In der Nähe des Chobe River Camps fehlen die mit hohem Ried und Papyrus bewachsenen Ufer und die hohen Bäume, die an den anderen Grenzflüssen im Nordosten des Landes zu finden sind. Am südlichen Ufer, in Botswana, zieht sich eine Hügelkette mit zahlreichen großen Bäumen und sehr vielen Wildtieren entlang.
Unser Guide Nelson Sabata hat nicht nur ein Auge für die Antilopen und Krokodile, sondern auch für die unzähligen Vogelarten, die sich gut getarnt und teilweise reglos auf den grasbewachsenen offenen Flächen aufhalten. Brachschwalben sind auf dem dunklen Boden schnell entdeckt. Diese interafrikanischen Zugvögel sind nicht immer ganzjährig im namibischen Nordosten anzutreffen. Es kommt anscheinend darauf an, wie viel Wasser und Nahrung in den Flutflächen vorhanden ist. In diesem Jahr drückten die Wassermassen des Sambesi in den Chobe, so dass der Fluss rückwärts floss und die Flutflächen kilometerweit flussaufwärts überschwemmt wurden. Dadurch wurde der Lebensraum der Wasservögel erheblich erweitert. Bei unserer Bootsfahrt im Juli, mitten im Winter, floss der Chobe wieder in seine gewohnte östliche Richtung.
Am Ufer suchen Jacanas, auch Blaustirn-Blatthühnchen genannt, nach Nahrung. Mit ihren sehr langen Zehen balancieren sie auf der Vegetation im Wasser. Einige Männchen haben noch fast flügge Küken bei sich. Bei den Jacanas kümmert sich ausschließlich das Männchen um das Brutgeschäft und die Aufzucht der Jungen.
Verschiedene Störche, wie der Nimmersatt und der Sattelstorch, ruhen sich am Ufer aus. Ein Seidenreiher verschlingt einen recht großen Fisch, derweil ein Graureiher nur wenige Meter von einem Krokodil entfernt regungslos im Wasser steht und auf Beute lauert. Mit seinen langen roten Beinen kann ein Stelzenläufer in weit tieferem Wasser auf Nahrungssuche gehen als ein Wasserkiebitz.
Eine Weile schon beobachten Witwenenten das sich nähernde Boot und fliegen schließlich auf, um sich in einiger Entfernung wieder niederzulassen. Nilgänse hingegen tun ihren Unmut über das Boot lauthals kund und spazieren vom Ufer davon.
Auf einem alten trockenen Baum sitzt ein Schreiseeadler und genießt sein Frühstück. Ihn und die Antilopen am Ufer stört das Boot überhaupt nicht. Schlangenhalsvögel, Riedscharben und Weißbrustkormorane jedoch lassen Menschen nicht sehr nah an sich herankommen und fliegen auf, sobald ein gewisser Abstand überschritten wird.
Ende Juli, während einer Bootsfahrt am Vormittag, wurden am Chobe 31 Wasser- und Sumpfvögel gezählt und innerhalb von zwei Tagen insgesamt 97 Vogelarten in und um das Chobe River Camp. Auch hier waren nur wenige Zugvögel zu sehen, da sich zu dieser Jahreszeit die meisten noch auf der nördlichen Halbkugel aufhalten.
Dirk Heinrich