Wettbewerbsfähigkeit eines Hafens gehört die Automatisierung für die Abfertigung der Frachten und Güter. Das soll bis 2020 geschehen. „Kunden können dann alle Informationen online eintragen, diese werden auf allen Online-Systemen wie Zoll- und Grenzkontrollen einsehbar sein“, so Gelderblom. Abfertigung, Verladen und Lagerung sollen automatisiert werden, was Abläufe für Hafenpersonal, Kunden und Speditionen vereinfacht und abkürzt.
Mit der Anlegestelle für Kreuzfahrtschiffe können Touristen ab 2019 nicht nur Einreiseformalitäten am Hafen erledigen, sondern auch mit Shuttle-Bussen vom Schiff in die Stadt fahren und umliegende Sehenswürdigkeiten besuchen. Am alten Yachthafen wird bald eine neue Waterfront entstehen mit einem Hotel, Restaurants, Cafés, Souvenirläden und Buchungsmöglichkeiten für Rundreisen. Die gesamte Westseite der neuen Containerinsel biete ab der Anlegestelle für Passagierschiffe eine Promenade für Fußgänger, auch ein Radweg ist geplant. Der neue Yachthafen wird ebenfalls an der Westseite angelegt.
Der jetzige Hafen von Walvis Bay ist im Süden und Osten komplett von Gebäuden der Stadt umgeben. Eine Ausbreitung ist nur am nördlichen Stadtrand möglich. NamPort hat dort 1.330 Hektar unerschlossenes Land von der Stadtverwaltung gekauft. Darauf soll der neue Nordhafen in Phasen entwickelt werden. Seit 2015 wird auf der Höhe des neuen Hafens im Ozean eine Landungsbrücke mit zwei Anlagenstellen für Öltanker von einer chinesischen Firma im Auftrag von NamPort gebaut. Die Tankschiffe werden weit draußen im Meer ankern. Eine zweite Anlegestelle ist ebenfalls im Bau. Von dort sollen die Treibstoffe für das fast fertig gebaute Treibstoffdepot der Regierung angelandet werden. Die Gesamtkosten betragen rund N$5 Milliarden (etwa 330 Millionen Euros). Auftraggeber ist das Bergbau- und Energieministerium. Zurzeit wird eine Machbarkeitsstudie für ein Mehrzweck-Treibstoff-Terminal mit einem Volumen von zehn Millionen Tonnen jährlich durchgeführt.
Der Nordhafen, auch SADC Gateway Port genannt (Southern African Development Community), wird insgesamt 10.000 Meter Kailänge erhalten und dreißig Anlegestellen haben. Eine neue Anlage für Schiffsreparaturen wird dort gebaut, ebenso ein Depot für Öl und Gas.
In einer weiteren Phase soll ein Terminal für Kohle aus Botswana am Nordhafen angelegt werden. Etwa 100 Millionen Tonnen Kohle sollen jährlich aus Botswana durch Walvis Bay exportiert werden.
Der neue Nordhafen soll auch einen Terminal für Fahrzeugimporte erhalten. Diese Entwicklung soll von Privatunternehmen durchgeführt werden.
Namibias Regierung plant einen großen Industriepark nur wenige Kilometer nordöstlich der Hafenstadt hinter Düne Sieben. Der Industriepark wird Anbindung an den Nordhafen haben. Die Entwicklung des Industrieparks soll im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften erfolgen, möglicherweise mit Unterstützung von China.
Der Industriepark wird im Norden Anschluss an eine neue Straße nach Swakopmund haben, die hinter den Dünen verläuft und zum großen Teil fertiggestellt ist. Hinter Swakopmund wird ein schon im Bau befindliches neues Verkehrskreuz den Lastwagenverkehr nach Walvis Bay leiten.
Mittelfristig ist der doppelspurige Ausbau der Fernstraße zwischen Swakopmund und Arandis und später nach Usakos geplant.
Die WBCG betreibt inzwischen Werbung für Namibias Vorhaben, regionales Drehkreuz für Logistik und Transport zu werden. WBCG-Vertreter haben mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Ende 2017 im Zuge einer Europareise Deutschland, Belgien, die Niederlande und die Schweiz besucht. Dort fanden Treffen mit Geschäftsleuten im Logistikbereich statt, um Namibias Vorhaben vorzustellen. Die WBCG-Vertreter besichtigten auch die Häfen von Hamburg, Rotterdam und Antwerpen.
Bis 2025 bleibt noch viel zu tun. Auch Namibias Bahnnetz wird für die Zukunft gerüstet, um den Frachtverkehr mehr auf die Schiene zu verlagern.
Brigitte Weidlich