Das Canyon Roadhouse erinnert mich immer daran, wie wichtig Humor und Unbeschwertheit sind. Wie oft verlieren wir uns in alltäglichen Dingen und vergessen völlig, dem Leben eine heitere Seite abzugewinnen und es einfach zu genießen. Das Canyon Roadhouse steht für mich wie keine andere Lodge in Namibia für die Leichtigkeit des Seins.
Die im Roadhouse-Stil gehaltene Lodge liegt 27 km vom Hauptaussichtspunkt am Fischfluss Canyon entfernt und ist ein Muss für Namibia- und Autoliebhaber. Die Roadhouse-Burger und der Amarula-Käsekuchen sind landesweit bekannt, aber noch überzeugender als das Essen ist die einzigartige Ausstattung der Lodge. So mancher Reisende hat schon an der gemütlichen Bar - oder 'Pompstasie' (Tankstelle) - gesessen, die mit bunten Aufklebern und Nummernschildern aus aller Welt dekoriert ist, und hat die Autos aus vergangenen Zeiten bestaunt, die Teil der Restaurantdekoration sind oder zu innovativen Feuerstellen umfunktioniert wurden.
Draußen wachsen Köcherbäume aus rostigen Motorhauben, ein Windmotor steht malerisch neben einem kleinen Teich. Ein alter Dodge-Bakkie ist schräg geparkt und träumt von früheren Tagen.
Das Canyon Roadhouse hat das gewisse Etwas, das den Gast humorvoll zum Schmunzeln oder Lachen bringt. Es findet sich an vielen Stellen, wie z. B. auf einem Schild mit der Aufschrift "Gefahr: schlechte Straße. Sicherheitsgurte anlegen, Zahnprothesen und Hörgeräte entfernen" oder bei der "Büchse der Pandora", die strategisch günstig auf dem Bild einer kurvenreichen Frau in der Herrentoilette platziert ist. Wenn ein neugieriger Herr den Deckel der Büchse anhebt, um einen Blick auf den Inhalt zu werfen, klingelt eine Glocke an der Bar. Ein Zettel in der Büchse der Pandora informiert den neugierigen Herrn, dass er seinen Freunden an der Bar eine Runde Drinks schuldet.
Wo auch immer, die gesamte Lodge - die schönen Zimmer eingeschlossen - zeigt Charakter, ohne auf Qualität zu verzichten, und feiert fröhlich all die guten Dinge im Leben.
Der nahegelegene Fischfluss Canyon ist ein Millionen Jahre altes Meisterwerk der Natur, das von Wasser, Wind und Erdbewegungen über Jahrtausende hinweg geformt wurde. Er zieht uns in den Bann der Ewigkeit, die in unserem relativ kurzen menschlichen Leben nur schwer zu begreifen ist. Ich denke an ein Lied aus den 60er Jahren, das einen kleinen Vogel besingt, der alle tausend Jahre einmal vorbeikommt, um seinen Schnabel an einem Berg zu schärfen. Wenn er den Berg durch das Schärfen seines Schnabels endlich abgetragen ist, soll ein Tag der Ewigkeit vergangen sein. Am Rande des Canyons zu stehen ist ein derartiges, geradezu umwerfendes Erlebnis. Die Ungeheuerlichkeit der Szenerie raubt einem den Atem.
Ich trotze der Mittagshitze von 40 Grad Celsius und fahre vom Roadhouse durch den Gondwana Canyon Park. Ein Gemsbock läuft über die Straße, vier Giraffen beäugen mich misstrauisch. Die Straßenränder sind vom jüngsten Regen mit gelben Dubbeltjie-Blumen geschmückt, grüne Grasköpfe wippen und leuchten wie zur Begrüßung. Ich bezahle meinen Eintritt in Hobas und gehe weiter zum Hauptaussichtspunkt, wo ich den Blick auf den zweitgrößten Canyon der Welt ganz für mich allein habe. In der Stille höre ich den Fluss in der Tiefe des Canyons, ein glitzerndes Lebensband, und ab und zu das Geräusch von Flügeln, wenn eine Schwalbe in einem fantastischen Kunstflug dicht an mir vorbeifliegt. Flügel, Wasser, Licht und exquisite Schönheit. Eine sanfte Brise weht. Es ist ein erhabener Moment.
Schließlich gehe ich zurück zu meinem Fahrzeug, um die anderen Aussichtspunkte zu erkunden und neue Perspektiven auf das Leben - und die beeindruckende Landschaft - zu gewinnen. Als die Sonne am Himmel versinkt und dieses Meisterwerk der Natur in Gold färbt, setze mich an den Rand des Canyons, öffne ein Bier und trinke auf die schönen Seiten des Lebens.
Ron Swilling