Die Vogelgrippe H5N8, die seit Anfang des Jahres zahlreiche Opfer unter den Afrikanischen Pinguinen auf der Halifax-Insel bei Lüderitzbucht gefordert hat, scheint unter Kontrolle zu sein. Laut der Pinguin-Expertin Dr. Jessica Kemper wurden seit Anfang Mai keine verendeten Pinguine mehr auf Halifax und den anderen Inseln vor Namibias Küste gefunden. Allein auf der 10 Hektar großen Halifax-Insel wurden zu Beginn des Jahres 397 Kadaver entdeckt und verbrannt, weitere 45 auf der 6 ha großen Ichaboe-Insel und 19 auf der 3 ha großen Mercury-Insel. Zudem wurden zahlreiche Kadaver im Atlantischen Ozean gesichtet. Es wird vermutet, dass mindestens 600 der vom Aussterben bedrohten flugunfähigen Vögel an der gefürchteten Krankheit gestorben sind.
Doch das sei nicht der einzige Verlust, so die Forscherin. Fast alle Pinguine waren erwachsene Vögel mit einem festen Partner. Falls sie zum Zeitpunkt ihres Todes ein Gelege oder Küken hatten, werden die Jungen nicht überlebt haben, weil ein einzelner Pinguin nicht in der Lage ist, das Brutgeschäft zu vollbringen und/oder ein Küken allein aufzuziehen. Bei vielen überlebenden Pinguinen, die noch nicht mit dem Brutgeschäft begonnen hatten, fällt die Aufzucht in diesem Jahr ganz aus, wenn der Partner von der Vogelgrippe dahingerafft wurde. Für Namibias Pinguinbestand ist es ein schwerer Rückschlag.
Laut Dr. Kemper gibt es weltweit nur noch 22000 Brutpaare des Afrikanischen Pinguins, auch Brillenpinguin genannt, davon etwa 5800 im Namibia. Der Bestand geht seit Jahren zurück, da es wegen Überfischen an Anchovis und Sardinen fehlt und die Pinguine weniger nahrhafte Fische fressen müssen. Zudem fehlt es an Nistplätzen, seit in vorigen Jahrhunderten der meterhohe Guano auf den Inseln abgebaut wurde, in dem die Pinguine ihre Nesthöhlen anlegten. Störungen und Ölverschmutzung hatten ebenfalls negative Auswirkungen auf die Brillenpinguine.
Experten sind froh, dass die gefürchtete tödliche Krankheit nicht auf weitere stark gefährdete und vom Aussterben bedrohte Arten übergegriffen hat. Die in Namibia als vom Aussterben bedroht eingestuften Kaptölpel, von denen es vor der Küste Namibias nur noch 13000 Paare gibt, brüten nur noch auf sechs Inseln: drei in Namibia und drei in Südafrika. Weltweit gibt es nur noch 2500 Paare der Küstenscharben, von denen 2000 Paare auf der Mercury-Insel brüten.
In Zukunft müssen die namibischen Regierungsbehörden bei den ersten Anzeichen der Krankheit schneller reagieren und eingreifen. Dank des Einsatzes von hauptsächlich Privatpersonen konnte diesmal eine Katastrophe verhindert werden. Ohne Kontrolle sind nicht nur bedrohte Seevogelarten in Gefahr, sondern auch Hühnerfarmen und anderes Federvieh. Die Krankheit kann durch die verschiedensten Vogelarten – wie Möwen, Tauben, Enten und Raben – übertragen werden. Wissenschaftlern zufolge sind vor allem Wasservögel für die Verbreitung des Virus verantwortlich.
Dirk Heinrich