Namibia Focus

Der Affenbrotbaum von Katima Mulilo

Geschrieben von Namibia Focus | Sep 14, 2020 10:40:24 PM

Bei dem Anblick des mächtigen Affenbrotbaums lässt es sich nicht vermeiden, in Ehrfurcht zu erstarren. Das hohle Innere einiger dieser majestätischen Bäume wurde in der Vergangenheit für verschiedenste Zwecke genutzt. Es diente als Versteck, Postamt, Gefängnis, Kapelle, Lagerraum, als Bushaltestelle, Bar und im äußersten Nordosten Namibias, in Katima Mulilo, sogar als WC.

Nachdem ich auf dem Weg zur Gondwana Zambezi Mubala Lodge Vorräte eingekauft und getankt hatte, fiel mir das Schild zum Affenbrotbaum auf. Ich folgte der Straße zum Grab des Mannes, der die Toilette im Baobab bauen ließ, ein Major Lisle French Watts Trollope. Das brachte mich zu der Frage: Wer war Major LFW Trollope und warum wurde er am Rande von Katima Mulilo begraben?

Seine Geschichte ist interessant, ebenso wie die des Affenbrotbaums, der in internationalen Reiseführern erwähnt wird. Er ist vielen Reisenden und Soldaten bekannt, die in den 70er und 80er Jahren in der Region gelebt haben. Die Geschichte von Major Trollope hat der bekannte südafrikanische Autor Lawrence Green* zu einer farbenfrohen Erzählung verwoben. Der östliche Caprivi, wie er damals genannt wurde, befindet sich „jenseits der letzten Grenze“, wie Green in seinem Buch „The Lord of the Last Frontiers” schrieb. Bevor Major Trollope 1939 zum Magistrat und einheimischen Kommissar für das Gebiet ernannt wurde, war dieser Landstrich für alle frei zugänglich; ein Knotenpunkt für Wilderer, Jäger und Elfenbeinhändler. Eine der Aufgaben, die dem Major in seiner neuen Position als Verwalter des Gebietes übertragen wurde, war es, gegen Hexerei vorzugehen. Doch Trollope verfolgte zu Beginn seiner Verwaltung nur einen einzigen Fall. Danach war es ihm wichtiger, Soldaten, die im Dienst schliefen, unerlaubt abwesend oder betrunken waren oder ihre Armeeausrüstung verloren hatten, zu disziplinieren. Dabei erkundete er die Region, die in seinem Herzen einen festen Platz fand.

Major LFW Trollope verwaltete in Südwestafrika mehr als 10 Jahre lang den Ost-Caprivi. Foto: Captain C.E. Kruger, Collection Dr. Maria Fisch

 

Damals arbeitete er im abgelegenen Ost-Caprivi enger mit Offizieren in Kasane, Maun (im heutigen Botswana) und Sesheke in Nordrhodesien (Sambia) zusammen (wo ihm seine Post zugestellt wurde), als mit Offizieren in Südafrika und im Mandatsgebiet Südwestafrika. Da er weit von den Verwaltungszentren der südafrikanischen Regierung entfernt war, leitete er die Verwaltung des östlichen Caprivi, wie er es für richtig hielt. Dazu gehörte auch, dass er ein Team der Abteilung für öffentliche Arbeiten in Nordrhodesien beauftragte, eine Spültoilette in dem hohlen Affenbrotbaum neben seinem Haus zu installieren.

Es wird beschrieben, dass Trollope ständig mit Naturkundemuseen, Anthropologen und wissenschaftlichen Gesellschaften auf der ganzen Welt korrespondierte und dass sein Interesse der Flora und Fauna bis hin zu den Menschen aus der mythischen „verlorenen Stadt der Kalahari" galt. Er war Junggeselle, der gelegentlich ein Haus mit seiner Schwester Alice teilte, die ihm bei der Bewirtung von Gästen half.

