Mir Zeit zu nehmen auf einer Fahrt durchs Land, Leute zu treffen und ihre Geschichten anzuhören, alte Ruinen zu entdecken und Namibias reichhaltige Geschichte zu enthüllen, das war schon immer ein beliebter Zeitvertreib für mich und lieferte Stoff für zahlreiche Geschichten.
So kam es, dass ich auf dem Weg zu einer meiner Lieblingslodges – Etosha Safari Camp mit seiner entspannten Atmosphäre und der Oshebeena Bar – das Städtchen Outjo erkundete und einen unauffälligen Turm aus Stein im fahlen Gras erblickte. Meine Neugier war geweckt und ich fand heraus, dass es die Reste eines alten Windrads sind, errichtet um die letzte Jahrhundertwende.
Outjo, heute das Tor zum Etosha Nationalpark, galt einst als Pforte in den Norden und zum Kaokoland. Um wahllosem Jagen und Munitionsschmuggel Einhalt zu gebieten, und die Rinderpest, die in den Jahren um 1897 wütete, unter Kontrolle zu bekommen, erklärte der deutsche Gouverneur von Lindequist den kleinen Ort zum zentralen Stützpunkt des weitläufigen Gebiets, das sich vom Ugab bis zum Kunenefluss im hohen Norden erstreckt.
Zu dieser Zeit war Outjo ein Dorf mit größtenteils Hererosprachigen Bewohnern und wenigen Swartbooi, Topnaar, Damara und sogar einigen Aawambo, die in der Umgebung lebten. Der Name „Outjo“ leitet sich aus einem Hererowort ab, dass soviel wie kleine Felsformation oder Kuppe bedeutet. Der einzige Einwohner europäischen Ursprungs war ein abenteuerlustiger Händler, Tom Lambert, der 1880 angereist war, ein Stück Land von einem Herero-Häuptling erwarb, einen Gemüsegarten anlegte und sich in seinem „Hartbeeshuisie“, einer traditionell gebauten Hütte, niederließ. Die einzigen europäischen Zeitgenossen waren der ein oder andere Jäger oder Missionare, die einmal im Jahr vorbeikamen. Erst nach den beiden Weltkriegen wuchs Outjo zu dem Städtchen heran, das es heute ist.
Als in den späten 1890er Jahren eine Militärbasis in Outjo entstand, entschloss man sich, in der Nähe des Flussbetts ein Windrad zur Wasserversorgung des Forts aufzubauen. Bis Eindringerbusch den Grundwasserspiegel sinken ließ, waren in dem Gebiet starke Quellen zu finden. Dicht mit Ried bewachsenes Flussufer bot den Löwen ein gutes Versteck und in den schlammigen Untiefen brüteten Moskitos.
1900 wurde ein 9,4 m hohes Steinfundament für das Windrad angelegt. Es pumpte Wasser aus einer unterirdischen Wasserschicht in einen kleinen zementierten Staudamm, von wo aus es über eine Wasserleitung zum Fort geleitet wurde.
Outjos Windrad war eines der ersten im Land. Das bekannteste befindet sich in Otjimbingwe, eine Art Windmühle, die nicht nur Wasser pumpte, sondern auch Getreide mahlte und Maschinen antrieb. Bald waren die symbolhaften Windräder in den ländlichen Gebieten weit verbreitet. Sie spielen in semi-aridem Gebieten, die von Grundwasser abhängig sind, eine wichtige Rolle. In den letzten Jahren wurden die alten Windräder und -motoren zunehmend durch Solarpumpen ersetzt.
Heute, mehr als ein Jahrhundert später, hat Namibia auf dem Weg in die Unabhängigkeit Geschichte geschrieben. Outjo ist eine befahrene Durchgangsroute auf dem Weg in den Etosha-Nationalpark, nichts erinnert mehr an das alte deutsche Fort. Biegt man jedoch von Süden kommend in der Stadt rechts ab, steht der alte Turm unerschütterlich, sich an vergangene Zeiten erinnernd. Die hölzerne Windmühle ist längst dem Spiel der Elemente und der Zeit zum Opfer gefallen.
Padlangs: Manni Goldbeck