Namibia Focus

Die erste afrikaanse Schule des Landes war in Kub

Geschrieben von Namibia Focus | Oct 26, 2018 5:00:39 AM

Zur Zeit der vorigen Jahrhundertwende lebten in und um Kub im damaligen Deutsch-Südwestafrika einige afrikaanssprachige Familien. Kub liegt am Fischfluss, 25 Kilometer westlich von Kalkrand. Das umliegende Farmland war von deutsch- und afrikaanssprachigen Siedlern von Namahäupling Hendrik Witbooi entweder gepachtet oder gekauft worden. Die Vorfahren von Jan Jurgens, dem ehemaligen Staatssekretär des Fischereiministeriums, waren die erste afrikaanse Familie, die sich aus Südafrika kommend im Süden des Landes niedergelassen hatte. Aus seinen Unterlagen geht hervor, dass sich zwischen dem 24. Juni 1899 und dem 16. Februar 1900 etliche Afrikaaner in der Umgebung von Kub ansiedelten. Die Farm Voigtskub gehörte dem Unternehmen Wecke & Voigts, das sie an Jan, Jacobus und Stoffel Coetzee sowie Piet Brand verpachtete.

Da die afrikaansen Familien ihre Kinder nicht auf die deutsche Schule in Gibeon schicken wollten, traten Frans de Villiers Smeer aus Mariental und Hendrik Smit von Swartmodder mit der Nederlandsch-Zuid-Afrikaansche-Vereniging in Verbindung, die ihnen den 30-jährigen Niederländer Albertus Kooij vermittelte. Seine Vergütung auf Swartmodder bestand aus Kost und Logis sowie 15 Pfund im Monat. Kooij und seine damals 28-jährige Ehefrau Sijke Adriana, geb. Vissers, kamen 1902 in Swakopmund an und begannen kurz darauf mit dem Unterricht in Swartmodder. Da es sich um eine Privatschule handelte, bestimmte Hendrik Smit über die Aufnahme anderer Kinder. Schnell wurde die Schule zu klein und die Eltern wollten lieber andere Räumlichkeiten in Kub, da die Siedlung zentraler gelegen war. Das Ehepaar Kooij wurde nach Kub gelockt und begann dort eine Schule im Hause von Stoffel Coetzee.

Es gab in dem Haus drei Zimmer: eines bezogen Albertus und Sijke Kooij, eines war das Schlafzimmer für Mädchen und das dritte diente als Ess- und Klassenzimmer sowie als Schlafzimmer der Jungen. Das Essen wurde im Freien zubereitet. Der Unterricht fand auf Holländisch statt, Deutsch wurde als zweite Sprache gelehrt. Das jährliche Schulgeld betrug anscheinend £8 pro Kind. Da viele Eltern nicht in bar zahlen konnten, erhielt Lehrer Kooij sein Gehalt oft in Form von Vieh. Seine Frau war die Heimmutter der 15 Heimkinder und brachte den Mädchen das Nähen bei. Insgesamt besuchten 25 Kinder die afrikaanse Schule in Kub. Sijke Kooij erlag am 9. Mai 1904 einer Lungenentzündung und wurde in Kub beerdigt. Ihr Grab befindet sich auf dem kleinen afrikaansen Friedhof, der nur knapp hundert Meter vom deutschen Friedhof entfernt ist.

In der Schulküche in Kub wurde das Essen für die Heimkinder zubereitet. Der eiserne Herd stammte aus Durban in Südafrika.

 

Am 22. November 1904 wurde Kub von Nama-Kriegern angegriffen. Deutsche und Afrikaaner verteidigten die Siedlung. Auch Lehrer Kooij war an der Schlacht um Kub beteiligt. Anschließend wurde der Unterricht an der kleinen Schule fortgesetzt, doch im Jahr darauf kehrte Kooij in die Niederlande zurück. Sein Nachfolger wurde Wilhelm Vogelbruck, ein Deutscher, der an der Universität Leiden in den Niederlanden ein vierjähriges Studium absolviert hatte und auf der Farm Narib von Frans van Sittert dessen Kinder unterrichtete. Vogelbruck verhandelte mit der deutschen Kolonialverwaltung über den Bau einer Schule in Kub. Damit begann 1907 ein Händler namens Weilbächer. Am 22. März 1910 waren die Bauarbeiten beendet. Die Kosten beliefen sich auf 8900 Mark. Die offizielle Einweihung der neuen Schule fand am 1. August 1910 statt. Im Jahr 1911 hatte sie 21 Schüler und Schülerinnen, und Vogelbruck war seit 1909 der erste von der Regierung angestellte Lehrer in Kub. Seine Frau war die Heimleiterin. 1912 übernahm Paul Hermann den Posten von Vogelbruck.

Während des Ersten Weltkriegs war die Schule größtenteils geschlossen. Im Oktober 1917 wurde sie wiedereröffnet, nun unter südafrikanischer Verwaltung, und Schulleiter wurde C.J. Strydom aus Calitzdorp in der Kapprovinz. Bereits 1928 war die Schule derart baufällig geworden, dass die Administration von Südwestafrika £1700 für eine neue Schule mit Heim bereitstellte – unter der Bedingung, dass die Gemeinschaft von Kub die Verantwortung für den Bau zu tragen hatte.

Bis in die 50er Jahre wurde an der Schule in Kub unterrichtet. Als die Fernstraße B1 und die Eisenbahnlinie durch Kalkrand gebaut wurden, erhielt der 25 km entfernte Ort auch eine größere Schule. Die afrikaanse Schule in Kub wurde am 12. Dezember offiziell 1958 geschlossen.

Als die erste afrikaanse Schule des Landes 1953 in Kub ihr 50-jähriges Bestehen feierte, wurde in der Nähe der Stelle, wo einst die erste kleine Schule stand, ein Gedenkstein errichtet.

 

Allgemein wird die Schule in Kub als die erste afrikaanse Schule hierzulande bezeichnet, aber es soll 1893 bereits eine afrikaanse Schule auf Gannapan in der Nähe von Karasburg gegeben haben. Auf Swartmodder wurde vor Gründung der Schule in Kub ebenfalls auf Afrikaans/Niederländisch unterrichtet.

Dirk Heinrich