Viele einheimische und internationale Reisende in Namibia würden gern weiter nach Norden reisen als bis zum King-Nehale-Tor an der nordöstlichen Ecke des berühmten Etosha-Nationalparks, wagten es bisher jedoch nicht, das Unbekannte so weit abseits der ausgetretenen Pfade zu erobern.
Reiseliteratur über den zentralen Norden Namibias - früher bekannt als "Owambo" - gab es kaum. Nun hat ein neues Buch diese Lücke auf einzigartige Weise geschlossen und bietet umfassende Informationen über die Aawambo, ihre Lebensweise in Bezug auf ihre reiche Kultur und Traditionen, kommunale Landwirtschaft sowie Tipps zu den einzigartigen Sehenswürdigkeiten dieses Gebietes.
„Bewaffnet“ mit diesem neuen Buch Discover the Colourful World of Owambo kann man jetzt zu den faszinierenden Landschaften der Iishanas (Oshanas), Omulunga-Palmen und dem ländlichen Leben in den hohen Norden reisen, wo noch überwiegend traditionelle Pflüge mit Ochsengespannen verwendet werden, parallel zu modernen Traktoren. Nirgendwo sonst in Namibia findet man so viele kreative Namen für Cuca-Läden, auch Shebeens genannt, wie im zentralen Norden, von denen eine Fotosammlung unter anderem in diesem Buch zu finden ist.
Der erfahrene Reisejournalist und Dokumentarfilmer Willie Olivier nutzte seine unzähligen Reisen in die Regionen Oshana, Omusati, Oshikoto und Ohangwena, um einen Reiseführer der anderen Art zu verfassen. Anstelle der üblichen Einführung in Geographie und Geschichte beginnt Olivier mit wichtigen Tipps für Reisende, die eine noch immer tief ländliche und traditionelle Gegend erkunden möchten: wie man einheimische Aawambo angemessen begrüßt; dass man Fotos nicht ohne ihre Zustimmung macht und gegebenenfalls eine Gebühr dafür bezahlt; und noch weitere Hinweise auf die Etikette wie zum Beispiel, dass man kein traditionelles Gehöft betritt, ohne vorher seine Anwesenheit anzukündigen.
Auf einer halben Seite gibt der Autor wertvolle Hinweise für Selbstfahrer über die Straßenverhältnisse und macht darauf aufmerksam, dass Ziegen, Rinder, Esel sowie die vielen Fußgänger Vorfahrt haben. Eine weitere Seite befasst sich mit der medizinischen Versorgung im Bedarfsfall mit Telefonnummern und Standorten von medizinischen Zentren in den größeren Städten wie Ondangwa, Ongwediva, Tsumeb und mit der Frage, wo Lebensmittel und Treibstoff erhältlich sind. An Tankstellen mangelt es nicht.
Die ersten drei der zehn reich bebilderten Kapitel erklären, warum sich dieses riesige flache Land und seine saisonalen Seen (Oshanas/Ishanas) so stark vom Rest Namibias unterscheiden, welche Bäume mit ihren Früchten für die Einheimischen wichtig sind und warum einige Bäume von Müttern an ihre Töchter vererbt werden.
Olivier wechselt in seine Beschreibungen zwischen den Ursprüngen der Aawambo, die vor Jahrhunderten aus Zentralafrika eingewandert sind, und der Art und Weise, wie sie das Land bestellen. Nebenbei liefert Olivier eine Fülle von Informationen.
Viele Fotos begleiten jede Seite und locken den Leser, auf jeder neuen Seite noch mehr zu erfahren. Ausgetrocknete Seen, traditionelle Salzexpeditionen, Initiationsriten, Hochzeiten und die komplexen Anlagen der traditionellen Gehöfte werden ebenso erklärt wie die Herstellung traditioneller Getränke. Dazwischen beschreibt der Autor die verschiedenen Königreiche und Häuptlinge der Aawambo, was eine ebenso faszinierende Lektüre darstellt.
Kapitel Drei befasst sich mit Händlern und Jägern in der Vorkolonialzeit sowie mit der Rolle, die Missionare spielten und die bis heute unauslöschliche Spuren hinterlassen haben.
Die jüngste Vergangenheit, wie der Befreiungskampf und seine Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung bis kurz vor der Unabhängigkeit am 21. März 1990, ist ebenfalls in dem Buch enthalten.
Die Aawambo sind – wie der Leser entdecken wird - ausgezeichnete Töpfer und Korbflechter, ihr Kunsthandwerk können Reisende entlang der Straßen kaufen. Ihre tiefe Affinität zu den traditionellen und nahrhaften Nahrungsmitteln „Mahango“ (Perlhirse) und Sorghum, die sie noch heute anbauen, wird mit gutem Verständnis erklärt. Und wenn Sie sich auf der Reise fragen, warum riesige Körbe aus dunkler Holzrinde auf Stangen ruhen, die traditionell von Männern hergestellt werden, kann man bei Olivier nachlesen, dass dort Mahango und anderes Getreide gelagert wird.
Ab dem vierten Kapitel werden sechs verschiedene Reiserouten durch ‚Owambo‘ detailliert beschrieben, wobei viele Sehenswürdigkeiten erwähnt werden und wie man dorthin gelangt, auch mit GPS-Koordinaten, Kilometerentfernungen und Straßennamen. Es gibt viele historische Orte und Denkmäler in Owambo und sogar Museen, darunter Namibias einziges medizinisches Museum in Olukonda!
Jedes Kapitel hat am Ende eine Bibliographie, die zum weiteren Lesen anregt. Die meisten Seiten enthalten kleine zusätzliche Tipps und Hinweise, die als bunte Texte in Boxen erkennbar sind.
Dieser erste umfassende Reiseführer über den zentralen Norden ist das Ergebnis einer erfolgreichen Teamarbeit des Autors und der Mitarbeiter des lokalen Tourismusunternehmens Gondwana Collection Namibia, das auch Herausgeber dieses Buches ist.
Falls zu irgendeinem Zeitpunkt eine Folgeausgabe geplant ist, könnte möglicherweise eine Karte hinzugefügt werden, um einen Überblick über die vier Regionen in Namibias zentralen Norden zu geben.
Das Buch Discover the Colourful World of Owambo von Willie Olivier ist eine gelungene, unkonventionelle Mischung aus Reiseinformationen, historischen Infos und zeitgenössischen Themen über Nord-Zentral-Namibia, den am dichtesten besiedelten Teil des Landes. Die 360 Seiten sind eine wunderbare Lektüre - ergänzt durch über 450 Fotos - und bringen den Leser näher an die reiche Kultur und die Traditionen der Aawambo. Es wurde von Namibias Tourismusunternehmen Gondwana Collection Namibia veröffentlicht und ist bei der Namibia2Go-Autovermietung des Unternehmens in Windhoek, im Online-Shop The Narrative, in ausgewählten Souvenirläden der Gondwana-Lodges und in führenden Buchhandlungen erhältlich.
Brigitte Weidlich