Er ist flink, clever, frech. Ein beherzter kleiner Kerl, der sich dennoch nach Möglichkeit in Sicherheit wiegt. Obwohl er ein Endemit des südlichen Afrikas und unser ständiger Begleiter ist, ob in einer Großstadt oder im abgelegenen Grasland, wird ihm wenig Beachtung geschenkt. Dabei ist der Passer melanurus, auch Kapsperling, oder im Volksmund einfach als „Spatz“ betitelt, entzückend zu beobachten und er hat es sogar zu Ruhm gebracht.
Seine Erfolgsstrategie ist seine Anpassungsfähigkeit. Flexibel ist der bis zu 15 Zentimeter kleine Vogel bei der Wahl des Nistplatzes, doch ein architektonisches Meisterwerk liefert er nicht ab. Beide Elternvögel tragen das Nistmaterial aus Zweigen, Wischmopp-Fusseln und Federn für ihre potentielle Kinderstube heran und kreieren daraus ein wild zusammengestecktes Durcheinander. Das Spatzennest sieht aus „wie bei Hempels unterm Sofa“. Höchstrangig dafür die Geselligkeit und die Liebe für einander. Einerseits gemeinschaftliches „Tschilpen" bei der Futtersuche, andererseits nur Augen für den Auserkorenen. Kapsperlinge sollen monogam sein, Brutpaare bleiben ganzjährig zusammen und haben vermutlich bis zum Tod des Partners eine Paarbeziehung. Und gerade wegen seiner optimistisch-fröhlichen Eigenständigkeit und dem so vertrauten und liebevollen Bemühen um den Partner, hat sich der Mensch den Kosenamen „Spatz“ zu Eigen gemacht. Die vielen Bezeichnungen, Sprichwörter und Redewendungen, in denen das Wort „Spatz“ vorkommt, machten den Kapsperling jedoch nicht berühmt.
Die Geschichte schreibt, dass während des zweiten südafrikanischen Burenkriegs (second Anglo Boer War, 1899-1902) die afrikaansen Frauen, die in den britischen Konzentrationslagern gefangen gehalten wurden, einen Vers aus der Bibel wählten, der ihnen Mut zusprechen sollte. Das drittgrößte, aber wohl auch grausamste Lager soll Bethulie im Oranje Freistaat gewesen sein. Hier wählten die Frauen den Vers aus Matthäus 10, 29-31 aus: „Verkauft man nicht zwei Sperlinge um einige Pfennige? Und doch fällt keiner von ihnen zu Boden ohne euren Vater. Von euch aber sind sogar die Haare des Hauptes alle gezählt. Darum fürchtet euch nicht; ihr seid wertvoller als viele Sperlinge.“
Nach dem Krieg sei von den Überlebenden eine Bittschrift an General Jan Smuts aufgestellt worden. Die tapferen Frauen baten, man möge doch das Emblem eines Sperlings auf der kleinsten Münze verewigen, um Gott zu danken, dass sie den Krieg überlebt haben und um alle Männer und Frauen an ihren wahren Wert vor Gottes Augen zu erinnern. 1923 prägte die South African Reserve Bank zwei Spatzen auf die Kopfseite der ersten Münze der Südafrikanischen Union. Später zierten die Kapsperlinge auch den Halfpenny und zwischen 1961 bis 1964 ebenfalls den halben Cent der Republik Südafrika. Seit 1965 besetzte dieses Vogelpärchen auch den Revers der 1-Cent-Münze, bis sie komplett aus dem Umlauf genommen wurde. Durch einen Bibelspruch erlangte der Kapsperling Ansehen und wurde zum Symbol für Liebe aber auch Vergebung.
Heutzutage gewinnt das Geldstück für Sammler an Wert. Bis zu 2,50 US$ wird inzwischen und je nach Münzzustand und Jahr im Internet geboten. Der Abergläubische trägt ihn als Glückssymbol für Reichtum in seiner Geldbörse getreu dem Motto: Lieber ein Spatz in der Hand, als eine Taube auf dem Dach, denn wer den Cent nicht ehrt, ist des Rands nicht wert.
Kirsten Kraft