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Mahango - ein faszinierendes Getreide

Geschrieben von Namibia Focus | Apr 25, 2019 11:56:18 PM

Unterwegs in die nördlichen und nordöstlichen Gebiete Namibias werden Touristen von idyllischen ländlichen Landschaften, Viehweiden, traditionellen Gehöften, Palmen und Feldern mit ungewöhnlich hohen Blattpflanzen mit schlanken Stielen und langen Samenköpfen begrüßt. Sie werden bis zu drei Meter hoch und Perlhirse (Pennisetum glaucum) genannt. Örtlich wird die Pflanze als „Mahango“ bezeichnet, ein traditionelles und einheimisches Getreide, das seit Tausenden von Jahren in Afrika bekannt ist.

Die langen, runden Samenköpfe werden im namibischen Winter geerntet, getrocknet und gedroschen, um die kleinen perlförmigen Hirsesamen zu erhalten. Diese werden traditionell von Frauen in Holzmörsern mit langen Stößeln geschlagen, um Mehl zu produzieren, aus dem hauptsächlich Brei (oshifima) hergestellt wird, das wichtigste Grundnahrungsmittel für knapp die Hälfte der namibischen Bevölkerung von etwa 2,3 Millionen. Ein leicht fermentiertes Getränk – oshikundu – kann auch aus Perlhirsekörnern und dem Mehl hergestellt werden.

Traditionelle Körbe zur Lagerung von Mahango im Norden Namibias. Foto: Brigitte Weidlich

 

Mahango wird in riesigen geflochtenen Körben aufbewahrt, die in der OshiKwanyama-Sprache omaanda heißen (eeshisha in OshiNdonga). Nur Männer flechten diese Speicherkörbe die auf Holzpflöcken lagern, um sie vor Feuchtigkeit, Nagetieren und Insekten zu schützen. Die Körbe sind innen mit Ton ausgekleidet.

Ein traditioneller Haushalt im Norden Namibias hat durchschnittlich drei Hektar, auf denen Mahangu angebaut wird, um eine Familie für ein Jahr zu ernähren. Der kleine Überschuss, der geerntet wird, wurde früher nur selten verkauft, das änderte sich in den letzten Jahren. In den nördlichen Kommunalgebieten wurden interessante Entwicklungen zur Kommerzialisierung von Mahango in Angriff genommen, und es wurden Produkte entwickelt, die in lokalen Geschäften und Supermärkten verkauft werden und über die traditionellen Wege hinausgehen. Diese reichen von Instant-Mahango-Brei über Mahango-Mehl bis hin zu Keksen dieser uralten Getreidesorte.

Mahango, oder Omahangu auf Oshiwambo, ist ein Grundnahrungsmittel der nordnamibischen Bevölkerung. (Foto: Mannfred Goldbeck)

 

Herkunft der Perlhirse

Die Perlhirse gehört zur Familie der Gräser (Poaceae) und ist seit Tausenden von Jahren in der Sahelzone in Westafrika beheimatet, wo sie domestiziert wurde. Pflanzen haben hohe Stiele mit langen, klingenartigen Blättern und langen Samenköpfen. Dank seiner tiefen Wurzeln verträgt das Getreide Hitze und geringe Niederschläge und wächst auf weniger fruchtbaren Böden. Mahango-Felder werden traditionell mit Kuhmist und Asche gedüngt. Diese Hirse hat sich in ganz Afrika von West nach Ost und im südlichen Afrika verbreitet. Kürzlich durchgeführte archäo-botanische Forschungen bestätigten insbesondere die Präsenz von Perlhirse im nördlichen Mali zwischen 2500 und 2000 v.Chr. Sie wurde in Indien um etwa 3000 v. Chr. eingeführt und erst viel später in Amerika, Brasilien und sogar Australien.

Die Mahango-Samenköpfe werden im namibischen Winter geerntet und verarbeitet. Foto: Namibia Agronomic Board

 

Weitere interessante Fakten über Perlhirse sind, dass sie glutenfrei, eiweiß- und eisenhaltig ist und mehrere B-Vitamine, Mineralien, insbesondere Mangan und Kalium, enthält. Nach der Ernte stirbt der Rest der Pflanze ab und wird von den Feldern entfernt, um als Tierfutter und Bodendecke verwendet zu werden. Mahango-Pflanzen bilden auch wunderschöne Blumenarrangements.

Tiefere Furchen bringen bessere Erträge

In den sieben nördlichen Regionen, in denen Perlhirse von Dorfbewohnern angebaut wird, hat sich konservierende Landwirtschaft in den letzten Jahren zu einem Schlagwort entwickelt. Dabei wird der Boden gerissen, anstatt ihn mit herkömmlichen Scheibeneggen zu pflügen. Diese Methode wurde unter anderem im benachbarten Sambia erfolgreich angewendet, wo über 80.000 kommunale Bauern in CA (conservation agriculture) ausgebildet wurden.

