Steine im Kopf eines Fisches, kann das sein? Einigen Anglern ist bekannt, dass Afrikanische Adlerfische „Steine“ im Kopf haben, aber dass bei allen Fischen meist sehr kleine Gehörsteine im Schädel zu finden sind, ist nicht allgemein geläufig. Wissenschaftlern zufolge dienen Gehörsteine, oder Otolithen, den Fischen wahrscheinlich dazu um das Gleichgewicht zu halten. Otolithen sind weiß und sehr hart, da sie hauptsächlich aus Calciumcarbonat (Aragonit) bestehen. Sie befinden sich in einer geleeartigen Masse hinter den Augen in einer Knochenhöhle. Die Otolithen der linken und rechten Seite des Kopfes sind spiegelbildlich geformt.
Wissenschaftler und Experten können anhand der Form der Gehörsteine die Fischart identifizieren. Zudem kann aufgrund der Größe der Otolithen die Größe des Fisches bestimmt werden. Forscher schneiden Otolithen in dünne Scheiben und können dann mittels der Jahresringe, wie bei Bäumen, das genaue Alter von Fischen errechnen. Bei einer 78 Zentimeter langen Westküsten-Streifenbrasse, die in Meob Bay südlich von Walvis Bay gefangen wurde, ergaben die Otolithen ein Alter von 47 Jahren. Westküsten-Streifenbrassen gleicher Länge, die jedoch in den etwas wärmeren Gewässern vor dem Skelettküstenpark lebten, waren zwischen 20 und 22 Jahre alt. Fische in wärmeren Gewässern wachsen schneller als ihre Artgenossen in kälterem Wasser. Ein 60 Kilogramm schwerer und 1,79 Meter langer Afrikanischer Adlerfisch, der bei Terrace Bay an Land gebracht wurde, war nach den Jahresringen seiner Otolithen 34 Jahre alt.
Ein großer Fisch hat nicht unbedingt große Otolithen. Die Gehörsteine einer Sompat Süßlippe (Pomadasys jubelini) waren drei Mal so groß wie die einer Großen Gabelmakrele (Lichia amia), die doppelt so groß und schwer wie die Süßlippe war.
Otolithen werden zu Rate gezogen um festzustellen, was die Südafrikanischen Bärenrobben, hierzulande als Kap-Pelzrobben bekannt, an unserer Küste fressen. Wissenschaftler trocknen Robben-Kot, zermahlen und sieben ihn und können anschließend die weißen Otolithen auslesen. Dank der einmaligen Form der Gehörsteine kann jede Fischart, und mit Hilfe der Jahresringe das Alter des Beutefisches bestimmt werden.
Die Hauptnahrung der Robben an der südlichen Küste in der Umgebung von Lüderitzbucht sind Hectors Laternenfische (Lampanyctodes hectoris) und Meergrundeln (Sufflogobius bibarbatus), derweil im mittleren Küstenabschnitt in der Umgebung des Kreuzkaps Meergrundeln und Holzmakrelen (Trachurus capensis) die Hauptnahrung der Robben sind. Diese Forschung begann bereits vor 20 Jahren.
Dirk Heinrich