Im Laufe der Jahre distanzierte sich Magistrat Trollope allmählich von der Südafrikanischen Union und vernachlässigte einige seiner offiziellen Pflichten, wie die formelle Verwaltung der Steuern und die Beschäftigungsstatistik der Bevölkerung. Deshalb überrascht es kaum, dass er in den Augen der Nationalen Partei, die 1948 an die Macht kam, wenig Gunst fand. Seine vierzehnjährige Amtszeit endete nach einem Gerichtsverfahren. Grund dafür war ein Zwischenfall mit einem Anderson Luendo, den Trollope zuvor mit Kleidung und Mitteln für Schulgebühren versorgt hatte. Wie die Geschichte erzählt wird, war Luendo verhaftet und wegen eines Einbruchs in Sesheke verurteilt worden. Im Jahr 1952, als Luendo 19 Jahre alt war, hielt Trollope ihn für drei Monate im Gefängnis in Katima Mulilo fest. Die Gründe für seine Verhaftung waren unersichtlich, und er wurde nie offiziell angeklagt. Während dieser Zeit wurde Luendo von einem Polizisten bewacht und musste sich um das Vieh von Trollope kümmern. Als der wütende junge Mann die Chance zur Flucht hatte, griff er Trollope mit einer Axt an, während dieser auf der Veranda seines Hauses saß. Luendo wurde für schuldig befunden und zu neun Monaten Haft verurteilt. Trollope wurde angewiesen, nach Pretoria zurückzukehren, ein Befehl, den er jedoch ignorierte. Als seine Ablösung im Ost-Caprivi eintraf, forderte er seinen angeblichen Nachfolger auf, sich auszuweisen. Als dieser ihm nichts vorweisen konnte, ignorierte er die Anordnung zur Rückkehr nach Pretoria.

Foto: Sammlung Mannfred Goldbeck

 

Der neue Richter trat schließlich, mit den richtigen Papieren, die Nachfolge Trollopes an. Er übernahm eine konservativere Rolle und zeigte ein größeres Interesse an seinen Amtspflichten, einschließlich Hexenprozesse. Die Grenzen des Caprivi zu den Nachbarländern wurden festgelegt und Post- und Verwaltungsangelegenheiten wurden nach Windhoek bzw. Pretoria verlagert. Das Gebiet jenseits der letzten Grenze wurde stark eingeengt. Trollope soll eine Arbeit in Botswana aufgenommen haben. Er erholte sich nie vollkommen von dem Axtangriff und starb einige Jahre später in Bulawayo, wo er sich für medizinische Untersuchungen aufhielt. Der Caprivi wurde in den Jahren vor der Unabhängigkeit Namibias zum Kriegsgebiet, wobei Katima als Stützpunkt für die südafrikanische Armee diente. Nach der Unabhängigkeit Namibias im Jahr 1990 wurde sein Potenzial als touristisches Reiseziel erkannt. Die Sambesi-Region, wie sie heute genannt wird, zieht Reisende durch grüne Flusslandschaften, Kultur und eine reiche Tierwelt an.

Trollope selbst ist weitgehend in Vergessenheit geraten, mit Ausnahme des Grabes und der Toilette im Affenbrotbaum, der heute von einem Stacheldrahtzaun umgeben ist. Nebenan befindet sich das SWAPO-Büro, die Trollope-Straße wurde umbenannt in Doreen-Sioka-Straße.

Fotos: Sammlung Mannfred Goldbeck

 

Der Katima-Baobab steht jedoch immer noch, stärker und größer als zuvor, an seiner Seite ein etwas kleinerer Affenbrotbaum. Ein Zeuge des Zeitenwandels, der Kriege und der Unabhängigkeit, aber auch der Launen manch eines Mannes. Ein Affenbrotbaum wird bis zu 2000 Jahre alt, und erlebt somit unzählige Geschichten mit, eine Toilette in einem hohlen Baum ist nur eine davon.

* The Lord of the Last Frontiers: Major Trollope und der östliche Caprivi Zipfel“ von Jan-Bart Gewald; The Social Life of Connectivity in Africa

Padlangs - Manni Goldbeck, Christiaan Jacobie