Mahango-Pflanzen wachsen bis zu 3 m hoch. Foto: Lightbox

 

Die nördlichen zentralen Teile Namibias sind mit weichem, fast weißem Sand bedeckt, darunter befindet sich eine hart verdichtete Bodenschicht von etwa 30 cm, die als „harte Pfanne“ bezeichnet wird. Nach Regenfällen kann das Wasser nicht in den Boden einsinken, Wurzeln von Pflanzen wie Mahango, Sorghum (Zuckerhirse) und Mais können nicht tiefer reichen. Durch die Anwendung der Aufreißmethode wird die harte Pfanne aufgebrochen und tiefere Furchen erzeugt. Samen müssen am Boden der Furchen gepflanzt werden. Bei Regenfällen sammelt sich das Wasser am Boden der Furchen, wodurch sie länger feucht bleiben, und die jungen Pflanzen können bis zu sechs Wochen ohne Regen bleiben. Tiefere Wurzeln können sich bilden. Mehrere Nichtregierungsorganisationen (NGOs) haben CA im Norden Namibias eingeführt, und schließlich hat das Ministerium für Landwirtschaft, eine CA-Politik und Unterstützungsprogramme erstellt.

„Meine Mahango-Ernte hat sich mehr als verdreifacht, nachdem ich zugestimmt hatte, dass der Traktor des Ministeriums mein Feld mit Stangen reißt“, erinnert sich Letta Seblun. „Ich ernte jetzt ungefähr drei Tonnen pro Hektar und verkaufe den Überschuß, um etwas Geld dazuzuverdienen“, sagt sie.

Schutz für heimisches Getreide

Die namibische Regierung erklärte Mahango im Mai 2008 zu einem kontrollierten Getreide. Dies stellt sicher, dass ab dem 1. Juli jedes Jahres keine Genehmigung für den Import und Export von Mahango erteilt wird, bis die gesamte lokal erzeugte Ernte verkauft ist. Dies garantiert einen freien Markt innerhalb der Grenzen Namibias. In dieser Zeit wird Mahango zu einem auf die Produktionskosten bezogenen Grundpreis vermarktet und verkauft. Sobald das gesamte lokal produzierte Mahango verkauft ist, kann aus anderen Ländern importiert werden.

Mahango wird in großen geflochtenen Körben gelagert. Foto: Brigitte Weidlich

 

Von 2010 bis 2013 hat das Landwirtschaftsministerium zusammen mit anderen Interessengruppen den Mahango-Entwicklungsplan umgesetzt, um ein schnelles und effizientes Produktions- und Vermarktungssystem für die Entwicklung der Kulturpflanzen in ländlichen Gebieten zu fördern. Ein nachfolgender 5-jähriger Mahango-Entwicklungsstrategieplan wurde 2018 eingeführt und wird 2022 enden. Sein Hauptziel besteht darin, die Vermarktung der Ernte voranzutreiben und die Mahango-Wertschöpfungs-kette in Namibia zu unterstützen.

Nach Angaben des Namibia Agronomic Board (NAB) werden Produzenten, die Ernte-Überschuss verkaufen wollen, weiter unterstützt. „Die derzeitigen Mahango-Bauern werden ermutigt, ihr Getreide für den kommerziellen Verarbeitungssektor durch Verkauf zur Verfügung zu stellen“, erklärte der Ackerbaurat. Der NAB organisiert auch jährliche Preisverleihungen für die besten Mahango-Produzenten im Norden Namibias. Mahango wird auch angebaut, um Saatgut zu gewinnen, das vor Ort an kommunale Bauern in ländlichen Gebieten verkauft wird.

Getränke, Kekse und Brei

Mahango macht Fortschritte auf dem Weg zur Wertschöpfung. Namib Mills, ein lokale Müllerei, produziert und vertreibt Mahango-Mehl unter seiner Marke „Meme Mahangu – die Stärke Afrikas“. Das Unternehmen betreibt mehrere Mühlen im Land, und in der Mühle in Otavi wird das Mahango-Mehl produziert und verpackt. Ein anderes Mahango-Produkt, oshikundu, auch ontaku genannt, wird ebenfalls unter der Marke Meme Mahangu verkauft – eine vorgefertigte Mischung für ein alkoholfreies Getränk. Natürlich kann durch Milchgärung auch ein alkoholisches Getränk gewonnen werden.

Mahango-Mehl wird seit einigen Jahren kommerziell vermarktet. Foto: Namib Mills

 

Das Landwirtschaftsministerium forderte alle Interessenten auf, mehr Mahangu-Produkte zu entwickeln. Daher stammt die Idee mit den Keksen, aber nach einem guten Start stoppte die Produktion. Im Jahr 2015 belebte Rachel Kalipi die Marke „Mahangu Cookies“. Kalipi stammt aus dem Norden Namibias und ist von Beruf Buchhalterin. Sie liebt traditionelles und hausgemachtes Essen. Sie sah die Möglichkeit, die Perlenhirse-Kekse wieder auf den Markt zu bringen.

Diese Mahango-Kekse werden in Namibia produziert und verkauft. Foto: Rachel Kalipi

 

„Ich habe auch eine kleine Mühle im Norden eingerichtet. Es ist gut, die gesamte Wertschöpfungskette zu kontrollieren“, sagt Kalipi. „Durch die Verarbeitung unseres eigenen Mahango können wir garantieren, dass unser Produkt gleich bleibt. Ich kaufe meinen Mahango von Frauen in den Dörfern und wir verarbeiten das Getreide dann in unserer Mühle“, erklärte Kalipi kürzlich in einem Radiointerview.

All diese Produkte sind nicht nur für Namibier aus dem Norden gedacht, die in anderen Regionen Arbeit gefunden haben und ihr traditionelles Mahangu weit weg von zu Hause nicht missen wollen. Da diese Produkte in lokalen Supermärkten verkauft werden, haben andere Bevölkerungsgruppen und lokale Restaurants Mahango entdeckt und genießen den Nährwert dieses seit tausenden Jahren bekannten Getreides auf moderne Weise.

Brigitte Weidlich